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04.09.2012, 06:42 Uhr
Samsung wollte Blogger erpressen
Samsung hat Blogger aus Indien zur IFA eingeladen und sie vor Ort zur Promotionsarbeit und zum Tragen von Uniformen gedrängt. Sollten sie diese nicht erledigen, müssten sie sich selbst um ein Rückflugticket kümmern, so die Drohung des Konzerns.
Der südkoreanische Elektronikriese Samsung hat Blogger aus Indien zur Internationalen Funkausstellung Berlin (IFA) eingeladen und sie vor Ort zu Promotionsarbeit und dem Tragen von Uniformen gezwungen. Sollten sie diese nicht erledigen, müssten sie sich selbst um ein Rückflugticket kümmern, so die Drohung des Konzerns.
Gegenüber Pressetext rechtfertigt sich Samsung: «Wir bedauern, dass es hier ein Missverständnis zwischen den Samsung-Mob!lers-Koordinatoren und dem relevanten Blogger gekommen ist. Unserer Auffassung nach war dieser nicht genügend über den Charakter der Samsung-Mob!ler-Aktivitäten aufgeklärt. Wir versuchen, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Wir respektieren die Unabhängigkeit der Blogger, ihre eigenen Storys zu verfassen», erklärt Yeonhee Park, Manager Global Communications.
Erste Skepsis
«Geschäftspraktiken dieser Art sind völlig inakzeptabel und fallen auf das Unternehmen zurück, insbesondere dann, wenn Blogger davon betroffen sind. Diese wissen, wie man sich mithilfe des Web 2.0 gekonnt gegen solche Ungerechtigkeiten wehrt», urteilt Unternehmensberater Bernd Höhne im Gespräch mit Pressetext. Clinton Jeff, einer der eingeladenen Blogger und Teilnehmer des Samsung-Mob!iler-Programms erzählt, Samsung hätte es ihm überlassen, ob er nun als Reporter oder Promoter an der IFA teilnimmt. Er hat daraufhin dem Unternehmen unmissverständlich mitgeteilt, dass er das Angebot nur dann annehmen werde, wenn er von dort aus unabhängig berichten könnte. Samsung hatte nichts dagegen. In den Wochen vor der Abreise verdichteten sich allerdings die Hinweise, dass dies ein Wunschtraum bleiben könnte. Als Samsung schliesslich sogar Jeffs Kleidergrösse wissen wollte, um die passenden Uniformen bereitzustellen, wurde er skeptisch.
Folgenschwerer Anruf
In der deutschen Hauptstadt angekommen, stellte sich grosse Ernüchterung ein. Die eingeflogenen Hightech-Blogger sollten in einheitlichen T-Shirts und Uniformen den Messestand des Multis betreuen und bei Medienvertretern für die neusten Samsung-Produkte werben. Als sich Jeff und ein Kollege von ihm weigerten, erhielten sie einen Anruf aus der PR-Abteilung von Samsung Indien: «Sie können entweder daran teilnehmen und die Uniform tragen oder Sie besorgen sich Ihr eigenes Rückflugticket und kümmern sich nach dem Ende dieses Gesprächs selbst um Ihren Hotelaufenthalt.»
Wenige Minuten später läutete das Telefon erneut und der Weltkonzern ruderte teilweise zurück: Samsung zahle den Rückflug, doch dieser werde vom 6. auf den 1. September vorverlegt. Die sich weigernden Blogger müssen bei einem bestimmten IFA-Event das vorgeschriebene Samsung-T-Shirt tragen und dieser Zwischenfall dürfe weder Berlin verlassen noch Indien erreichen. Angesichts des hohen Flugpreises waren ihnen die Hände gebunden. Sie trugen das Shirt widerwillig, promoteten aber keines der Samsung-Produkte.
Der Konzern betont, dass das Programm dazu dient, es Mobile-Device-Nutzern zu ermöglichen, an den Samsung-Marketing-Events rund um den Globus teilnehmen zu können. Alle Aktivitäten des Programms basieren auf Freiwilligkeit. Es werde niemand zu etwas gezwungen, so Park.
Danksagung mittels Twitter
Jeff hat noch während seines Aufenthalts an der Spree Medienvertretern von dieser repressiven Geschäftspraktik berichtet, diese jedoch gebeten, erst nach seiner Heimreise darüber zu berichten. Er befürchtete weitere Schritte vonseiten Samsungs. Am Sonntag meldete er sich erleichtert via Twitter: «Für alle, die fragen, mir gehts gut! Ich habe ein Hotel, ich habe ein Rückflugticket, danke an @nokia, die eingesprungen sind und mir geholfen haben.»
Mithilfe von Nokia kann Jeff nun länger in Berlin bleiben und über die neusten Trends der IFA in seinem Blog berichten. «Nokia hat mich buchstäblich gerettet», so Jeff. Auch dem zweiten widerspenstigen Blogger haben die Finnen aus dem Schlamassel geholfen. Experte Höhne betont, dass sich ausländische Unternehmen in Deutschland an geltende Regeln und Werte halten müssen. Sein unorthodoxer, aber interessanter Vorschlag: «Der deutsche Staat hätte den beiden Bloggern den Rückflug zahlen und die anfallenden Kosten dann Samsung in Rechnung stellen sollen.»
Text: Pressetext.com/Sebastian Köberl
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