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16.02.2006, 12:45 Uhr
Parlamentarische IT-Plattform wird zur Pornoseite
Unter der ehemaligen Webadresse der parlamentarischen Gruppe «Informationstechnologie» findet sich seit kurzem eine üble Schmuddelseite – die früheren Betreiber sind machtlos.
Wie schnell seriöse Webseiten in die Hände von dubiosen Anbietern gelangen können, zeigt ein aktueller Fall. Während fünf Jahren betrieb die parlamentarische Gruppe "Informationstechnologie" eine Plattform zur Förderung von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Schweiz. Ende Oktober 2005 schloss sich die Gruppe mit der Initiative "ePower für die Schweiz" [1] zusammen und gab ihre Domain [2] ab.
Die Firma Diablo Management Limited mit Sitz auf der Karibikinsel Anguilla missbrauchte die Gelegenheit, um auf dem früheren IT-Portal eine üble Schmuddelseite aufzuschalten - unzensiert und ohne den für die Schweiz vorgeschriebenen Altersschutz. Das Peinliche: Noch immer verlinken offizielle Seiten von Bund und Hochschulen auf das Pornoportal, so etwa "Ritter der Kommunikation" vom Bundesamt für Kultur oder die ETH Zürich und die Universität St. Gallen.
Martin Baltisser, Geschäftsführer von Mediapolis und früherer Sekretär der parlamentarischen Gruppe "Informationstechnologie", ist überrascht und verärgert, als ihn der PCtipp mit der Pornoseite konfrontiert. "Wir haben nie mit so etwas gerechnet, als wir das Portal auflösten", so Martin Baltisser. Es sei unschön, dass noch immer offizielle Bundesseiten auf die frühere IT-Plattform verlinkten; den Zusammenschluss mit "ePower für die Schweiz" habe man aber deutlich kommuniziert. Rechtliche Möglichkeiten sieht Martin Baltisser keine, um gegen den neuen Betreiber vorzugehen. "Wir haben die Domain abgegeben und die Adresse war kein eingetragener Markenname". Da die neu aufgeschaltete Seite gegen Schweizer Recht verstosse, habe man aber die KOBIK (Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internet-Kriminalität) [3] informiert.
Auch der schweizerischen Domain-Verwalterin Switch [4] sind die Hände gebunden. "Ohne Gerichtsbeschluss können wir die fragliche Website nicht einfach sperren", sagt Switch-Sprecher Marco D'Alessandro auf Anfrage. Dass es je einen Gerichtsbeschluss geben wird, ist unwahrscheinlich. Laut Guido Balmer vom Mediendienst des Bundesamts für Polizei [5] müsste die Seite für eine strafrechtliche Verfolgung einen eindeutigen Schweizbezug haben. Dieser sei mit der Domain-Endung .ch nicht gegeben. Der Inhalt müsse von der Adresse getrennt behandelt werden. "Dabei gibt es Im vorliegenden Fall keinen Schweizbezug. Für die Beurteilung des Inhalts gelten die Bestimmungen des Landes, in dem dieser hergestellt wird", so Guido Balmer. Die KOBIK habe nach Eingang der Verdachtsmeldung aber damit begonnen, jene Stellen der Bundesverwaltung ausfindig zu machen und zu benachrichtigen, die noch per Link auf die Pornoseite verweisen würden.
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