Viel zu teuer, nicht übel
06.06.2024, 09:33 Uhr
Angespielt: Razer Wolverine V2 Pro
Ist dieser Controller der Schlüssel, um einem Xbox-Fan die PlayStation 5 zu öffnen? Ein Erfahrungsbericht.
(Quelle: Razer)
So viel vorweg: Das ist ein persönlicher Erfahrungsbericht mit vielen Meinungsäusserungen – und kein Test im eigentlichen Sinn. Deshalb gibt es auch keine Wertung. Denn die Anschaffung fusste bei mir auf einer einzigen Hoffnung: der Chance, dem PlayStation-5-Controller zu entkommen.
Vorgeschichte (zum Überspringen)
Ich gehöre seit ihrer Vorstellung 2002 zum «Team Xbox». Mit der PlayStation bin ich nie warm geworden, denn ihre Controller sind mir seit Anbeginn ein Graus. Stattdessen erfreute ich mich am analogen Controller des Nintendo N64 und später am damals sensationellen, kabellosen WaveBird für den Nintendo GameCube.
Der erste DualShock-Controller: Warum sind die Japaner so grausam?
Quelle: Wikipedia
Dann kam die erste Xbox, um gleich darauf von der zweiten Generation abgelöst zu werden – und mit ihr erblickte auch der kabellose Xbox-Controller das Licht der Welt. Er hat sich bis heute nicht massgeblich verändert; zum Glück, denn für mich repräsentiert er die Krönung der Controller-Entwicklung.
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Quelle: Xbox
Dummerweise gerät die Xbox in meinen Augen zunehmend ins Hintertreffen. «Halo 5» habe ich nicht einmal geladen. «Starfield» war meine letzte Hoffnung und hat mich kaltgelassen. Und so habe ich nach zwölf Jahren meine Xbox-Live-Mitgliedschaft gekündigt, die zuletzt im Game Pass aufgegangen ist.
Genau wie der Vorgänger ist «Horizon Forbidden West» eines der Meisterwerke, wie sie auf der Xbox so nicht zu finden sind
Quelle: PlayStation
In der Zwischenzeit hat sich die Familie an der PS5 mit «Ratchet & Clank: Rift Apart», «God of War Ragnarök» oder «Horizon Forbidden West» bestens unterhalten: allesamt unglaubliche Spiele, die ich fürs Leben gerne durchlitten hätte und auf die ich bereits in der PS4-Ära verzichtet habe. Denn diese elenden, vermurksten Sony-Controller …
Genug gejammert. Vorgeschichte Ende, die Rettung naht.
So fühlt sich also ein Wolverine an
Der Razer Wolverine V2 Pro versteht sich als Profi-Controller, der für Turnierspieler gedacht ist – aber nichts liegt mir ferner, denn verglichen mit der Jugend von heute sind meine Reaktionszeiten eher Lieferfristen. Stattdessen interessiert nur die Form – und die macht den Razer-Controller tatsächlich zur Verheissung für alle Xbox-Spieler, die sich den Komfort des Microsoft-Controllers auch an der PS5 wünschen.
Der Razer-Controller im direkten Vergleich: schon das asymmetrische Stick-Layout ist ein Gewinn
Quelle: PCtipp.ch
Der augenfälligste Unterschied sind die asymmetrisch angeordneten Sticks und das Touchpad oben, das für die Verwendung an der PS5 unverzichtbar ist. Im direkten Vergleich zum Xbox-Controller fühlt sich der Wolverine (zu Deutsch: der Vielfrass, also das Tier) etwas pummelig an. Die Griffe sind knuffiger und damit erreichen sie nicht ganz die Ergonomie des Vorbildes. Trotzdem ist dieser Controller unzweifelhaft der beste, den ich je vor einer PlayStation in den Händen gehalten habe.
Das fühlt sich doch gleich viel besser an
Quelle: PCtipp.ch
Die Sticks liegen genau am richtigen Ort. Sie fühlen sich robust an und bewegen sich sehr präzise. Das lässt sich leider nicht von allen Tasten behaupten: Die vier Knöpfe am rechten Rand sind weit weniger «klickig», als beim Xbox-Controller. Richtig übel wird es beim Steuerkreuz auf der linken Seite: So stelle ich mir das Gefühl vor, wenn man mit dem Daumen auf einem Hamster herumdrückt. Zum Glück benötige ich dieses Kreuz bei «meiner» Art von Spielen nur selten.
Die Trigger sind hervorragend gelungen. L1 und R1 fühlen sich knackig und hart an, während die analogen L2 und R2 kaum von jenen des Xbox-Controllers zu unterscheiden sind – davon abgesehen, dass das Material beim Wolverine nicht strukturiert ist. Die kleinen M1 und M2 sind eine Beilage von Razer und gerade noch zu erreichen.
Kein Turnier-Controller kommt wohl darum herum, sich vom Xbox-Elite-Controller von Microsoft «inspirieren» zu lassen – und deshalb bietet auch der Wolverine auf der Rückseite zwei Tasten und zwei Paddles, die sich über die App für iOS und Android belegen lassen.
Die Paddles auf der Rückseite sind kaum zu erreichen
Quelle: PCtipp.ch
Glücklicherweise interessieren mich auch die nicht, denn für meine normal grossen Erwachsenenhände liegen sie viel zu weit innen und zu weit unten. Während die kleineren Tasten mit den Mittelfingern gerade noch zu erreichen sind, hat Razer die grossen Schalter bis zur Unbrauchbarkeit ver-platziert. Wenn der Controller locker in der Hand gehalten wird, sind sie praktisch unerreichbar; stattdessen braucht es für die Bedienung schon einige Verrenkungen.
Was der Wolverine alles nicht kann
Der Wolverine V2 Pro arbeitet tadellos mit der PS5 zusammen – und damit hat er seinen Zweck für mich erfüllt. Doch obwohl er von Sony offiziell für die PS5 zertifiziert ist, fehlen ihm einige Eigenschaften des Originals.
Konsole einschalten. Der Wolverine V2 wird über einen USB-Dongle kabellos mit der PS5 verbunden. Durch Druck auf die PS-Taste wird zwar der Controller aktiviert – aber die Konsole nicht geweckt. Die muss manuell über die Stand-by-Taste an ihrer Vorderseite aus dem Schlummer gerissen werden.
Keine adaptiven Trigger. Die Trigger sind im Gegensatz zum Original-Controller nicht adaptiv. Das heisst, ihr Widerstand kann vom Spiel nicht variiert werden, wenn etwa eine schwergängige Waffe bedient wird. Ich habe die adaptiven Trigger bis jetzt nur bei «Ratchet & Clank: Rift Apart» erlebt – und die drängendste Frage war, wie man das ausschalten kann. Ich bin schliesslich zum Spielen hier, nicht zum Arbeiten.
«Ratchet & Clank: Rift Apart» war mein erster Kontakt mit den adaptiven Triggern (und hoffentlich der letzte)
Quelle: PlayStation
Rumble. Keine Rumble-Funktion. Auch das muss jeder für sich bewerten. Mir fällt das «Rumpeln» des Controllers nicht gross auf; genauso wenig stört es mich, wenn es fehlt.
Verbauter Akku. Das ist mein grösster Kritikpunkt. Der fest verbaute Akku wird über USB-C geladen, genau wie der Original-PS5-Controller. Wenn er leer ist, muss der Wolverine entweder ans USB-C-Kabel oder es heisst «Game Over». Bei der Xbox lassen sich die zwei AA-Akkus sofort durch ein frisches Paar aus dem Ladegerät tauschen, das bei uns ständig am Strom hängt. Für die PS5 haben wir uns einen zweiten Controller geholt, der bei Bedarf jederzeit getauscht werden kann.
Doch der Wolverine ist schlicht zu teuer, um sich davon einen Zweiten wie eine Ersatzbatterie zu gönnen. Und so spielt die Energieversorgung eine wesentlich grössere Rolle, als sie es sollte.
Zusammenfassung und Fazit
Der Razer Wolverine V2 Pro überzeugt mich als der «Xbox-Controller, der mit der PS5 funktioniert». Oder andersherum: Er ist der Controller, der es mir erlaubt, überhaupt erst mit der PS5 zu spielen.
Allerdings zeigt er auch einige eklatante Schwächen: ganz besonders beim absurd-schwammigen Steuerkreuz und den schwer zugänglichen Paddles auf der Rückseite. Diverse Eigenschaften des Originals fehlen. Die App erlaubt hingegen eine problemlose Anpassung des Controllers, zumindest mit dem iPhone. Sie wird zwar in den App-Stores mit schlechten Wertungen überschüttet; doch ich hatte während meinen kurzen Begegnungen keine Probleme.
Kurzum: Wenn Sie mit der Ergonomie des PS5-Controllers keine Mühe bekunden und die Zusatztasten des Wolverines nicht benötigen, fahren Sie mit dem Original wesentlich besser. Sie erhalten ausserdem mehr Funktionen und zahlen erst noch viel weniger. Wenn es hingegen ein Xbox-ähnlicher Controller für die PS5 werden soll, führt gegenwärtig kein Weg am Razer Wolverine V2 Pro vorbei.
Informationen
Für PS5 und PC (umschaltbar), USB-C fürs Aufladen, Funk-Dongle für die Konsole, 2 Paddles und zwei zusätzliche Tasten auf der Rückseite, 2 zusätzliche Trigger, Tasten anpassbar mit der kostenlosen App für iOS und Android. Preis im Online-Handel ca. 230 Franken.
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