News
29.10.2014, 08:05 Uhr
Netflix und MyPrime im Vergleich
Was halten eigentlich Doku-Junkies, Serien-Junkies, Blockbuster-Süchtige und Familienväter von Netflix und MyPrime? Und für wen lohnt sich welcher Dienst? PCtipp wagt nach anderthalb Monaten eine erste Bilanz.
Am 3. September lancierte UPC Cablecom das Zusatzangebot MyPrime, um dem US-Streaming-Anbieter Netflix zuvorzukommen. Beide Abodienste basieren auf einem Flatrate-System. Zu einem monatlichen Preis kann unlimitiert konsumiert werden. Netflix gibt es ab Fr. 11.90.- pro Monat, bei Cablecom muss gleich ein Jahresabo für Fr. 119.- abgeschlossen werden - ausser Sie sind Premium-Horizon-Kunde. Dafür ist das Cablecom-Angebot direkt auf der Horizon-Box verfügbar, für Netflix braucht es entweder einen modernen Smart-TV, der die App im Angebot hat, oder dann eine andere externe Quelle (Spielkonsole, Apple-TV, Chromecast), mit dem Netflix (Internet-TV) auf den Fernsehen gestreamt werden kann. Sind diese technischen «Hürden» überwunden, geht es nur noch um das inhaltliche Angebot. Welches Angebot überzeugt mehr? Wir schickten für einen Monat einen Doku-Junkie, einen Serien-Junkie, einen Blockbuster-Süchtigen und den Familienvater in die Flatrate-Videotheken der beiden Anbieter.
Der Doku-Junkie
Netflix: Wie ergeht es einem Doku-Junkie, der einfach nur auf Tatsachen basierende Geschichten, spannende Biografien oder Naturdokus schauen will? Beim Durchscrollen der Netflix-Inhalte wird schnell klar: Es herrscht ein regelrechtes ein Wirrwarr an Genres. Die mobile Netflix-App ordnet das Chaos mit Unterkategorien nicht besser. Als Geschichtsdoku findet sich nur eine über Germanen, unter den Biografien gerade einmal eine über Mode-Designer Karl Lagerfeld, über Maradona, dann – ebenfalls unter Biografien – eine über das Dritte Reich. Kurz: Netflix listet im Moment ca. 50 Dokus, sofern man alle Titel als Dokus bezeichnen kann.
Doku-Angebote: Netflix vs. MyPrime
Wer bei MyPrime in die Kategorie Bildung klickt, stösst auf 12 Angebote, die als Staffeln daherkommen. Zum Beispiel die spannende Tierdokureihe «Deadly 60», die von den gefährlichsten Tieren der Welt handelt. In der Videothek auch vorhanden ist die achtteilige Serie «Unser blauer Planet». Allgemein hat MyPrime ausschliesslich Naturdokus am Start, aber als mehrteilige Staffeln! Cablecom hat ausserdem angekündigt, die SRF-Dokus ins MyPrime-Portal aufzunehmen.
Fazit: Doku-Junkies, die Tier- und Naturfilme mögen, sind mit MyPrime im Moment besser bedient. Netflix ist ein wenig breiter aufgestellt, allerdings lässt die Inhaltstiefe zu wünschen übrig.
Sieger Kategorie Doku-Junkie: MyPrime
Nächste Seite: Der Serien-Junkie
Der Serien-Junkie
Der Serien-Junkie
Zu Serien-Highlights bei Netflix zählen unbestritten Serien wie die des drogenproduzierenden Chemielehrers in «Breaking Bad», die Zombie-Invasion in «The Walking Dead», des «Gesichtsgesten-Profiler-Profis» von «Lie to me» oder «Dexter» und «House Of Cards». Allein das Angebot an US-Serien beläuft sich bei Netflix zurzeit auf rund 46 Serien. Schätzungen gehen von rund 1000 Serien aus. Man muss sich schon nur die Top 50 des repräsentativen Ranking-Portals Imdb zu Gemüte führen und schnell wird klar: Da sind schon zehn dieser Serien in Netflix enthalten, obwohl Netflix in der Schweiz soeben erst gestartet ist.
MyPrime listet insgesamt 80 Serien. Darunter befinden sich auch Einzelstaffeln mehrerer Serien. Im Verhältnis zu Netflix ist das wenig. Als Bonus hat Cablecom Schweizer Serien im Angebot. Davon zwar erst eine («der Bestatter»), aber es sollen noch mehr werden. Mit Ausnahme von «The Walking Dead» und «Little Britain» finden sich auf MyPrime hingegen kaum Serien, die es auch auf Netflix gibt. MyPrime lädt in der Seriensuche viele «Doctor Who»-Staffeln, «Spartacus» und die britische Fernsehserie «Misfits». Vieles davon war unserem Serien-Junkie völlig fremd.
Fazit: Serienjunkies könnten bei Netflix süchtig werden, denn das Angebot von Netflix ist (jetzt schon) mächtig und vielseitig. Wer Schweizer Serien mag und sonst eher wenig Serien konsumiert, kann bei MyPrime wenigstens auf mehr Schweizer Inhalte hoffen.
Sieger Kategorie Serienjunkie: Netflix
Nächste Seite: der Blockbuster-Süchtige
der Blockbuster-Süchtige
Der Blockbuster-Süchtige
Das Filmangebot bei Netflix ist nach wie vor überschaubar. Doch halt. Zum Netflix-Start waren unter der Kategorie «Preisgekrönte Filme» erst rund 40 Filme aufzuspüren. Inzwischen listet Netflix Schweiz unter dieser Kategorie 108 Filme. Vertreten sind aber vorwiegend ältere Filme wie «Matrix», «Reservoir Dogs», «Sin City», «12 Monkeys» usw. Von den ersten 50 des Top 250 des Filmbewertungsportals Imdb (der besten Filme aller Zeiten) finden wir nur Filme wie «Memento», «Inception» und «Into The Wild» und «der Pianist».
Nicht viel anders bei MyPrime, das inzwischen 414 Filme listet. Gefiltert nach den gegenwärtigen «Top 25 aller Zeiten» von Imdb, offenbaren sich der Klassiker «Pulp Fiction» und «Sin City». Die Sortierfunktion nach Neuheiten legt den Schluss nahe, dass Cablecom bereits im Oktober fast alle drei Tage 4-6 neue Filme pro Tag hochgeladen hat. Verglichen mit einer Aufstellung vom Newsportal «watson» sind seit dem 13. September erst 53 neue Filme dazugekommen. «Wo sind die 2000 Filme, die uns UPC Cablecom versprochen hat?», lamentieren seit September einige Nutzer im Cablecom-Community-Forum. Wahrscheinlich ist davon auszugehen, dass weitere Angebote aufs Jahresende vorgesehen sind. Fairerweise muss man einräumen, dass Cablecom auch Nicht-Abonnenten Einsicht ins MyPrime-Portal gewährt, um sich jederzeit die Situation vergegenwärtigen zu können.
Fazit: Unbestritten ist, dass beide Dienste schon ein grosses Angebot an Filmen in petto haben, davon noch sehr wenige Top-Blockbuster.
Sieger Kategorie Blockbuster: untentschieden
Der Familienvater
Der Familienvater
Was schaut man eigentlich heutzutage mit Kindern? Was mochten wir früher? Am einfachsten ist es wohl, das Kind selber suchen zu lassen. Bei Netflix gibt es dazu einen speziellen Kinder-Account, in dem nur Kinder- und Jugendfilme zur Auswahl stehen. Unter den Netflix-Zeichentrickserien finden sich zurzeit 94 Serien. Von den älteren Serien sind nur die Schlümpfe, Tim & Struppi vertreten. Wer unter Kinder und Familie sucht, findet 120 Filme, davon einige Walt-Disney-Klassiker wie «das Dschungelbuch», «Pocahontas» und «Findet Nemo».
MyPrime listet unter der Kategorie Kinder und Familie noch nicht so viele Zeichentrickfilme (etwa 57 an der Zahl, inklusive Einzelstaffeln), dafür mehr ältere Serien: zum Beispiel alle Episoden der «Biene Maja», alle Staffeln des bekannten japanischen Heidi-Zeichentrickfilms «Heidi», die rührende Geschichte des «Nils Holgersson», «Pinocchio», alle Wickie-Folgen und (oh, bewahre uns) die Teletubbies. Leider funktioniert das Filtern nach Familienfilmen noch nicht so, wie man sich das wünscht.
Fazit: Verirrte Familienväter und -Mütter, die einfach nicht wissen, was ihr Kind mal schauen sollte, dürften sich auf MyPrime besser zurecht finden. Die Angebote halten sich zwar in Grenzen, doch sind wirklich viele schöne Serien darunter, bei denen man sich mitfreuen oder mitschluchzen und Kindheitserinnerungen Revue passieren lassen kann. Kinder, die das nicht so mögen, sollten mit einem Kinderkonto mal Netflix durchwühlen.
Sieger Kategorie Zeichentrickfilme: MyPrime; Sieger Kategorie Kinderfilme: Netflix
Autor(in)
Simon
Gröflin
29.10.2014
29.10.2014