News 25.11.2010, 11:46 Uhr

SuisseID-Ansturm bleibt aus

Nur ein Promille der Privatpersonen hat sich die SuisseID zugelegt. Frau und Herr Schweizer haben offenbar kein Bedürfnis nach einem digitalen Identitätsnachweis.
Für die Verbreitung des elektronischen Identitätsnachweises SuisseID stellte der Bund Anfang Mai 17 Millionen Franken bereit. Ein Teil des Geldes sollte an Unternehmen gezahlt werden, die Anwendungen für die SuisseID entwickeln. Den Bürgerinnen und Bürgern wurde der frühzeitige Kauf einer SuisseID mit einem Zuschuss von jeweils 65 Franken schmackhaft gemacht. Diese Offerte gilt noch bis Ende Jahr. Die Zielvorgabe von Bundespräsidentin Doris Leuthard lautete: bis zum Silvestertag sollen 300'000 SuisseIDs an die Frau und den Mann gebracht werden.
Dennoch zufrieden mit der Bestellmenge: Carl Rosenast von QuoVadis
Nun naht der Jahresabschluss. QuoVadis – einer von drei Ausstellern der SuisseID – ist gemäss CEO Carl Rosenast zwar zufrieden mit dem Gesamtgeschäft. Jedoch verzeichnet QuoVadis lange nicht so viele Bestellungen von Privatkunden, wie von offizieller Seite erwartet. «Wir haben knapp 4000 SuisseIDs geliefert», sagt Rosenast auf Anfrage von Computerworld. Von den anderen drei Anbietern, dem Bundesamt für Informatik und Telekommunikation, der Swisscom sowie der Post-Tochtergesellschaft SwissSign, kämen noch einmal ca. 7000 SuisseIDs hinzu, weiss der QuoVadis-Chef aus dem zuständigen Staatssekretariat für Wirtschaft.
Das Gros der Bestellungen – über 100'000 Orders – verzeichnet der St. Galler Anbieter aus Organisationen und Firmen. «Der Verkauf entspricht unseren Erwartungen», so Rosenast. Für die Tatsache, dass zwar Tausende SuisseID bestellt, jedoch nicht ausgeliefert sind, gäbe es eine simple Erklärung: «Die Kunden sind und waren nicht in der Lage, innerhalb eines halben Jahres so viele SuisseIDs auszurollen, auch wenn sie wollten.» Die Krankenversicherung KPT will zum Beispiel ihren rund 350'000 Kunden im neuen Jahr die SuisseID für den sicheren Zugriff auf das elektronische Gesundheitsdossier offerieren.
Aus Bern kommen ähnliche Signale, die für eine verzögerte Adaptation der SuisseID sprechen. Offenbar sind insgesamt 190'000 Bestellungen für SuisseIDs eingegangen, die von den Subventionen profitieren. Rein rechnerisch käme der Bund damit auf eine Subventionssumme von ca. 12,4 Millionen Franken – jedoch gehen davon zurzeit nur 715'000 Franken an die 11'000 Privatpersonen, die bereits eine SuisseID besitzen.



Kommentare
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Ray
26.11.2010
Ist ja auch klar… Wer hat schon Interesse daran? Der Bürger wohl kaum. Ich schaue sehr genau, wem ich welche Informationen gebe. Die paar Dokumente, die ich pro Jahr rechtsverbindlich unterschreiben muss, kann ich auch Ausdrucken und mit der Post verschicken. Das ist kein Aufwand. Online-Verträge mit einer ID sind mir zutiefst suspekt. Ich sehe nicht ein, weshalb ich mich als gläserner Kunde präsentieren soll, während meine Online-Partner sich teilweise hinter irgendwelchen dubiosen Briefkasten-Firmen in sehr exotischen Domizilen verstecken können. Weshalb ein Software-Anbieter oder ein E-Mail-Provider Angaben zu meinem Alter oder zu meinem Beruf benötigt, ist mir absolut schleierhaft. Vor diesem Hintergrund sehe ich es auch als durchaus legitim an, meine Daten zu verschleiern oder auch falsche Angaben zu machen. Das Interesse an dieser "Suisse ID" liegt ausschliesslich bei der Wirtschaft und allenfalls beim Staat. Deshalb bin ich nicht bereit, dafür auch noch Geld auszugeben; selbst wenn es subventioniert ist. Sollen doch diejenigen dafür bezahlen, die den grössten Nutzen davon haben. Das im Beitrag erwähnte Beispiel mit dem vom Krankenversicherer KPT geplanten elektronischen (Online-)Gesundheitsdossier würde mich glatt zu einem Versicherungswechsel bewegen. Gruss Ray

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Mark71
26.11.2010
Lieber Ray Was soll diese Paranoia? Manchmal ist es nicht nötig, dass man identifiziert ist. Manchmal ist es sogar wichtig, dass man nicht identifiziert ist (z.B. beim Abstimmen). Manchmal muss aber der Kommunikationspartner genau wissen, wer man ist. Niemand kann einen Strafregisterauszug geben, einen Wohnwagen oder eine Ferienwohnung reservieren oder einen Bankaccount eröffnen, wenn er nicht genau weiss, wer auf der anderen Seite der grossen Netzwolke sitzt. Oder? Dafür gibt es eIDs wie die SuisseID und dafür werden sie auch eingesetzt. Weltweit und immer häufiger. Niemand muss mitmachen, man kann alles auch 'zu Fuss' machen. Aber man sollte nicht blind sein und immer behaupten, das brauche es nicht oder es sei des Teufels. Das sagte man bei den Autos 1900 auch. Man hatte Angst, dass man bei einem Tempo über 30 kmh schwachsinnig wird. 10 Jahre später war das dann kein Thema mehr. Wird hier auch so sein.

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Ray
28.11.2010
Hallo Mark Das glaube ich kaum. Es hat schon viele Prognosen gegeben was alles in Zukunft möglich sein würde. Und wie die Technologie unseren Alltag verändert. Trotzdem behaupte ich mal, dass es mindestens so viele technische Todgeburten gegeben hat, wie erfolgreiche Entwicklungen. Nicht alles was möglich ist, wird auch von einer breiten Mehrheit gewünscht und gebraucht. Es ist beispielsweise nach wievor so, dass SMS viel beliebter ist als jede andere mobile Kommunikation. Und dies obwohl SMS das älteste Feature der Mobiltelefonie ist. Blu-Ray-Brenner sind ebenfalls nicht sehr erfolgreich. HDTV braucht auch noch seine Zeit und das 16:9 Bildformat brauchte fast 20 Jahre und wird heute noch nicht von allen Sendern unterstützt. Und so gäbe es noch viele Beispiele. Jedes Produkt braucht ein ausgewogenes Kosten-/Nutzen-Verhältnis für den Anwender. Wenn das nicht gegeben ist, wird sich das Produkt nicht durchsetzen. Online-Banking hat sich nur durchgesetzt, weil die Banken, die davon auch den grössten Nutzen haben, auch die Kosten tragen. Für Online-Banking gibt es übrigens schon geeignete Identifizierungsmöglichkeiten. Dafür braucht es nicht noch eine Swiss-ID. Über dein Beispiel mit dem Abstimmen kann ich bestenfalls lachen. Ich stimme sechs bis acht mal pro Jahr ab. Bis du jedes mal deinen PC angeworfen und dich durch alle Login's gekämft hast, habe ich meine paar Stimmzettel locker handschriftlich ausgefüllt, alles verpackt, den Umschlag zugeklebt und bin schon längst auf dem Weg zur Post. Dabei absolviere ich auch noch mein Fitness-Programm. Der Vorteil einer Online-Abstimmung liegt vorallem bei der Auswertung. Deshalb sehe ich nicht ein, weshalb ich für den Vorteil der Anderen auch noch eine Swiss-ID kaufen soll. Einen Strafregisterauszug habe ich bis jetzt dreimal in meinem Leben gebraucht... Die Bestellung war jedesmal wirklich easy. Zuletzt konnte ich das Teil am Postschalter bestellen und auch gleich bezahlen. Ich könnte dir jetzt auch noch etwas über das Mieten von Wohnungen oder anderem erzählen... Aber ich sehe schon, wir sprechen verschiedene Sprachen: Ich gehöre zu jenen Leuten, die gerne mit anderen kommunizieren und anderen Menschen begegnen, ich möchte als Ausgleich auch gerne einmal shoppen gehen (nicht online), ich bewege mich gerne und brauche kein Solarium um meine vornehme IT-Blässe zu bekämpfen. Fortschritt muss einen Nutzen haben und günstig sein. Gruss Ray