Videostreaming
29.06.2020, 10:00 Uhr
So streamen Sie Sportübertragungen
Sport am TV schauen, klingt einfach, ist es aber nicht. Komplizierte Lizenzverträge und Sender mit Verbindungen zu Netzbetreibern machen alles etwas unübersichtlich. Wir zeigen Ihnen, wo Sie was schauen können – zumindest bis zum nächsten Lizenzkarussell.
Der deutsche Streaminganbieter mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen (DAZN) ist einer der wenigen wirklichen Streamingdienste im Sport
(Quelle: FirmBee / Pixabay)
Musikfans haben es einfach. Sie wählen einen Streamingdienst, öffnen die App und haben praktisch das gesamte Werk der kollektiven Menschheit zur Verfügung. Für Filmfans und Serienjunkies ist es schon ein wenig schwieriger. Exklusive Produktionen gibt es nicht überall und einige Studios bieten ihre Werke nur auf bestimmten Plattformen an. Sportfans können über diese Probleme nur lachen. Ihr Streamingangebot ist noch viel komplizierter. Denn der Sport ist im TV-Zeitalter hängen geblieben, Bild 1.
Die meisten aktuellen Sportsender sind genau das: Sender, nicht moderne Streaminganbieter. Gesendet wird nach einem festen Zeitplan, On Demand gibt es grösstenteils in limitierter Form und oftmals benötigt man sogar noch einen traditionellen TV-Anschluss. Viele der Restriktionen im Sport kommen von jahrzehntealten TV-Verträgen und der Live-Natur von Sport. Anders als bei Filmen oder Musik, die einmalig von einer einzelnen Partei produziert und für die Ewigkeit veröffentlicht werden, finden Sportevents live statt und die Übertragung davon wird von mehreren Parteien produziert und gesendet. Bei einem Spiel des FC Barcelona wird die Übertragung nicht vom Verein oder der Liga gehandhabt, sondern von diversen TV-Produzenten. Diese besitzen unterschiedliche Rechte für Regionen oder Sprachen, die sie sich im Zeitalter des linearen TV rechtlich absichern liessen, was zu einem beispiellosen Chaos führt.
Gerade in Europa besteht zudem noch eine starke Philosophie, dass ein Sportereignis primär als Wettkampf dient, über den die Presse berichtet. Dementgegen steht die nordamerikanische Haltung, dass Sport primär der Unterhaltung dient. Kaum verwunderlich also, dass nordamerikanische Sportligen vermehrt auf Eigenproduktionen ohne traditionelle Medien setzen. Für die Konsumenten heisst das: weniger Verwirrung, weniger mühsame Exklusivdeals, aber auch weniger kritische Berichterstattung und eine Konzentration auf hochrentable Sportarten, auf Kosten unbeliebterer Disziplinen. Die Sportübertragung wird dann mehr Business als öffentlicher Service.
Angebote in der Schweiz
Das Gros der Sportübertragungen in der Schweiz läuft noch immer über TV. Das beginnt bei den öffentlich zugänglichen Sendern der SRG und geht dann schnell ins Pay-TV. Hier dominieren Teleclub (Swisscom) und MySports (UPC) den TV-Markt. Ausländische Anbieter wie DAZN und Sky versuchen es stärker über das Internet. Dazu kommen diverse Einzelangebote von Ligen und Meisterschaften mit eigenen Produktionen. Zu guter Letzt ist auch der E-Sport einen Blick wert. Dort gelten allerdings ganz andere Marktverhältnisse (siehe letzte Seite).
Hinweis: Wegen der Corona-Krise sind mittlerweile viele Sportevents abgesagt worden. Das ändert aber nichts an den aktuellen Lizenzrechten, wenn Sie sich für einen bestimmten Sender/Streaming-anbieter interessieren.
Teleclub
Teleclub ist der alte Hase im Schweizer Sport. Der TV-Sender, der mittlerweile der Swisscom gehört, sendet bereits seit 1982. Und das seit jeher über das Fernsehen. Auch heute wird Teleclub über einen TV-Anschluss empfangen, Bild 2. Erhältlich ist Teleclub sowohl für Swisscom-Kunden als auch für Kunden der Konkurrenz, allerdings mit limitiertem Angebot und unattraktiven Preisen.
Teleclub besitzt vor allem im Fussball einige attraktive Lizenzen – allem voran die UEFA Champions League und Europa League sowie die Schweizer Super League und Challenge League, die allesamt komplett übertragen werden. Dazu kommen alle Spiele der italienischen Serie A. Die spanische La Liga und die französische Ligue 1 werden limitiert abgedeckt. Im Eishockey sendet Teleclub die Champions Hockey League und die Hockey-WM sowie ausgewählte NHL-Spiele. Wer lieber etwas anderes als Fussball und Eishockey schaut, ist bei Teleclub falsch.
Teleclub sendet praktisch ausschliesslich Eigenproduktionen, die grösstenteils in Deutsch und Französisch gesendet werden. Italienisch gibt es für regional wichtige Austragungen. Einige Inhalte von Partnersendern sind in Englisch kommentiert. Eine witzige Ausnahme gibt es bei der British Premier League. Teleclub sendet diese in Partnerschaft mit dem französischen Sender RMC Sport Access und daher ausschliesslich auf Französisch.
Für Swisscom-Kunden kostet Teleclub Sport 30 Franken pro Monat. Besitzer von Teleclub Movie bezahlen lediglich 13 Franken extra für das Sportangebot. Kunden von UPC und anderen Kabelanbietern bekommen Teleclub Sport für rund 10 Franken pro Monat, aber nur mit bestehendem Basispaket Movie für 40 Franken pro Monat, das weniger beinhaltet als im Swisscom-Angebot. Zudem ist die Auswahl an Sendern für Kabelkunden massiv eingeschränkt, wodurch sich Teleclub für Kabelkunden kaum lohnt.
Sunrise-Kunden erhalten für 19 Franken ein etwas besseres, umfangreicheres Sportangebot als bei der UPC, aber auch nur mit einem 34 Franken teuren Basispaket mit nur drei Sendern.
Fazit: Falls Sie Swisscom-Kunde und Fussball- und/oder Eishockey-Fan sind, ist Teleclub attraktiv. Ansonsten gibt es nicht viel zu sehen. Die Angebote für Kabel- und Sunrise-Kunden sind in Sachen Preis/Leistung lächerlich und auch für Swisscom-Kunden gibt es neben Fussball und Eishockey schlicht nicht viel mehr an Sport.
MySports
MySports ist die direkte Konkurrenz zu Teleclub und gehört der UPC. Erhältlich ist das Angebot nur für Kunden der UPC und der teilnehmenden lokalen Kabelanbieter. Wie auch Teleclub fokussiert sich MySports grösstenteils auf Eigenproduktionen und ist besonders im Fussball und Eishockey stark, Bild 3. Dazu bestehen diverse Partnerschaften mit kleineren Sendern sowie eine grosse Zusammenarbeit mit Sky, besonders für die Übertragung der deutschen Bundesliga.
Die grossen Exklusivlizenzen von MySports sind: die deutsche Fussball-Bundesliga (inklusive 2. Bundesliga via Sky) sowie die Schweizer Eishockey National League (inklusive Swiss League). Dazu kommen ausgewählte Spiele anderer europäischer Fussballligen sowie Spiele der NHL und KHL im Eishockey. Neben den zwei grossen Sportarten sendet MySports auch Spitzenspiele der Handball-NLA und der EHF Champions League. Mit eSports1 bietet MySports zudem einen E-Sport-TV-Sender an, wobei E-Sport und TV-Sender eigentlich keine verwandten Worte sind. MySports sendet in Deutsch und Französisch, bei Tessiner Beteiligung an einem Event auch in Italienisch. Grundsätzlich sind zwei verschiedene Kaufmöglichkeiten vorhanden. Der Hauptsender MySports One ist separat für 5 Franken pro Monat erhältlich und für alle Kombi-Abo-Kunden inbegriffen. Das Komplettpaket von MySports kostet 25 Franken pro Monat.
Fazit: MySports ist ein interessantes Addon für bestehende Kabelkunden, besonders für Fans von Eishockey und der deutschen Bundesliga. Ansonsten bietet MySports einen interessanten Mix von europäischen Ballsportligen, Extremsport und Rennsport an, allerdings vieles davon nicht besonders umfangreich. Damit ist der Sender ausserhalb des Hauptangebots eher nicht für Hardcore-Fans einer bestimmten Sparte interessant.
Weitere Angebote in der Schweiz
DAZN
Der deutsche Streaminganbieter mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen ist einer der wenigen wirklichen Streamingdienste im Sport. DAZN besitzt keinen TV-Kanal, sondern sendet ausschliesslich per Internet. Dafür kauft DAZN grösstenteils Produktionen anderer Sender und strahlt diese aus. Seit Kurzem produziert DAZN auch Bundesliga-Spiele für den deutschen Markt, Bild 4. In der Schweiz besitzt DAZN dafür jedoch keine Lizenz. Generell ist die hohe Fluktuationsrate von Lizenzen ein heikler Punkt für DAZN. Als Kunde ist es schwierig zu wissen, wie lange DAZN als relativ neuer Anbieter eine Lizenz halten kann. Immerhin sind die Abos von DAZN flexibel genug, dass auch schnell wieder gekündigt werden kann, sollte eine Lizenz verloren gehen.
Die wichtigste Lizenz für den Schweizer Markt ist für DAZN derzeit die spanische La Liga. Diese wird vollständig übertragen. Ebenfalls komplett sendet DAZN den Davis Cup und den Fed Cup im Tennis. Dazu kommen ausgewählte Spiele aus der NFL, der NBA und MLB. Interessant für Fans von Nationalmannschaften ausserhalb der Schweiz: DAZN überträgt hierzulande alle EM-Qualispiele, ausser diejenigen der Schweizer Nati.
Die genaue Form der Übertragung variiert bei DAZN. Die meisten Sendungen sind entweder in Deutsch oder Englisch kommentiert, allerdings nicht alle. Anders als Teleclub und MySports wird DAZN nicht per TV-Anschluss, sondern per Internet empfangen.
Eine App ist für Android, iOS, FireTV, die PS4, die Xbox One und diverse Smart-TVs verfügbar. Unter Windows und macOS ist eine Web-App erhältlich, die in allen gängigen Webbrowsern wie Firefox, Edge, Chrome etc. funktioniert. DAZN kostet derzeit 13 Franken pro Monat.
Fazit: DAZN ist grösstenteils abhängig von seinen Lizenzen und diese sind aktuell alles andere als stabil. In der Schweiz fehlt dem Dienst zudem die wertvolle Bundesligalizenz, die hierzulande bei Sky respektive MySports liegt. Ansonsten bietet DAZN nur die spanische La Liga und ein breites, aber unvollständiges Angebot von drei grossen nordamerikanischen Ligen. Dafür ist DAZN etwa halb so teuer wie Teleclub oder MySports.
Sky Sport
Der Sportgigant Sky ist auch in der Schweiz mit einem breiten Angebot vertreten. Ebendiese Breite ist auch eine grosse Stärke des Senders. Das gilt sowohl für die gesendeten Sportarten als auch für die Sendekanäle. Sky ist per TV-Anschluss und Internet verfügbar, was den Sender deutlich flexibler macht als andere Anbieter, Bild 5.
Die grossen Lizenzen für Sky Sport sind die British Premier League, Formel 1, ATP und WTA Tennis, die PGA Tour und grössere UCI-Events wie die Tour de France. Die deutsche Bundesliga wird ebenfalls fast komplett übertragen. Dazu kommen Hunderte kleinere Events wie die wichtigsten Rennen des FIS-Weltcups. Das Angebot an Schweizer Ligen und Events ist eher spärlich, allerdings kann zu einem Sky-Sport-Abo das MySports-Paket zum halben Preis gebucht werden, wodurch zumindest die Schweizer Eishockey-NLA abgedeckt wird. Sky Sport kostet im Monats-Abo 20 Franken und ist somit etwas günstiger als die Konkurrenz. Gesendet wird entweder per TV oder über diverse Onlinekanäle. Verfügbar sind Apps für Android, iOS, Apple TV und die PlayStation 4. Dazu gibt es eine Web-App.
Fazit: Sky bietet hierzulande das breiteste Feld an Sportarten an. Gerade mit seiner ausführlichen Berichterstattung der Formel 1, des Radsports und der Premier League hat sich der Sender seit Jahren einen Namen gemacht. Preislich ist das Angebot kompetitiv. Dafür gibt es kaum Schweizer Inhalte, ausser mit der kostenpflichtigen MySports-Option.
SRG
Nicht vergessen darf man das Angebot der SRG. Auf den nationalen Sendern wird ganz schön viel Sport übertragen, teilweise sogar ausserhalb der üblichen Sendekanäle, beispielsweise über die Videoplattform im Netz. Die SRG überträgt Anlässe von nationaler Bedeutung wie Spiele von Nationalmannschaften und Grossanlässe wie Olympische Spiele oder die Fussball-WM. Auch bei Sportanlässen wie Formel-1-Rennen, MotoGP, grösseren Tennisturnieren, Radrennen oder Skirennen ist die SRG dabei, Bild 6.
Das Angebot wird zu grossen Teilen von der Schweizer Bevölkerung finanziert. Somit ist das SRG-Programm zwar frei empfangbar, aber streng genommen nicht kostenlos. Gesendet wird über TV, eine Web-App und Mobile-Apps. Über den Internetdienst werden auch On-Demand-Angebote verbreitet, allerdings im Sport aus lizenzrechtlichen Gründen praktisch nie.
Da das SRG-Angebot jeder Person innerhalb der Schweiz frei zugänglich ist, lohnt es sich zu prüfen, ob die gewünschten Sportarten nicht bereits hier abgedeckt werden.
Einzelangebote
Falls Sie sowieso nur einen einzelnen Sport oder eine einzelne Liga verfolgen möchten, prüfen Sie unbedingt, ob diese einen eigenen Streamingdienst anbieten. Viele moderne Ligen und Wettbewerbe haben eigene Plattformen – einige davon mit Eigenproduktionen, andere mit eingekauften TV-Feeds. Gute Beispiele dafür sind Formel 1 (F1TV), MotoGP (MotoGP VideoPass), die NFL (NFL Game-Pass), die NHL (NHLTV), MLB (MLBTV) oder die NBA (NBA League Pass), Bild 7.
E-Sport
Im E-Sport funktioniert alles ein wenig anders. Im TV gibt es hier nur wenig zu bestaunen, besonders hierzulande. Das hat aber auch seine Vorteile, denn E-Sport wird fast ausschliesslich auf kostenlosen Webplattformen ausgestrahlt, Bild 8. Marktführer ist die Streamingseite twitch.tv, die neben E-Sport auch Tausende privater Streamer aus den Bereichen Gaming, Kunst, Talk und mehr beherbergt. Praktisch alle E-Sport-Events sind auf Twitch gratis verfolgbar, sogar ohne Nutzerkonto. Als zweitgrösster Player etabliert sich derzeit YouTube. Die Videoplattform wird von grösseren E-Sport-Events als Zweitplattform verwendet. Zudem besitzt YouTube einige wenige Exklusivlizenzen, wobei diese nach Beschwerden von Zuschauern tendenziell wieder zurückgehen. Die drittwichtigste Plattform ist Mixer (mixer.com) von Microsoft, Bild 9. Sie ist mit Twitch vergleichbar, konzentriert sich aber stärker aufs Gaming.
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