Kommentar 22.10.2010, 06:00 Uhr

Hunderttausend Höllenhunde

Zur Idee der automatischen Zensur von Kraftausdrücken in einer SMS habe ich eine klare Meinung. Die kann ich hier allerdings nicht treffend ausformulieren, da sonst der Newsletter aufgrund des Fäkalfilters nicht bei Ihnen ankommt.
Apple hat eine SMS-Zensurfunktion patentieren lassen. Lustig zwar, aber eigentlich auch ein Zeugnis von den schrägen Moralvorstellungen auf der anderen Seite des Atlantik: Du darfst zwar Kindern Filme zeigen, in denen Gewalt und Mord als spassige Lösung von Problemen präsentiert wird, doch wenn dabei jemand «fuck» sagt, wird das zensiert. In dieser Hinsicht gefällt es mir bei uns besser. Stephan Pörtner hat seinen Fortsetzungskrimi im Tagblatt der Stadt Zürich (hier komplett herunterladen) mit dem schönen einheimischen Schimpfwort «tamisiech» begonnen. Offenbar hielt er das für eine super Idee, denn der neue Fortsetzungskrimi (hier erst teilweise herunterladen) beginnt genau gleich.
Auf Schweizerdeutsch wird die Autozensur eh nie funktionieren. Zum Glück! Was meinen Sie, wieso die Chaschperli-Kassetten so beliebt waren? Weil da alle drauflosschimpfen, als gäbe es kein Morgen. Die Kraftausdrücke sind zwar kindergerecht verharmlost, potz Holzöpfel und Zipfelchappe, dafür werden sie um so exzessiver verwendet. Das gefällt Kindern, und zu Schaden kommen sie dabei nicht. Auch nicht beim enzyklopädischen Fluchvokabular des grossen Kapitän Haddock. Es beweist, dass Fluchen in seiner höchsten Vollendung die Synthese von Kunst und Spitzensport ist.
Ich bin dafür, dass man die Dinge möglichst treffend beim Namen nennt. Denn man kann das Unerwünschte nicht aus der Welt schaffen, indem man es nicht mehr ausspricht. Es gibt nicht weniger Probleme, wenn wir stattdessen nur noch von Herausforderungen sprechen, wie Ihnen jeder IT-Supporter bestätigen kann.

Autor(in) David Lee



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