Da haben wir den Salat
23.12.2021, 09:55 Uhr
Kochen mit Internet
Die Zubereitung von Nahrung gehört zu den wichtigsten Fähigkeiten des Menschen. Doch die Technik verleiht auch diesem Thema neuen Schwung. Sehen wir uns an, wie «Kochen 2.0» funktioniert.
Kochbücher werden immer öfter durch das Internet ersetzt
(Quelle: PCtipp.ch)
Kochen ist heute viel mehr, als irgendwelche Zutaten in eine essbare Form zu bringen. Seit vielen Jahren vermehren sich die Kochsendungen wie die Karnickel. Die Küchen werden immer grösser, die Geräte immer raffinierter und ohne einen Hauch Extravaganz läuft gar nichts. Was sich in den letzten Jahren jedoch stark verändert hat, ist die Informationsgewinnung. Früher gab unser Haushalt ein kleines Vermögen für Kochbücher aus, die dann mit viel Begeisterung gelesen, aber nur selten umgesetzt wurden. Heute sind die gedruckten Werke bei uns entsorgt, weil der Platz besser genutzt werden kann. Stattdessen verlagerte sich die Rezeptsammlung – natürlich – ins Internet.
YouTube kocht
Nichts und niemand ist vor YouTube sicher, auch die klassischen Kochsendungen nicht. Dabei legen die bekannten Kanäle eine fast unglaubliche Ästhetik an den Tag: Mit viel Liebe zum Detail werden die Zutaten und Werkzeuge so perfekt in Szene gesetzt, dass ein klassischer Fernsehsender in der gewohnten Machart chancenlos ist.
Präsentation, Licht, Farbe, Schärfe: Solche Perfektion ist bei Kochkanälen ein Muss, um vor der Konkurrenz zu bestehen
Quelle: Marion's Kitchen
Was sich ebenfalls verändert hat, ist das Tempo der Darbietung. Ein Gericht, das früher im Fernsehen mit viel Smalltalk in Echtzeit gekocht wurde, wird heute oft auf wenige Minuten reduziert. Einige Kanäle haben kein Problem damit, «8 Frühstück-Rezepte» innerhalb von 9 Minuten zu zeigen. Da wird auch schnell klar, wie viel Zeit für ein Rezept zur Verfügung steht. Doch wenn ein Dutzend Rezepte in wenigen Minuten präsentiert werden, funktioniert auch das Nachkochen nach eigenen Regeln. Und das sehen wir uns genauer an.
Wiedergabelisten
Zuerst brauchen Sie einige Kochkanäle, die Ihrem Geschmack entsprechen. Das ist das kleinste Problem, denn wenn Sie erst einmal damit anfangen, nach Gerichten zu suchen, wird Ihnen YouTube immer mehr Kanäle vorschlagen, die in dieselbe Richtung zeigen.
Es wird jedoch selten vorkommen, dass Sie die Inspiration suchen und sofort ein Gericht nachkochen. Wenn Sie ein Rezept für später aufheben möchten, gibt es zwei Optionen: Klicken Sie unter dem Video auf «Speichern» (1). Legen Sie den Clip in der Wiedergabeliste «Später ansehen» ab (2), die als Sammelbecken für alle Arten von Videos herhalten muss. Oder speichern Sie das Video in einer Wiedergabeliste mit Ihren Rezepten: Wählen Sie dazu eine bestehende Wiedergabeliste oder erstellen Sie eine neue (3). Allerdings sollten Sie nicht zu viele Listen anlegen; nur allzu schnell schiesst man bei der Verwaltung über das Ziel hinaus und erreicht das Gegenteil, weil bei zu vielen Kategorien die Übersicht leidet.
Wiedergabelisten helfen, die Flut der potenziellen Lieblingsmenüs in geordnete Bahnen zu lenken
Quelle: PCtipp.ch
Nachkochen
Tablet mit Halterung. Wenn die Zeit gekommen ist, etwas Neues auszuprobieren, geht nichts über die richtige Vorbereitung. Idealerweise verwenden Sie in der Küche ein Tablet, um das Gericht Schritt für Schritt durchzugehen. Die Ergonomie verbessert sich enorm, wenn Sie einen einfachen Tablet-Halter wie Vivalla von Ikea für Fr. 14.95 verwenden. Ausserdem reduziert sich die Gefahr, dass das Tablet durch verschüttete Flüssigkeiten vollgekleckert oder sogar beschädigt wird.
Ein Tablet-Halter verbessert die Ergonomie enorm und verhindert auch Saucenschäden
Quelle: Ikea
Schriftliches Rezept. Die meisten Kochkanäle zeigen die Zutaten als Texteinblendungen innerhalb des Videos. Oft wird das Rezept jedoch am Stück aufgelistet. Um das zu prüfen, klicken Sie unter dem Video auf den Kommentar des Erstellers und wenn nötig auf Mehr ansehen.
In den meisten Fällen wird das genaue Rezept in der Videobeschreibung geliefert
Quelle: PCtipp.ch
Das richtige Tempo. Ein hohes Tempo hilft, sich in kurzer Zeit viele leckere Rezepte zeigen zu lassen. Allerdings kommt es nicht selten vor, dass eine Zutat nur etwa eine Sekunde lang eingeblendet wird. Die Zeit ist sogar zu kurz, um die Wiedergabe zu pausieren. Kein Problem: Tippen Sie unter dem Video auf das Zahnrad (1) und wählen Sie im Einblendmenü den Befehl Wiedergabegeschwindigkeit, um das Video in Zeitlupe abzuspielen – oder im Zeitraffer, wenn der Koch nicht in die Gänge kommt.
Variables Tempo und Untertitel machen es leicht, den eigenen Rhythmus zu finden
Quelle: PCtipp.ch
Übersetzungen. Gleich links vom Zahnrad befindet sich das Symbol für die Untertitel (Bild oben, 2), die sich ein- und ausblenden lassen. Dieses Symbol ist allerdings nur zu sehen, wenn Untertitel verfügbar sind. Einige sind vom Ersteller manuell eingebaut worden und deshalb optimal; das Gros hingegen wird von YouTube automatisch generiert. Die Resultate sind nicht immer perfekt, aber oft sind sie sehr viel besser als nichts.
Zutaten vorbereiten. Machen Sie es den YouTube-Köchen nach und stellen Sie alle Zutaten bereit, bevor Sie den Herd anwerfen. Wenn der Moment gekommen ist, müssen die 500 Gramm gehackte Zwiebeln nur noch in die Pfanne gegeben werden. Halten Sie in Möbelgeschäften Ausschau nach möglichst vielen verschiedenen bunten Schälchen. Das Auge isst nicht nur mit, es sieht auch gerne beim Kochen zu.
Imperiale Masseinheiten
Die Amerikaner können nicht von ihren imperialen Masseinheiten lassen. Das wird spätestens dann zu einer Herausforderung, wenn Sie Gerichte von amerikanischen Kanälen nachkochen. Zu den gängigsten Masseinheiten gehören der «Cup» (Tasse) sowie die Abkürzungen «tsp» für «tea spoon» (Teelöffel) und «tbst» für «table spoon», also für einen Esslöffel. Das klingt herrlich unkompliziert, aber nein: Dahinter versteckt sich eine exakte Wissenschaft. Ein Cup entspricht 0,28 Liter, ein «tea spoon» 5 Milliliter und ein «table spoon» 15 Milliliter.
Wenn Sie also amerikanische Gerichte nachkochen, benötigen Sie das passende Werkzeug. Messbecher mit einer Cups-Einteilung finden Sie heute an fast jeder Ecke, auch im Supermarkt. Nicht viel schwieriger ist die Beschaffung der Messlöffel im Online-Handel, die es in vielen verschiedenen und oft sehr dekorativen Ausführungen gibt, etwa das Set von Colourworks für 9 Franken (gesehen bei galaxus.ch).
Weil die Amerikaner kein metrisch können, brauchen wir diese hübschen Hilfsmittel
Quelle: Colourworks
YouTube am Fernseher
Tipp: Am gemütlichsten sind Kochsendungen vor dem Fernseher, wenn YouTube über eine App für den Smart-TV zur Verfügung steht. Allerdings gibt es Einschränkungen. So lassen sich Videos zwar in Wiedergabelisten verpacken. Doch das Tempo der Wiedergabe kann nicht gesteuert und die Beschreibung mit dem Rezept nicht gelesen werden. Eventuell ist es auch nicht möglich, neue Wiedergabelisten anzulegen, sodass Sie das vorweg am PC oder Smartphone erledigen müssen.
Kochkanäle für Einsteiger
Zum Abschluss des Themas hier einige Kochkanäle für den Einstieg. Wenn Sie die Kochwelt später auf eigene Faust erkunden, zeigen Sie keine Scheu vor englischen Kanälen; in den meisten Fällen reicht es völlig, wenn Sie etwa die wichtigsten 20 Zutaten kennen. Parsley, Garlic, Lime … die üblichen Verdächtigen halt.
Yamyamfoods
Die Gastgeberin Xian Heinrich möchte man auf den ersten Blick in der Schmink- und Modeszene verorten. Doch sie vermittelt mit ihrer unaufgeregten, sympathischen Art die beliebtesten Rezepte aus Asien, die man gerne auch beim Chinesen des Vertrauens bestellt.
Tipp: Die sauer-scharfe Pekingsuppe ist ein Gedicht und eignet sich perfekt zum Einkochen. Aber das ist ein anderes Thema. Komplett in Deutsch.
Hensslers Schnelle Nummer
Hingegen gilt das Attribut «unaufgeregt» nicht für Steffen Henssler. Als Zuschauer neigt man eher dazu, vor dem Start des nächsten Videos ein Valium einzuwerfen – wer weiss, wozu es gut ist. Davon abgesehen bietet der Kanal viele interessante Ideen und Rezepte. Die meisten Videos dauern etwa vier Minuten und haben damit genau die richtige Länge. Komplett in leicht überkandideltem Deutsch.
Chefkoch
Der Kanal zur gleichnamigen populären Website. Verschiedene Köche zeigen Gerichte aus aller Welt. Verglichen mit einem Spiegelei sind die Rezepte manchmal ein wenig aufwendiger, aber durchaus machbar. Komplett in Deutsch.
Taste Show
Chef John Zhang kocht asiatisch: raffiniert und mit stoischer Ruhe. Auch wenn Sie die Gerichte nicht nachkochen, gefallen die ruhige Musik, die gelassene Professionalität und die schönen Bilder. Zutaten werden in Englisch eingeblendet. Nebenbei: Im Englischen steht «Chef» nicht für einen Vorgesetzten, sondern einfach für den Koch oder auch für den Küchenchef.
Cooking Haru
Der Kanal vermittelt die einfache, aber leckere koreanische Küche – gewürzt mit Slapstick-Einlagen, die manchmal den epischen Kampf zwischen Eiern und dem «Spatula Monster» zum Thema haben. (Bitte fragen Sie nicht.) Zutaten werden in Koreanisch und Englisch gezeigt, keine Sprecher.
Kein Stress kochen
Vom gesichtslosen österreichischen Gastgeber wissen wir nur, dass er in einem Grazer Ghetto aufgewachsen und zwischen 25 und 35 Jahren alt ist. Was bleibt, sind bodenständige Rezepte und ein Humor, der uns mehr als nur ein Grinsen auf den Stockzähnen entlockt. Komplett in Deutsch (oder zumindest in einer typähnlichen Sprache). Der Kanal hat sich bei uns zu Hause allein schon wegen diesem Döner-Rezept in unserer Bestenliste der Kochkanäle verewigt:
Cowboy Kent Rollins
Ein pensionierter Cowboy kocht bei Wind und Wetter amerikanisches Essen, wie wir es lieben. Der Kanal bedingt Englischkenntnisse und die Bereitschaft, sich mit einer elementaren Frage auseinanderzusetzen: Warum verbringe ich fast mein ganzes Leben vor einem Computer? Und wo bekomme ich auf die Schnelle eine alte Scheune und einen Kohlegrill her?
Platzhirsch Thermomix
Eine gänzlich andere Nutzung des Internets verspricht der Thermomix TM6 von Vorwerk. Für jeden eingefleischten Fan finden Sie jemanden, der für dieses Gerät nur pure Verachtung übrighat. Dasselbe gilt allerdings auch für das iPhone, sodass das nichts Schlechtes sein muss.
Der Preis von 1599 Franken kommt allerdings einem Niederschlag gleich, bis man sich mit den Möglichkeiten beschäftigt. Tatsächlich kann der Thermomix rühren, kneten, hacken, kochen, pürieren, dämpfen und mehr – und das sogar gleichzeitig, indem zum Beispiel unten die Kartoffeln kochen, während oben im aufsteigenden Dampf der Lachs gedünstet wird.
Viel Feind, viel Ehr’: Beim Thermomix TM6 scheiden sich die Geister
Quelle: Vorwerk
Vor allem aber bietet der Thermomix TM6 eine Wi-Fi-Anbindung zum eigenen Rezepte-Portal cookidoo.ch, wo Abertausende Rezepte auf ihre Entdeckung warten. Sie alle unterstützen das «geführte Kochen», indem jeder Arbeitsschritt auf dem Display gezeigt wird, etwa: «Geben Sie 500 Gramm Zwiebeln hinzu», gefolgt von «Drehen Sie den Regler auf Stufe 3». Der Thermomix erledigt den Rest.
Tatsächlich ist es diese Internetanbindung, die das Kochen so viel entspannter macht. Der Zugang zu Cookidoo ist nach der Registrierung sechs Monate lang gratis, danach kostet das Abo 39 Franken im Jahr. Wer es nicht nutzt, muss den Thermomix manuell steuern und verpasst das Beste.
Ohne Cookidoo verliert der Thermomix das meiste seiner Nützlichkeit
Quelle: PCtipp.ch
Cookidoo wird direkt über das Gerät angezapft. Ausserdem bietet Vorwerk eine dazu passende App, sodass sich die Rezepte bequem durchsuchen und speichern lassen, wobei sie automatisch mit dem Thermomix synchronisiert werden. Auf Wunsch werden die Zutaten in den Einkaufszettel übertragen und die Gerichte über die Woche hinweg mit dem Kalender geplant.
Im Gegensatz zur deutschen Website verkauft Vorwerk den Thermomix in der Schweiz nur im Rahmen einer Beratung, was in den Augen vieler Interessenten ein Unding ist – vor allem in einem Land wie dem unseren, wo bereits der Anblick eines fremden Menschen als Eingriff in die Privatsphäre gewertet wird. Immerhin müssen Sie kein Show-Kochen über sich ergehen lassen, wie es vor zwei Jahren noch der Fall war.
Noch mehr Quellen
Zwischen YouTube und Thermomix gibt es unzählige Anlaufstellen für Rezepte. Offenbar sind Koch-Tipps heute ein Muss, um Kunden zu binden.
Fooby von Coop
In vielen Coop-Filialen finden Sie bereits beim Eingang die Rezeptkarten der hauseigenen Plattform «Fooby». Digitaler ist die Plattform unter fooby.ch: Über ein kostenloses Konto lassen sich die unzähligen Rezepte nicht nur ansehen, sondern auch sortieren und in Listen speichern.
Alle Zutaten findet man zufälligerweise auch im Coop – darunter eher exotische Gewürze wie «Yuzu Kosho», das in der hervorragenden Budda-Bowl zum Einsatz kommt: Sehr salzig und scharf, hätten wir diese japanische Zitrus-Chilli-Paste nie ohne konkreten Anlass aus dem Gestell genommen; dabei kann sie eine echte Bereicherung sein.
Allein die Suche nach vegetarischen Gerichten führt bei fooby.ch zu 3178 Treffern
Quelle: PCtipp.ch
Tipp: Wenn Sie eine besonders exotische oder edle Zutat suchen, die eben nicht im Supermarkt zu finden ist, sollten Sie einen Abstecher zur Seite thungourmet.ch unternehmen. Dort finden Sie Produkte wie «Yellow Powder-Teufelsdreck-Hing-Asafoetida». Wenn das so schmeckt, wie es heisst …
Yellow Powder-Teufelsdreck-Hing-Asafoetida: so lautet die Bezeichnung
Quelle: PCtipp.ch
Migusto von Migros
Das Portal der Migros hört auf Migusto und ist unter migusto.migros.ch erreichbar. Auch hier schafft ein kostenloses Konto Ordnung und Struktur. Zu den Besonderheiten gehört die Möglichkeit, Rezepte so zu filtern, dass die Zutaten nach Möglichkeit gerade in Aktion sind.
Die Aktions-Rezepte von Migusto helfen, das Haushaltsbudget einzuhalten
Quelle: PCtipp.ch
Chefkoch
Die Internetseite chefkoch.de ist für die endlos vielen Rezepte bekannt, die von der Community zur Verfügung gestellt werden. Da die Hobbyköche allerdings auch die Fotos von ihren Gerichten schiessen, möchte man nicht alles in den Mund nehmen, auch wenn es gut klingt. Trotzdem: Wenn Sie ein ausgefallenes Rezept suchen, werden Sie hier fündig. Als diese Zeilen geschrieben wurden, gab es nicht weniger als 77 Rezepte für die Zubereitung von Hühnerherzen – einem völlig unterschätzten Fleisch, notabene.
Betty Bossi
Natürlich bietet auch die Kunstfigur Betty Bossi von Coop ihr eigenes Portal unter bettybossi.ch mit Tausenden Rezepten, die Hunger machen. Der grösste Unterschied zu den anderen Portalen von Migros und Coop besteht darin, dass versucht wird, den Besuchern bei jeder Gelegenheit irgendwelche Gerätschaften aufs Auge zu drücken. Doch ein Besuch lohnt sich auch hier.
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