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04.03.2005, 11:15 Uhr
Neue Swisscom-Angebote: Innovation oder Augenwischerei? (Update)
Heute hat die Swisscom ein eigenes Fernsehangebot lanciert, gleichzeitig bietet sie ab April Telefonieren übers Internet an. Der PCtipp nimmt die neuen Produkte genauer unter die Lupe.
Mit markigen Worten hat die Swisscom heute ihren Einstieg in die Fernsehwelt angekündigt. Bluewin TV 300 [1] bringe einen Innovationsschub beim Fernsehen, schwärmt das Unternehmen. Die Features des neuen Angebotes lassen denn auch aufhorchen: Bluewin TV 300 umfasst einen Harddisk-Rekorder mit einer Speicherkapazität von 160 GB. Das reicht für ca. 200 Stunden Aufnahmen. Gleichzeitig dient der Rekorder als Empfangsgerät. Er kann über RGB-, Composite- oder Y/C-Ausgang an einen Fernseher oder Beamer angeschlossen werden. Dank Festplatte ist auch zeitverzögertes Aufzeichnen (so genanntes Timeshifting) kein Problem.
Ein elektronischer Programmführer informiert über die Sendungen der nächsten Wochen und dient gleichzeitig als bequeme Aufnahmemöglichkeit. Eine Sendung wird mit der mitgelieferten Fernbedienung im Programmführer ausgewählt und per Knopfdruck für die Aufnahme gespeichert. Dank "Auto-Rec" lassen sich auch gleich ganze Serien speichern. Besonders interessant ist die Funktion "Themen Auto-Rec". Dahinter verbergen sich von einer Redaktion zusammengestellte Spezials zu einem bestimmten Thema. Aktiviert der Anwender z.B. ein Spezial mit dem Titel "Ski-WM" werden alle kommenden Sendungen dazu automatisch aufgezeichnet. Eine weitere sehr nützliche Funktion ist die Fernprogrammierung. Sie ermöglicht es, über die Bluewin-Website den Harddisk-Rekorder von einem beliebigen Standort aus zu programmieren.
Trotz all der guten Funktionen hat Bluewin TV 300 einen grossen Haken: Es bietet zu wenig fürs Geld. Anders als das kürzlich vom PCtipp getestete Bluewin-TV-Angebot [2], hat Bluewin TV 300 nichts mit dem Internet zu tun. Es läuft nicht übers Telefon-, sondern das normale Fernsehkabelnetz. Der Harddiskrekorder wird an der Fernsehbuchse angeschlossen. Die eigentlichen TV-Programme stammen also vom Kabelnetzbetreiber (z.B. Cablecom), die Swisscom bietet hingegen nur die Zusatzleistungen wie Harddisk-Rekorder, elektronischen Programmführer, Fernprogrammierung etc. an. Sie verlangt dafür monatlich 24.90 Franken plus eine Einrichtungsgebühr von 95 Franken. Die normalen Fernsehgebühren müssen weiterhin an den eigenen Kabelnetzbetreiber entrichtet werden. Bluewin TV 300 ist ab dem 3. März erhältlich.
Auch von einem Innovationsschub kann nicht die Rede sein. Harddisk-Rekorder gibt es schon länger. Elektronischer Programmführer und Timeshifting sind ebenfalls nichts Neues und auf jedem herkömmlichen PC mit TV-Karte möglich. Nicht zu vergessen die letztes Jahr lancierten Media-Center-PCs [3]: Sie warten mit einer ähnlichen Funktionalität und Bedienerfreundlichkeit auf wie Bluewin TV 300, ohne dass Nutzer jeden Monat für die Zusatzfunktionen zahlen müssen. Sogar die Cablecom bietet auf ihrer Website kostenlos einen elektronischen Programmführer an [4]. Er stammt von der Firma TVTV.de, die auch Bluewin TV zum Partner hat. Fast will es scheinen, als möchte Swisscom mit dem neuen Angebot die Zeit bis zur Einführung seines Internetfernsehens in der zweiten Jahreshälfte überbrücken. Nicht zuletzt, weil die Cablecom noch im ersten Halbjahr einige grosse Neuerungen im Fernsehbereich plant, wie Unternehmenssprecher Stephan Howeg dem PCtipp verriet. So soll das aktuelle digitale Angebot auf über 100 Programme ausgebaut werden. Auch an einem neuen elektronischen Programmführer arbeitet die Cablecom. Im zweiten Halbjahr will der Kabelnetzbetreiber zudem einen digitalen Harddisk-Rekorder lancieren.
Kritik muss sich die Swisscom auch an ihrem neuen Angebot Bluewin Phone gefallen lassen. Es soll per 1. April lanciert werden. Für 6.90 Franken monatlich ermöglicht es, übers Internet zu telefonieren. Zusätzlich sind 78 Franken für das Starter-Kit zu berappen. Es enthält eine Box, die ans ADSL-Modem angeschlossen und mit dem Telefon verbunden wird. Auch bei Bluewin Phone ist die Funktionalität umfangreich: Geboten werden unter anderem Videotelefonie, Rufnummernanzeige, Konferenzschaltung, Combox, Klingeltöne und Synchronisationsmöglichkeiten mit Programmen wie Outlook. Leider fällt jedoch gerade der grösste Vorteil der Internettelefonie weg: die geringen Kosten. Die Gesprächsgebühren sind gleich hoch wie im Festnetz der Swisscom. Nicht einmal bei Anrufen zwischen Internettelefonnutzern gibt es Ermässigung. Zudem läuft Bluewin Phone nur mit einem ADSL-Anschluss von Bluewin. Also kann auch nicht auf die Anschlussgebühren der Swisscom verzichtet werden. Das Unternehmen begründet die Strategie damit, dass man sich von Discountern wie Skype [5] distanzieren und vor allem auf Qualität und Service setzen möchte. Ob die Anwender dies zu schätzen wissen, wird sich zeigen.
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