News 12.03.2015, 11:40 Uhr

Letzter Widerstand gegen das Nachrichtendienstgesetz

Mit einem neuen Gesetz kann der Schweizer Nachrichtendienst auch auf den ganzen Datenverkehr des Internets zugreifen. Gegner versuchen im letzten Moment, den Nationalrat davon abzubringen.
Netzaktivisten werden es nicht leicht haben mit ihrem Ringen um die Aufhebung des neuen Nachrichtendienstgesetzes, über das nächste Woche im Nationalrat befunden wird. Konkret geht es um die sogenannte «Kabelaufklärung». Der Gesetzesparagraph soll Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, auch den grenzüberschreitenden Datenverkehr übers Glasfasernetz anzuzapfen.
Da fast nur noch die Grünen auf der Seite der Netzaktivisten sind, appelliert die Digitale Gesellschaft, gestützt von der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) und Amnesty International, in einem Offenen Brief an die Politiker, die Kabelaufklärung als Gesetz zu streichen.
«Der Brief wurde bereits an alle Nationalräte verschickt und soll die Politiker aufrütteln, bevor es zu spät ist», sagt Simon Gantenbein, Vertreter der Digitalen Gesellschaft (DigiGes), auf Anfrage.

Suchaufträge nach Raster

Das neue Nachrichtendienstgesetz sieht vor, dass Provider künftig die entsprechenden Datensignale an das Zentrum für elektronische Operationen (ZEO) der Armee weiterreichen. Die Dienststelle würde dann Datenströme nach Stichworten abscannen. Die daraus gewonnenen Informationen, die auf eine Bedrohung der inneren Sicherheit hinweisen, würde die beauftragte Stelle an den Nachrichtendienst des Bundes weiterleiten. 
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Verdachtsunabhängige Überwachung

Verdachtsunabhängige Überwachung?

Die Netzaktivisten kritisieren, dass die Behörden mit dem Kabelaufklärungsgesetz nicht bloss eine Suchfunktion für Metadaten bekämen, sondern auch einen Zugriff auf den ganzen elektronischen Datenverkehr wie Internettelefonie, Mails und Suchanfragen.
Zumal ein Grossteil der Schweizer Internetaktivitäten ohnehin über ausländische Server stattfinden, wären alle von dieser Überwachung betroffen. Man mutmasst, die Kabelaufklärung stelle eine Form der «verdachtsunabhängigen Überwachung» dar, schreiben die Verfasser. Die geplante Kabelaufklärung in der Schweiz erinnere an das Programm «Tempora» des britischen Geheimdienstes GCHQ, befürchten die Gegner.  

SP will Entwurfsvorlage verbessern

Die Grünen wehren sich nach wie vor vehement gegen das neue Nachrichtendienstgesetz. Ermittlungen seien Sache der Bundesanwaltschaft und Polizei. Dagegen habe die SP «komplett die Orientierung verloren», erhärtet die grüne Fraktion ihren Standpunkt gegenüber der «Wochenzeitung»: Obwohl die Parteibasis der SP an der diesjährigen Delegiertenversammlung ein klares «Nein zum Schnüffelstaat» bekundete, sah sich die Parteileitung gegenüber der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SiK) nicht daran gehindert, die Entwurfsvorlage durchzuwinken.
«Die SP verliert im Wahljahr an Glaubwürdigkeit», glaubt der Sprecher der DigiGes. Denn es sei klar: «Die Basis möchte keinen ausufernden Überwachungsstaat.» Aber was passiert, wenn das Gesetz durchgewunken wird? Die Digitale Gesellschaft habe im Rahmen der BÜPF-Revision die Treffen der Referendumsbewegung mitbegleitet. «Es könnte gut sein, dass sich aus der BÜPF-Referendumsbewegung eine NDG-Referendumsbewegung bildet», versichert er. Dazu sei aber der Zeitpunkt noch verfrüht, meint Gantenbein gegenüber PCtipp. In einem älteren Fraktions-Communiqué stellt die SP jedoch klar, dass sie das Gesetz mit Vorstössen verbessern will. Wenn ihre Anträge nicht durchkommen, werde sie das Gesetz ablehnen.

Autor(in) Simon Gröflin



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