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11.09.2018, 08:57 Uhr
Ehrenamtliche von Wikipedia streiken
Wer heute die deutschsprachige Webseite aufruft, kann nicht wie üblich auf die Informationen zugreifen. Die Freiwilligen protestieren damit gegen die EU-Urheberrechtsreform.
Wer heute die deutschsprachige Wikipedia aufruft, erblickt eine grosse Textbox mit dem Titel: «An all unsere Lesenden in der Europäischen Union. Es braucht jetzt ein zeitgemässes Urheberrecht.» Mit der Protestaktion wollen die Ehrenamtlichen der Wikipedia mit Unterstützung von Wikimedia Deutschland und der Wikimedia Foundation auf die Kollateralschäden für das freie Internet aufmerksam machen. Diese drohe durch die EU-Urheberrechtsreform in ihrer jetzigen Form, schreibt Wikimedia Deutschland in einer Mitteilung. Es ist die erste solche Protestaktion seit 2012.
Fast zwei Jahrzehnte nach der letzten Urheberrechtsreform habe Europa die seltene Gelegenheit, das Urheberrecht zu korrigieren. Dies, indem es Regeln verabschiede, welche die Art und Weise widerspiegeln, wie Menschen heute online Inhalte schaffen und teilen. «Mit der heutigen Aktion wehren sich die Autorinnen und Autoren der deutschsprachigen Wikipedia jedoch gegen einen Reformvorstoss, der einen allzu weitgehenden Eingriff der Politik in die Haftungsregeln des Netzes darstellt», heisst es in der Mitteilung weiter.
Am Mittwoch, 12. September, stimmt das Europäische Parlament über Änderungen im EU-Urheberrecht ab. Die Reform soll Kreativen eine bessere Verhandlungsposition gegenüber grossen Plattformen wie YouTube bescheren. Allerdings kann dies je nach Ausgestaltung auch einschneidende Folgen für Freiwilligenprojekte wie Wikipedia oder die freie Datenbank Wikidata haben.
Gegen Upload-Filter und Verlegerrecht
Als zentralen Beweggrund für die Protestaktion nennt Wikipedia den «weiterhin drohenden» flächendeckenden Einsatz von Upload-Filtern und eine mögliche Lizenzpflicht für Verweise auf Pressequellen.
Rund 250 Änderungsanträge wurden zur morgigen, zweiten Abstimmung im Europäischen Parlament eingereicht. Für Wikipedia spiegeln diese «nicht nur die polarisierende Wirkung der zur Debatte stehenden Massnahmen innerhalb der Parlamentsfraktionen wider, sondern zu Teilen auch den breiten und deutlichen Widerstand aus Zivilgesellschaft, Verbraucherschützern und Industrieverbänden, der sich seit Anfang des Jahres formiert hat».
Im Februar hatte ein Bündnis aus Wikimedia Deutschland, Bitkom, der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und weiteren in einem offenen Brief vor den Folgen einer flächendeckenden Vorfilterung von Inhalten für Freiheit und Vielfalt des Internets gewarnt.
Der Protest der Wikipedianerinnen und Wikipedianer konzentriere sich auf die umstrittensten Punkte der Reformvorschläge: die Upload-Filter und das Verlegerrecht. Gemeinsam mit der Wikimedia Foundation informieren die europäischen Wikimedia-Länderorganisationen auf fixcopyright.wikimedia.org über weitere Änderungsvorschläge.
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