Dich kenne ich doch?
06.10.2023, 08:58 Uhr
Test: Apple Watch Series 9
Die Series 9 sieht dem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich. Im Mittelpunkt des Interesses steht deshalb eine neue Geste.
(Quelle: Apple Inc.)
Etwas ist doch immer, im positiven Sinn. Frische Farben, ein verbessertes Glas, neue Materialien: Man muss die Kunden bei Laune halten. Doch die Apple Watch der Series 9 wird mit Äusserlichkeiten kaum bei den Series-8-Besitzern punkten, denn die Unterschiede sind von blossem Auge nicht auszumachen.
Die wichtigsten Neuerungen
Dennoch schreitet die Technik weiter voran. Zu den wichtigsten Verbesserungen gehören:
2000 Nits. Das neue Always-on-Display strahlt mit hellen 2000 Nits und zeigt deshalb auch in der Sonne noch kräftige Farben, während sich die Series 8 mit 1000 Nits begnügen musste. Umgekehrt wird das Display auf 1 Nit abgedunkelt, wenn die Apple Watch auch beim Schlafen getragen wird.
S9-SoC. Der neue S9-Chip bietet (natürlich) mehr Leistung, aber wie die genutzt wird, muss die Zukunft zeigen. Die Apple Watch zeigt sich seit Jahren so reaktionsfreudig, wie es nur möglich ist. Um noch schneller zu reagieren, müsste sie die Wünsche des Trägers im Voraus erkennen. Und so ist dieses Plus an Geschwindigkeit vor allem eine willkommene Reserve, damit auch künftige watchOS-Versionen geschmeidig ihren Dienst verrichten.
Lokale Siri. Mit der neuen Neural Engine werden Siri-Anfragen direkt auf der Apple Watch verarbeitet, wenn für die Informationen keine Internetverbindung notwendig ist. Tatsächlich funktioniert etwa das Stellen eines Timers jetzt rasend schnell und erfreulich präzise. Das ändert jedoch nichts daran, dass Siri einfach Siri bleibt, sobald eine Anfrage die Komplexität eines Tennisballs übersteigt.
Wo ist mein iPhone? Neu funktioniert die Ortung des verlegten iPhones genauso einfach, wie auf dem Mac mit den AirTags. Dazu wird die Suchfunktion wie bis anhin im Kontrollzentrum angetippt. Mit dem Start der Ortung wird die Apple Watch zu einer Hightech-Wünschelrute, die genau zeigt, in welcher Sofaritze sich das iPhone versteckt. Die Ortung beginnt grob und wird bereits nach Sekunden verfeinert, während das iPhone auf Wunsch bimmelt:
Des Weiteren hebt Apple auch Verbesserungen hervor, auf deren Überprüfung ich gerne verzichtet habe: Dazu gehören unter anderem eine verbesserte Sturzerkennung oder das Absetzen von internationalen Notrufen.
Doppeltippen
Mit der Einkaufstasche in der Hand, unter dem Regenschirm, beim Stillen, beim Autofahren und bei vielen anderen Gelegenheiten ist nur eine Hand frei – und die reicht jetzt, um eine Aktion auszuführen: Das «Doppeltippen» markiert wohl die wichtigste Neuerung der Series 9. Dabei werden Daumen und Zeigefinger zweimal «zusammengetippt», damit die Geste ausgelöst wird. Diese Funktion kommt zwar erst mit watchOS 10.1, ist jedoch in der Public Beta 2 bereits enthalten.
Wenn die Geste direkt vom Zifferblatt aus verwendet wird, öffnet sich der Smart-Stapel mit den wichtigsten Widgets. Diese neue Funktion zeigt aufgrund von Machine Learning jene Widgets, die vermutlich aufgrund der Tageszeit oder des Standorts besonders interessant sind. Ansonsten ändert sich die Funktion, je nachdem, welche App gerade aktiv ist. Dazu gehören:
• Anrufe annehmen und beenden
• Nachrichten: Antworten durch Diktieren
• Timer: Pausieren / wiederaufnehmen / beenden
• Stoppuhr: Stoppen, wiederaufnehmen
• Alarm: Schlummern
• Musik: Abspielen / Pause
• Podcasts/Audiobücher: Abspielen / Pause
• Kompass: Umschalten auf Elevationsskala
• Taschenlampe: Zwischen den drei Modi wechseln
• Erinnerungen: Ausführen der Standard-Aktion
• Kamera: Auslösen, wenn die iPhone-Kamera über die Apple Watch gesteuert wird (meine Lieblingsfunktion)
In diesem Beispiel wird der Smart-Stapel vom Zifferblatt aus aufgerufen und dann durchgeblättert:
Das Doppeltippen lässt sich ausserdem in den Einstellungen der Apple Watch Series 9 deaktivieren:
Ein frischer Wind: watchOS 10
Auch das neue Design der Oberfläche gefällt. Es gehört allerdings nicht zur Series 9, sondern kommt auf jede Apple Watch, auf der sich watchOS 10 installieren lässt, also bis zurück zur Series 4. Gemäss Apple wurde fast jede App neugestaltet oder zumindest feingeschliffen. Das merkte ich oft erst beim zweiten Hinsehen, doch der Gesamteindruck wirkt tatsächlich erfrischend.
Doch auch die Bedienung wurde angepasst. Offensichtlich ist etwa der neue «Smart-Stapel», der sich automatisch einblendet, indem einfach die Krone gedreht wird. Das Kontrollzentrum öffnet sich nicht mehr durch ein Wischen von unten nach oben, sondern durch das einmalige Drücken der Seitentaste. Kurzum, vieles ist praktischer geworden, verlangt aber auch ein wenig Eingewöhnung – hauptsächlich von den gestandenen Apple-Watch-Trägern.
Dazu gibt es wieder neue Zifferblätter, wobei besonders das animierte Zifferblatt mit Snoopy und Woodstock glänzt: Die Animationen sind so zahlreich, dass ich vermutlich noch gar nicht alle gesehen habe. Vor allem aber ziehen sie mich so in den Bann, dass diese Ausführung nicht für ein konzentriertes Arbeiten geeignet ist. Ich liebe es!
Was ich vermisse • Fazit
Es gibt kaum einen Grund, von der Series 8 auf die Series 9 umzusteigen – es sei denn, im neuen Doppeltippen wird eine grossartige Erleichterung für die eigenen Anwendungen gesehen.
Dass sich aber nur wenig geändert hat, liegt auch daran, dass bereits die erste Apple Watch bei ihrer Einführung im Jahr 2015 eine erstaunliche Reife zeigte: Allein das freie Telefonieren, das kontaktlose Bezahlen und andere Eigenschaften gehören selbst heute noch längst nicht bei allen Smartwatches zum Standard – von der restlichen Fülle an Möglichkeiten wie EKGs, Notrufen und umfassenden Gesundheitsfunktionen ganz zu schweigen.
Was ich vermisse
Natürlich gibt es immer etwas, das vermisst wird. Jeder Diabetiker würde sich auf die Apple Watch stürzen, wenn sie in der Lage wäre, eine nicht-invasive Messung des Blutzuckers vorzunehmen – und Apple würde es längst anbieten, wenn es technisch bereits machbar wäre.
Hingegen fehlt mir die simple Möglichkeit, eigene NFC-Tags zu verwenden, um Automationen auszulösen – sei es entweder über HomeKit oder über Kurzbefehle. Das iPhone ist sehr wohl in der Lage, solche Tags zu erkennen und aufgrund dessen beliebige Automationen durchzuführen. Und es verwundert, dass Apple zwar grosse Anstrengungen im Bereich der Automation übernimmt, aber diesen perfekten «Schlüssel» geflissentlich ignoriert. Ein Beispiel aus der Praxis finden Sie hier.
Doch ich bin guter Dinge, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis NFC für eigene Zwecke eingespannt werden kann.
Fazit
Und so lässt sich mit gutem Gewissen sagen, dass die Apple Watch auch als Series 9 die beste Smartwatch repräsentiert, die man für Geld kaufen kann – ein iPhone vorausgesetzt. Wann es für den Wechsel Zeit wird, ist jedoch allein Ermessenssache. Denn die Dinger sind erstaunlich langlebig.
Testergebnis
Tempo, Oberfläche, Funktionsumfang, Notfall-SOS, Apple Pay
Keine Verwendung als Leser für NFC-Tags
Details: Ausführung in 41 mm oder 45 mm, in Edelstahl oder Aluminium, optional mit LTE über eSIM, S9-Chip mit 64 Bit Dual-Core-Prozessor, Wi-Fi 4 (N) mit 5 GHz und 2,4 GHz, Bluetooth 5.3, 64 GB Speicher, zahlreiche Gesundheits- und Sportfunktionen, staubdicht nach IP6X, wasserdicht bis 5 ATM, watchOS 10
Preis: ab 399 Franken
Infos:
06.10.2023
06.10.2023
06.10.2023