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22.11.2010, 12:23 Uhr
Vergewaltigung? Wikileaks-Gründer will politisches Asyl in der Schweiz
Wikileaks-Gründer Julian Assange wird Vergewaltigung und sexuelle Nötigung vorgeworfen. Er ist international zur Fahndung ausgeschrieben. Jetzt will er in der Schweiz um Asyl ersuchen.
Den letzten riesengrossen Coup landete Wikileaks-Gründer Julian Assange im Oktober mit der Veröffentlichung geheimer Dokumente über den Irak-Krieg. Die New York Times, der britische Guardian und der Spiegel zogen mit und kamen zeitgleich mit Titelstories auf den Markt. Der Spiegel sprach von der «grössten Enthüllung der US-Militärgeschichte». Bereits zwei Monate vorher, im August dieses Jahres, war Assange durch die Veröffentlichung Zehntausender geheimer Afghanistan-Dokumente ins Fadenkreuz gewisser politischer Kreise geraten. Der Vorwurf der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung wurde gegen ihn in Stellung gebracht.
Der 39-jährige Australier weist die Vorwürfe entschieden von sich. Die Schweizer Gratiszeitung «20 Minuten» (vom 19. November) zitiert eine Aussage Assanges mit den Worten: Es gehe um Sex mit einer Politaktivistin und einer Künstlerin, der zwar einvernehmlich gewesen sei, aber gegen den Willen der Frauen ungeschützt stattgefunden habe. Die Anschuldigungen seien erst erhoben worden, nachdem beide Frauen herausgefunden hätten, dass Assange mit beiden gleichzeitig eine Beziehung hatte, schreibt «20 Minuten».
Julian Assange auf der Flucht
Ein Stockholmer Gericht hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft inzwischen stattgegeben und den Wikileaks-Gründer international zur Fahndung ausgeschrieben. Ist Assange tatsächlich ein Vergewaltiger? Mit hundertprozentiger Sicherheit können diese Frage wohl nur die Beteiligten selbst beantworten. Die Umstände, unter denen die Klärung betrieben wird, sind jedoch – vorsichtig formuliert – auffällig merkwürdig. Seit Juni ist Assange auf der Flucht vor den US-Behörden, die ihm die illegale Beschaffung und Verbreitung geheimer Nato-Dokumente vorwerfen.
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Warum in die Schweiz?
Interview mit Télévision Suisse Romandie
Die Galionsfigur der prominenten Whistleblower-Plattform überlegt derweil, Bern um politisches Asyl zu bitten und in der Schweiz eine Wikileaks-Stiftung zu gründen. «Das ist eine Möglichkeit, die wir ernsthaft in Erwägung ziehen», sagte Assange in einem Fernsehinterview mit Télévision Suisse Romande. «Es gibt momentan nur drei Länder auf der Welt, von denen aus wir sicher operieren können: die Schweiz, eventuell Island und möglicherweise Kuba», so Assange. Kuba dürfe nicht infrage kommen. Einem westlichen Journalisten sollte es möglich sein, sich in der westlichen Welt sicher zu fühlen und seiner Arbeit nachzugehen. Ein entsprechender Antrag, den Assange in Schweden stellte, wurde jedoch abgelehnt.
Aber auch in der Schweiz hat Assange nicht nur Freunde. Die Schweizer Privatbank Julius Bär hatte vor zwei Jahren in Kalifornien gegen Wikileaks geklagt, die Klage nach Protesten US-amerikanischer Bürgerrechtler aber wieder zurückgezogen. Davor hatte Wikileaks einen Hintergrundbericht über die Aktivitäten der Privatbank im Web veröffentlicht. Der Artikel ist zurzeit nicht zugänglich.
Berufung eingelegt
Assange hat am Freitag, 19. November, Einspruch gegen den in Schweden gegen ihn erlassenen Haftbefehl wegen Vergewaltigung eingelegt. «Ich habe gerade Berufung eingelegt», sagte Björn Hurtig, der schwedische Anwalt des Australiers, der Nachrichtenagentur AFP. Ein Berufungsgericht muss nun klären, ob der am 18. November gegen den Wikileaks-Frontmann erlassene internationale Haftbefehl aufrecht erhalten wird.
Autor(in)
Michael
Kurzidim
23.11.2010