News 23.10.2012, 08:20 Uhr

Swisscom-Shops schaffen Ticketautomaten ab

Jeder Swisscom-Shop wird bis 2014 umgebaut. Warum erklärt der Verantwortliche, Pierre-Luc Marilley, im Interview.
Umgebauter Swisscom-Shop ohne Ticketautomat
Nach einer zweijährigen Pilotphase in insgesamt 15 Shops ist die Entscheidung gefallen: Swisscom baut jeden seiner rund 130 Standorte um. Der für sämtliche Shops zuständige Pierre-Luc Marilley zeigt das Konzept und sagt, was die Kundinnen und Kunden erwarten dürfen.
PCtipp: Sie ändern Ihr Shop-Konzept radikal. Warum?
Pierre-Luc Marilley: Wir haben festgestellt, dass wir an Attraktivität verlieren, weil wir unsere Kunden nicht mehr inspirieren. Das alte Konzept ist zwar effizient, kommt aber zu trocken daher und ist vor allem wartezeitorientiert. Die neuen Shops sollen Grenzen abbauen, Kunden sollen Geräte ausprobieren und mit Apps spielen.
Konkret hatten Sie also negatives Feedback von Kunden?
Ja. Wir analysierten zudem den Kundenfluss in den Shops. Wir inszenierten zwar Geräte, aber dafür interessierte sich kaum jemand. Deshalb passten wir das Konzept an, um Kunden unsere Produkte in einem realistischen Umfeld zu zeigen. Es soll ein Erlebnis für sie sein.
Das klingt jetzt verdächtig nach dem Apple-Konzept ...
(lacht) Wir haben uns nicht primär von Apple inspirieren lassen, sondern unsere eigenen Wege gesucht. Wir ermöglichen beispielsweise bei der Dekoration lokale Eigenheiten an den jeweiligen Standorten. Ein Shop in Lausanne sieht daher anders aus als in St. Gallen. Bei Apple sieht hingegen weltweit alles identisch aus.

Mich stört dieses Modewort Kundenerlebnis. Das empfindet jeder Mensch anders. Was wird konkret besser? Gibts kürzere Wartezeiten?
Was wir genau messen, ist das Kundenverhalten in den Shops. Beim alten Konzept bleiben Kunden in der Nähe des Ticketautomaten und warten, bis sie dran sind. Ein passives Verhalten. Neu sollen sich Kunden mehr bewegen. Freie Mitarbeiter gehen proaktiv auf sie zu und beraten sie direkt bei den Produkten. Die Wartezeit lässt sich dadurch zwar nicht zwingend beeinflussen. Sie soll aber angenehmer werden.
Weshalb sollen sich denn die Kunden mehr bewegen? Sind die Umsätze in den Shops am Sinken, dass Sie die Kunden zu den Produkten führen müssen?
Die Zahl der Besucher und auch der Umsatz blieb in den letzten Jahren recht stabil. Bei gewissen Zielgruppen sind wir aber unterrepräsentiert. Heutige Produkte haben zudem mehr Erklärungsbedarf. Kombiangebote gab es vor fünf Jahren beispielsweise noch nicht.
Nochmals: Sie erwarten schon eine Umsatzsteigerung durch die Konzeptänderung?
Ja. Aber primär interessiert uns nicht das Geld, das ein Shop effektiv erbringt. Spannend ist, was nachher passiert. Der echte Umsatz wird durch Kundenloyalität sprich über die Vertragslaufzeiten generiert. Das neue Konzept soll die Kundenzufriedenheit steigern, damit wir den Kunden halten können.
Also ist die Konzeptänderung mehr als Investition in die Marke Swisscom zu verstehen?
Sicherlich, das die Shops sind unser Gesicht nach aussen. Wie Swisscom wahrgenommen wird, ist elementar. Deshalb wurde intern intensiv über die Änderungen in den Shopts diskutiert und ich erhalte firmenintern viele Fragen dazu.
Welche Frage hören Sie denn am häufigsten?
Die Abschaffung des Ticketautomaten wurde hart diskutiert. Diese Entscheidung wurde schlussendlich im Verwaltungsrat gefällt.

Stattdessen wird der Kunde von einem Mitarbeiter ...

Stattdessen wird der Kunde von einem Mitarbeiter empfangen und nach seiner Identität gefragt. Besteht nicht die Gefahr, dass Kunden, die entweder mehr Umsatz generieren oder etwas Teures kaufen wollen, mit kürzeren Wartungszeiten belohnt werden und jemand, der nur eine iPhone-Hülle kaufen will, länger anstehen muss?
Wir versuchen, die Kunden der Reihe nach zu bedienen. Situativ kann es aber sein, das Kunden mit spezifischen Fragen einem gezielt darauf geschulten Mitarbeiter zugewiesen werden.
Aber Sie unterscheiden nicht nach Umsatz, den Kunden bringen?
Nein, das machen wir nicht. Wir nehmen nicht zwingend den Namen oder die Handy-Nummer unserer Kunden auf. Stattdessen erfassen wir eine Beschreibung des Kunden, damit dieser von den Mitarbeitern im Shop erkannt wird. (Anm. der Red.: Auf der Nutzeroberfläche des Empfangs-Tools gibts trotzdem einen Prio-Knopf.)
Wie viel investiert Swisscom in den Umbau der rund 130 Standorte?
Die genaue Zahl kann ich Ihnen nicht nennen, aber insgesamt investieren wir einen zweistelligen Millionenbetrag.
Wie lange dauert der Umbau eines Shops und was passiert damit in dieser Zeit?
Wir rechnen mit drei Wochen pro Standortumbau. Die Shops schliessen während dieser Zeit. Wir verweisen die Kunden auf naheliegende Alternativen oder stellen je nach Möglichkeit einen mobilen Truck als Verkaufs- und Servicepunkt hin. Die drei Wochen nutzen wir aber vor allem, um die Mitarbeitenden zu schulen und aufs neue Konzept vorzubereiten.
Verändern sich die Betriebskosten in jedem Shop oder bleibt das ungefähr auf demselben Niveau?
Wir werden eine ganz leichte Steigerung haben, da beispielsweise alle Geräte online sind.
Wenn ich es richtig verstanden habe, soll das Shop-Konzept vor allem die Jungen ansprechen. Die bewegen sich meiner Meinung nach aber hauptsächlich online. Was ist die Herausforderung, diese dennoch in den Shop zu holen?
Die wenigsten Kunden sind nur online unterwegs, sondern wollen auf mehreren Verkaufskanälen betreut werden. Grösstenteils informieren und vergleichen die Kunden online, holen sich aber die letzte Beratung im Shop und kaufen dort.
Ihr Konkurrent Sunrise geht mit dem reinen Online-Angebot Sunrise24.ch einen anderen Weg. Halten Sie das für eine gute Idee?
(lacht) Es ist nichts Neues, das gibts auch in anderen Ländern und Branchen. Ob das erfolgreich ist oder nicht, sei dahingestellt und wird sich zeigen.
Aber für Swisscom ist es kein Thema, etwas Ähnliches zu machen?
Wir beobachten den Markt. Ich möchte nichts ausschliessen. Wenn ich nein sage, kommts und wenn ich ja sage, kommts nicht. Wir denken in alle Richtungen.

Autor(in) Reto Vogt



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