«Huānyíng» JD.com
15.11.2023, 10:53 Uhr
Media Markt Schweiz bald unter chinesischer Flagge?
Der chinesische Onlinehandelsriese JD.com greift nach der Mediamarkt-Saturn-Holding respektive den Elektronikketten des deutschen Unternehmens. Wie weit die Verhandlungen sind, und was das für die Schweizer Detailhandelslandschaft bedeuten könnte, erklärt der PCtipp.
Wie das Manager Magazin heute berichtet, laufen schon seit diesem Sommer Verhandlungen über einen Einstieg von JD (JD.com) bei «Ceconomy», der deutschen Muttergesellschaft von Media Markt und Saturn. Für die Schweiz ist, nach dem Rückzug von Saturn, Media Markt das Zünglein an der Waage. Der chinesische Onlinehändler spricht laut einer mit der Sache vertrauten Person mit Ceconomy-Aktionären wie Haniel über den Einstieg beim deutschen Elektronikriesen, der rund 1’000 Filialen von Saturn und Media Markt betreibt. In der Schweiz sind es insgesamt 25 Filialen (16 im deutschsprachigen Raum, 7 in der Westschweiz und im Tessin).
PCtipp wills wissen: Wird Media Markt Schweiz auch bald in chinesischer Obhut sein?
Laut den uns vorliegenden Informationen ist der Deal aber noch alles andere als sicher. Neben der Finanzierung soll wohl auch «kulturell» noch nicht alles ganz rund laufen. Zurerst zum finanziellen Anreiz...
Darum geht’s: für eingefleischte Finanzakrobaten
Bei Haniel (=Grossaktionär) geht es insgesamt um einen Anteil von 16,7 Prozent. Als Geldinstitut und wohl auch in so etwas wie in einer beratenden Funktion bei der Annäherung/möglichen Deal tätig, ist die Deutsche Bank. JD soll, so die Quelle, auch mit anderen Grossaktionären sprechen. Zu ihnen zählen unter anderem die Nachfahren der Handelsdynastien Beisheim und Schmidt-Ruthenbeck. Nimmt man nun alle drei Aktionäre zusammen, kommen diese auf einen Anteil etwa 33 Prozent. Wichtig: Erreicht ein Anteilseigner die Schwelle von 30 Prozent, ist er zu einem Pflichtangebot an alle übrigen (!!) Aktionäre verpflichtet. Hintergrund: Beteiligt an Ceconomy ist auch die Familie des Mediamarkt-Mitgründers Erich Kellerhals mit gut 29 Prozent sowie der Mobilfunkanbieter Freenet mit einem Anteil von 6,7 Prozent. Zuletzt vermeldete Ceconomy Ende Oktober deutlich verbesserte Zahlen. Der Umsatz stieg im abgelaufenen Geschäftsjahr um 2,2 Prozent auf etwa 21 Mrd. Franken. Und noch wichtiger aus Sicht der Konzernzentrale: Der Ausblick auf das wichtige Weihnachtsgeschäft fiel optimistisch aus.
Meinung: Fernost fasst Fuss
JD will in Europa Fuss fassen. Kommt es zu einer Übernahme, wäre Ceconomy mit umgerechnet einem Börsenwert von rund 1 Mrd. Franken fast schon ein Schnäppchen, vor allem aber eine günstige Eintrittskarte in den europäischen Einzelhandelsmarkt - online wie auch stationär mit den vorhandenen Ladengeschäften, versteht sich. Der Clou: Der chinesische Onlinehändler hätte mit einem Male einen funktionierenden Zugang respektive so etwas wie eine Seidenstrasse für seine Waren in Europa etabliert.
Für die Schweizer Elektro-Einzelhandel-Landschaft bedeutet dies ebenso ein Paukenschlag. Media Markt, der zwar keinesfalls schlecht performt, bekäme aber plötzlich einen direkten Zugang zu den chinesischen Waren respektive Handelsketten. Und da muss man wohl auch kein Prophet sein, dass daraus wiederum ganz schnell ein neuer Preisdruck entstehen könnte, der alle anderen im Schweizer Markt befindlichen Händler empfindlich treffen könnte.
Es wird an allen Ecken und Enden gebohrt
Allerdings, auch das sei gesagt, bohren bereits andere Händler, schon seit längerer Zeit, mehr oder weniger dicke Bretter. Allen voran Amazon. So greift der amerikanische Online-Händler immer stärker ein. Viele seiner Produkte lassen sich mittlerweile problemlos über den Shop bestellen und in die Schweiz direkt in den Briefkasten oder vor die Türe liefern. Daneben machen sich aber auch andere, ebenso rein auf den Onlinehandel spezialisierte Unternehmen wie Aliexpress, Shein oder ganz neu Temu breit. Diese verkaufen Kleidung, Elektronik bis hin zu Haushaltswaren sehr billig, und liefern ebenso in die Schweiz. Vor allem Temu geht mit einer äusserst aggressiven Werbung, die vor allem junges Volk anspricht, dabei aber auch extrem günstige Preise bietet, zu Werke.
Zu viel Konkurrenz ruiniert das Geschäft? Etablierte Schweizer Händler müssen sich wohl oder übel auf weiteren Wettbewerb einstellen. Vornehmlich aus Fernost. Zwar belebt Konkurrenz ja bekanntlich das Geschäft. Zuviel davon dürfte aber auf Dauer wohl keinem schmecken. Das Problem an der Sache: Der Markt, so wie er derzeit aufgestellt ist, will immer tiefere Preise, Kunden wollen aber keinesfalls auf Qualität verzichten. Ob das auch noch in Zukunft immer weiter so funktioniert, ist mehr als fraglich. So, oder so: Sicherlich steckt in dem Mischverhältnis viel Sprengkraft drin. Richtig problematisch wirds, wenn sich der berühmte Funke entzündet…
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