Kommentar
24.10.2006, 14:45 Uhr
Kommentar: Naive Wunschvorstellungen
Geraten im Internet persönliche Daten an die Öffentlichkeit, geht ein Aufschrei der Entrüstung durch die Surf-Gemeinde. Doch die ist manchmal einfach nur naiv.
Die Entrüstung war gross. Erboste Nutzer der Online-Plattform Ricardo machten ihrem Ärger mit E-Mails an den PCtipp Luft: "Jeder sieht meine Einkäufe!" und "Krasse Datenschutzverletzung". In einer neuen Version von Ricardo.ch [1] war es jedem Besucher plötzlich möglich, mit einem einfachen Mausklick die Geschäfte eines Nutzers während der letzten Monate einzusehen.
Klar, diese Neuerung ist von den wenigsten Nutzern erwünscht. Aber warum eigentlich die ganze Aufregung? Dass im Internet die meisten Aktivitäten aufgezeichnet werden, ist nun wirklich nichts Neues. Zwar schlummern diese Daten normalerweise im Dunkeln, aber dass von Zeit zu Zeit welche an die Oberfläche dringen, lässt sich kaum vermeiden. Die Entrüstung ist umso unverständlicher, wenn man die bewusste Verbreitung von persönlichen Daten im Internet bedenkt. Oder würden Sie im richtigen Leben etwa Ihre Ferienfotos an einem Schwarzen Brett aushängen oder unbekannten Personen Ihre Visitenkarte in die Hand drücken? Wohl kaum. Eher würde man dies als Leichtsinn abtun. Tatsache ist: Die Veröffentlichung von Daten im Internet ist noch weit gefährlicher als ein Ferienbild am Schwarzen Brett. Das ist nach drei Tagen wieder vergessen - ein Online-Fotoalbum kann aber auch nach Jahren wieder auftauchen.
Das Internet ist unpersönlich - davon auf Anonymität zu schliessen, ist aber ein Trugschluss. Wer unüberlegt Daten ins Netz stellt und sich später über eine Veröffentlichung beschwert, ist ganz einfach naiv und hat eines vergessen: Der scheinbar unsichtbare Surfer ist in Wirklichkeit ein gläserner.
Immerhin: Ricardo hatte ein Einsehen und machte die Veröffentlichung wieder rückgängig.
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