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10.03.2015, 09:08 Uhr
NSA-Affäre: «Die Schweiz ist auf vielen Ebenen betroffen»
Die Schweiz ist akut von Überwachungsaktionen der Geheimdienste NSA und GCHQ betroffen. Wir haben mit einem Mitverfasser des Reports über Freiheit, den Schweizer Geheimdienst und limitierte Politiker gesprochen.
«Bin auch ich betroffen?»: Diese Frage stellt sich wohl jeder, seit Edward Snowden ein globales Überwachungsnetz der Geheimdienste NSA und GCHQ aufgedeckt hat. Die Digitale Gesellschaft hat die Berichte der letzten Jahre genauer angeschaut als alle Medien und Politiker zusammen und zeigt auf, dass die Schweiz keineswegs verschont wird. Es gibt Abhöranlagen der NSA in Genf und im Wallis, Diplomaten stehen auf Überwachungslisten und wer denkt, unbewacht telefonieren zu können, träumt. Die genauen Überwachungsmassnahmen wurden in einem Bericht veröffentlicht, dessen Zusammenfassung wir gleichzeitig mit diesem Interview veröffentlichen. Weil jede Geschichte zwei Seiten hat, haben wir Erik Schönenberger, Mitglied der Digitalen Gesellschaft und Mitverfasser des Berichts, ein paar kritische Fragen gestellt.
PCtipp.ch: Die Medien sind voll von Meldungen über die NSA-Affäre. Warum braucht es da Ihren Bericht noch obendrauf?
Erik Schönenberger: Weil es bisher nur Einzeldokumente gab und die direkte Betroffenheit der Schweiz daraus wenig ersichtlich war. Unser Bericht zeigt, dass wir auf vielen verschiedenen Ebenen von der Massenüberwachung betroffen sind. Wir hoffen auch, dadurch eine gesellschaftliche und politische Diskussion anstossen zu können.
Eine Diskussion anstossen? Von NSA und GCHQ ist seit Jahren überall zu lesen, Edward Snowden erhielt schon Auszeichnungen.
Das Problem ist, dass die Thematik sehr vielschichtig ist. Solange die eigene Betroffenheit nicht zutage tritt, interessieren die Menschen die Auswirkungen dieser Überwachungen nicht.
Die eigene Betroffenheit war doch nie offensichtlicher? Heute sind Daten eine Währung, die man handeln kann, um Dienstleistungen wie Facebook oder WhatsApp gratis nutzen zu können.
Ja. Aber das ist ein Unterschied zur Massenüberwachung. Bei Facebook kann ich immer noch ein Stück weit selbst bestimmen, welche Informationen preisgegeben werden sollen. Und wenn ich darauf keine Lust habe, bin ich dort nicht aktiv. Anders ist es aber, wenn ich, um nicht abgehört zu werden, auf Handy und Computer verzichten müsste. Dann könnte ich nicht mehr an der Gesellschaft teilhaben.
Sie fordern eine Gesellschaft, in der vollständig auf Überwachung durch den Staat verzichtet wird? 100 Prozent Freiheit, 0 Prozent Sicherheit?
Nein, natürlich nicht. Aber wenn die Überwachung jedoch flächendeckend und ohne Anfangsverdacht geschieht, haben wir ein Problem. Wenn dazu durch Geheimdienste beispielsweise private Firmen unterwandert oder Codes gestohlen werden, wird die rechtsstaatliche Ebene verlassen.
Sie sprechen davon, dass die Überwachung nicht ohne Anfangsverdacht geschehen soll. Aber wie soll der Anfangsverdacht überhaupt entstehen, wenn nicht überwacht wird?
Der kann von vielen Seiten kommen. Das können Hinweise von Privaten sein, etwas, das man im Web liest, oder andere Quellen. Dazu ist es aber nicht nötig, flächendeckendes Online-Monitoring zu machen. Natürlich, das wäre aus Sicht der Behörden kostengünstiger als klassische Polizeiarbeit. Aber der gesellschaftliche Preis dafür ist zu hoch.
Apropos Hinweise: Es gibt nur eine Quelle - Edward Snowden. Aus diesem Grund wollte beispielsweise die Schweizer Bundesanwaltschaft die NSA-Aktivitäten nicht untersuchen, weil sie sich nicht auf nur eine Quelle verlassen konnte.
Das ist sicher ein kritischer Punkt. Er zeigt aber gerade auch das Dilemma. Geheimdienste arbeiten weitgehend ausserhalb direkter und wirksamer Kontrolle. Mir ist auch kein Fall bekannt, wo die Geheimdienste den Berichten widersprochen hätten. Es wird wohl relativiert und behauptet, dass alles im rechtlichen Rahmen geschehen würden. Dass sie aber daraus aus sind, sämtliche unsere digitalen Spuren zu verfolgen, scheint offensichtlich.
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Autor(in)
Fabian
Vogt
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