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21.07.2011, 10:25 Uhr
Gratis-WLAN im Postauto
PostAuto testete vier Monate lang den kostenlosen Internetzugriff im Fahrzeug. Das könnte die SBB in Zugzwang bringen.
Während Reisende in Zügen hierzulande für den drahtlosen Onlinezugang kräftig in die Tasche greifen müssen, lässt PostAuto Schweiz seine Fahrgäste kostenlos im Internet surfen. Einen Pilot im Wallis schloss die Post-Tochter jüngst ab. Auf drei Routen im Raum Sion wurden insgesamt sechs Fahrzeuge mit einem WLAN-Access-Point ausgestattet. Über eine verschlüsselte Mobilfunkverbindung realisierte PostAuto zusammen mit dem Provider tpn den Internetzugang.
Um in den Genuss des Gratis-Zugangs zu kommen, mussten sich Fahrgäste lediglich einmalig mit einer E-Mail-Adresse registrieren. Anhand der MAC-Adresse erkannte der Access Point bereits registrierte Geräte, so dass sich zum Beispiel Pendler nicht jeden Tag neu anmelden mussten.
PostAuto protokollierte am Backend die Nutzungsdaten wie Anzahl der Reisenden mit WLAN oder das Download-Volumen pro Fahrzeug. Sämtliche Daten wurden unabhängig von E-Mail- und MAC-Adressen erhoben, so dass PostAuto für die Auswertung des Pilots anonymisierte Kennzahlen vorliegen. Laut Pascal Müller vom Innovationsmanagement-Team bei PostAuto Schweiz diente der Testlauf einer Evaluation, ob ein WiFi-Angebot in den Fahrzeugen auf das Interesse der Passagiere trifft. «Die erhobenen Kontaktdaten sind Eigentum von PostAuto Schweiz und werden ausschliesslich für die Auswertung benutzt», gebietet Müller Bedenken von Datenschützern Einhalt.
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WiFi statt teure Handy-Downloads
Der Pilot startete gemäss dem PCtipp.ch vorliegenden Projektbericht Anfang März und wurde Ende Juni abgeschlossen. Für die Auswertung der Nutzungsdaten wurde der Zeitraum zwischen dem 1. April und 10. Juni gewählt. Insgesamt nahmen 2948 Fahrgäste an dem Test teil, die im Rahmen von 3881 Sessions das WLAN im Postauto nutzten. Während der Sitzungen wurden insgesamt 14,2 GByte Daten aus dem Internet geladen.
Auf den einzelnen Nutzer herunter gebrochen bedeutet das knapp 4,5 MByte Download-Traffic pro Tag. Im Mittel nutzten zwischen 14 und 22 Fahrgäste das WiFi regelmässig. Rund 47 Prozent meldeten sich während jeder Fahrt an, 30 Prozent während jeder zweiten Tour. Lediglich 12 Prozent gaben an, nur einmal auf das Internet zugegriffen zu haben.
Die Auswertung über die Zeit ergibt, dass der Zugang verstärkt von Pendlern genutzt wird. An Arbeitstagen sind mehr Nutzer zu verzeichnen als an Wochenenden. Ausserdem zeigt sich ein tendenzieller Anstieg der Benutzerzahlen mit fortscheitender Dauer des Pilots. WiFi im Postauto erfreute sich offenbar wachsender Beliebtheit.
Die Auswertung über die Zeit ergibt, dass der Zugang verstärkt von Pendlern genutzt wird. An Arbeitstagen sind mehr Nutzer zu verzeichnen als an Wochenenden. Ausserdem zeigt sich ein tendenzieller Anstieg der Benutzerzahlen mit fortscheitender Dauer des Pilots. WiFi im Postauto erfreute sich offenbar wachsender Beliebtheit.
Jeder Vierte surft mit dem Tablet
Das Smartphone war das mit Abstand am häufigsten genutzte Gerät für den Internetzugriff im Postauto. Fast 92 Prozent der Fahrgäste gaben in einer Befragung an, meist mit ihrem Mobiltelefon online gewesen zu sein. Immerhin noch ein Drittel (34 Prozent) der Fahrgäste arbeiteten grösstenteils an ihrem Notebook, 24 Prozent nutzten ein Tablet. Bei der Befragung waren Mehrfachantworten zugelassen, da ein Fahrgast durchaus am Laptop eine Software herunterladen und gleichzeitig am Handy Nachrichten lesen konnte.
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warten auf das Postauto mit WLAN
Für die grosse Mehrheit der Postauto-Surfer stand das Browsen im Web im Vordergrund. Über 97 Prozent nutzten das WiFi für den Informationsabruf, etwa das Lesen von Online-Zeitungen. Neben der Informationssammlung waren das Abrufen von E-Mails (94 Prozent) und der Zugriff auf Apps (85 Prozent) Gründe für das Login in das WLAN. Weniger frequentiert waren Anwendungen, die viel Datentraffic verursachen, etwa Videos (55 Prozent), Musik (45 Prozent) oder Online-Spiele (16 Prozent).
Laut Alain Gretz, Leiter der Filiale Sitten bei PostAuto Schweiz, sprechen zwei Argumente für den Ausbau des WLAN-Angebots. Erstens sei das Gratis-Internet ein gutes Mittel, um junge Leute in den öffentlichen Nahverkehr zu locken. «Die Jugendlichen können Mobilfunkgebühren und Geld fürs Benzin sparen», führt Gretz aus. «Auch für Touristen ist das WLAN attraktiv. Statt die teuren Internetzugänge im Hotel zu bezahlen, können sie während der Fahrt mit dem Postauto Infos über die Region abrufen und ihren Tagesausflug planen», sagt der Manager.
Warten auf das Postauto mit WLAN
Das Urteil der Fahrgäste scheint Gretz Recht zu geben: 99 Prozent sprachen sich für den Ausbau von WiFi im Postauto aus, circa 53 Prozent gaben an, wegen des Internetzugangs die Fahrzeuge öfter als zuvor zu nutzen. «In Sion warten die Schüler zum Teil gezielt 30 Minuten, bis das nächste Postauto mit WLAN verkehrt», schildert Gretz seine Beobachtungen.
Allerdings entsteht für den Post-Konzern durch das zusätzliche Service-Angebot offenbar kein neues Geschäftsfeld. Schon bei einer Jahresgebühr von zehn Franken würden nur noch 30 Prozent der Fahrgäste das WLAN nutzen. Ein werbefinanzierter Zugang – bei dem etwa eine Nachricht eines Sponsors vor jeder WiFi-Session eingeblendet würde – wäre für die Mehrheit dagegen akzeptabel. 75 Prozent der Befragten sagten aus, dass sie einen anzeigenfinanzierten Onlinezugang verwenden würden. Ebenso gross ist der Anteil der Nutzer, die mehr persönliche Daten bei der Registrierung preisgeben würden, etwa ihre Adresse oder eine Telefonnummer. Während des Pilots waren nur der Name und die E-Mail-Adresse für den Login erforderlich.
Allerdings entsteht für den Post-Konzern durch das zusätzliche Service-Angebot offenbar kein neues Geschäftsfeld. Schon bei einer Jahresgebühr von zehn Franken würden nur noch 30 Prozent der Fahrgäste das WLAN nutzen. Ein werbefinanzierter Zugang – bei dem etwa eine Nachricht eines Sponsors vor jeder WiFi-Session eingeblendet würde – wäre für die Mehrheit dagegen akzeptabel. 75 Prozent der Befragten sagten aus, dass sie einen anzeigenfinanzierten Onlinezugang verwenden würden. Ebenso gross ist der Anteil der Nutzer, die mehr persönliche Daten bei der Registrierung preisgeben würden, etwa ihre Adresse oder eine Telefonnummer. Während des Pilots waren nur der Name und die E-Mail-Adresse für den Login erforderlich.
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Pläne für WiFi im Postauto
Geht es nach den Projektbeteiligten Pascal Müller und Alain Gretz, gibt es zum kostenlosen WLAN im Postauto keine Alternative. Insbesondere, da die Konkurrenz nicht schläft: Im Nachbarland startet Ende Jahr die Wiener Westbahn mit Gratis-Internet auf der Schiene. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) lassen sich nicht lumpen und wollen den Zugang ebenfalls ohne Aufpreis offerieren – auch auf der «railjet»-Strecke zwischen Wien und Zürich.
In der ersten Klasse ausgewählter Züge offeriert die SBB hierzulande den drahtlosen Internetzugang – allerdings nur gegen Bezahlung. Gemeinsam mit Swisscom hat die SBB vor rund drei Jahren 75 Wagons mit Access Points ausgerüstet. Die Kunden des Schweizer Telekom-Marktführers zahlen vier, Käufer eines Prepaid-Gutscheins sechs Franken pro Stunde.
Laut SBB-Sprecher Reto Kormann ist kostenloses WLAN in Zügen zurzeit «kein Thema». Auf Anfrage stellte Kormann aber in Aussicht, dass für die neuen Fernverkehr-Doppelstockzüge ein WLAN-Angebot in Abklärung respektive Planung sei. Der Hersteller Bombardier werde ab 2014 mit der Auslieferung der 59 Kompositionen beginnen.
Laut SBB-Sprecher Reto Kormann ist kostenloses WLAN in Zügen zurzeit «kein Thema». Auf Anfrage stellte Kormann aber in Aussicht, dass für die neuen Fernverkehr-Doppelstockzüge ein WLAN-Angebot in Abklärung respektive Planung sei. Der Hersteller Bombardier werde ab 2014 mit der Auslieferung der 59 Kompositionen beginnen.
Hohe Kosten für WLAN im Postauto
Während die SBB laut eigenen Angaben circa 347 Millionen Reisende pro Jahr befördert, kommt PostAuto Schweiz mit mehr als 2000 Fahrzeugen immerhin auf 120 Millionen Fahrgäste. Gemäss dem Sittener Filialleiter Gretz sind in den zehn Postautos zwischen Sion und Martigny jährlich eine Million Personen unterwegs. Zurzeit verfügen auf dieser Strecke drei Fahrzeuge über WLAN. «Gerne würde ich alle zehn Fahrzeuge mit Internet ausstatten, um die Attraktivität des Beförderungsmittels weiter zu erhöhen», sagt Gretz.
Ein starkes Gegenargument sind die Kosten. Allein für die Handy-Flatrate der Swisscom zahlte PostAuto rund 70 Franken pro Fahrzeug und Monat. Für die gesicherte VPN-Verbindung, die Backendsysteme des Zürcher Providers tpn und das Registrierungsportal kam noch ein fünfstelliger Betrag hinzu.
Ein starkes Gegenargument sind die Kosten. Allein für die Handy-Flatrate der Swisscom zahlte PostAuto rund 70 Franken pro Fahrzeug und Monat. Für die gesicherte VPN-Verbindung, die Backendsysteme des Zürcher Providers tpn und das Registrierungsportal kam noch ein fünfstelliger Betrag hinzu.
Laut Projektleiter Müller könnten die Kosten zum Beispiel gesenkt werden, indem statt zweier nur eine VPN-Verbindung das Postauto mit Internet versorgt. Heute speist eine Leitung die Info-Bildschirme in den Fahrzeugen, die zweite versorgt Fahrgäste mit WLAN. Grund für die separaten Verbindungen sei die fehlende Priorisierung, denn auf den Displays würden Reisende bei einem Defekt am Fahrzeug auch gewarnt. «Dafür ist in der aktuellen Konfiguration eine eigene Leitung notwendig», erklärt Müller. Bei einem Unfall würde vermutlich aber auch kein Fahrgast mehr ins Internet gehen.
Die abschliessende Bewertung des Pilots von Seiten PostAuto Schweiz steht zurzeit noch aus, schliesst Müller an. Über die Zukunft des Gratis-Internets sagte Post-Chef Jürg Bucher an der Bilanz-Medienkonferenz Ende März: «Fallen die Testergebnisse positiv aus, werden wir den kostenlosen WiFi-Zugang auf die ganze Postauto-Flotte ausdehnen.»
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