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15.07.2002, 12:45 Uhr
Spionage im Alltag
Immer mehr Unternehmen sammeln täglich Daten über ihre Kunden – teils ohne deren Wissen. Als Begründung wird oft die einfachere und bessere Berücksichtigung der Konsumentenbedürfnisse angegeben. Ob wir jedoch damit einverstanden sind und was mit den erfassten Informationen alles geschehen kann, scheint die Wirtschaft nur selten zu interessieren.
Vor wenigen Wochen berichtete die SonntagsZeitung [1], dass Musiksoftware-Hersteller wie Microsoft und RealNetworks bewusst Anwenderdaten sammeln. Als Beispiel wurde der Windows Media Player 8 genannt: Dieser meldet alle abgespielten CD- und DVD-Titel sowie die eigene Seriennummer an die amerikanische Microsoft-Datenbank. Falls der Benutzer zusätzlich den MediaPlayer-Newsletter abonniert hat oder Mitglied von Microsofts Internetdienst Passport ist, werden ausserdem E-Mail-Adresse bzw. weitere Personendaten zusammen mit Angaben zu Film- und Musikvorlieben in die USA gesendet und schön säuberlich erfasst. Zwar verpflichtet sich Microsoft im Gegensatz zu RealNetworks, die Informationen nicht an Drittpersonen weiterzugeben, diese Zusicherung ist aber laut SonntagsZeitung wertlos, da der Redmonder Konzern verschiedene Ausnahmesituationen zulässt.
Einer der wichtigsten Motivationsfaktoren für das Sammeln von Konsumentendaten sind sicherlich Werbezwecke. CRM (Customer Relationship Management) ist ein aktuelles Schlagwort in der Wirtschaft und meint Marketing, das speziell auf die Beziehung zwischen dem Kunden und dem Unternehmen abzielt. Kennt ein Konzern die genauen Vorlieben und Bedürfnisse seines Kunden, kann er ihm gezielt Produkte anbieten, die ihn wirklich interessieren: Endlich ist Schluss mit Würstchenwerbung für Vegetarier und Whiskas-Spotts für notorische Katzenhasser. Im Vordergrund stehe schliesslich nur das Wohl des Konsumenten, so die Begründung vieler Unternehmen für ihre Datensammelwut.
Die neue Marketingstrategie der Webetreibenden birgt aber auch Gefahren in sich und dem Benutzer stellen sich viele Fragen: Was geschieht beispielsweise, wenn die erfassten Informationen in falsche Hände gelangen oder sich fehlerhafte Angaben in den Personenprofilen einnisten? Wie gut sind die Daten geschützt und ist es rechtlich überhaupt zulässig, blindlings alles über jeden und jede zu registrieren? Der schweizerische Datenschutz [2] verneint die letzte Frage eindeutig. Personenbezogene Informationen dürfen nur mit Einverständnis der Betroffenen erfasst werden. Falls diese Bedingung nicht erfüllt ist, kann juristisch Einspruch erhoben werden. Leider gestaltet sich der rechtliche Weg gerade bei US-Unternehmen nicht gerade einfach, da in den USA der Datenschutz weniger streng geregelt ist als in Europa.
Es sind aber nicht nur US-Unternehmen wie Microsoft oder RealNetworks, die alles Wissenswerte über ihre Benutzer anhäufen. Konsumentendaten sind in der ganzen Werbewirtschaft ein wertvolles Gut. Viele Unternehmen - und zwar nicht nur im Internet - erfassen heute Informationen über Kunden. Teils mit, teils ohne deren Wissen. Als weitere Beispiele erwähnt seien nur Migros [3] mit der Cumulus-Karte oder auch das Online-Versandhaus Amazon [4], das personenbezogene Werbung auf seiner Website einblendet.
Falls Sie also nicht wünschen, dass jemand Ihre Einkaufsgewohnheiten auf Schritt und Tritt überwacht, Ihre genauen Essgewohnheiten erfasst und weiss, welche Musik Sie am liebsten hören, ist es wichtig, dass Sie Ihre Datenschutzrechte kennen. Eine gute Anlaufstelle für weitere Informationen sowie Hilfe rund um das Thema ist die bereits erwähnte Website des dsb Zürich.
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