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27.10.2015, 13:31 Uhr
Microsoft kann den Anschluss schaffen
Trotz starker Geräte hat Microsoft den Anschluss an Google und Apple bisher nicht geschafft. Mit Windows 10 öffnet sich eine weitere, vielleicht letzte Türe zur Aufholjagd.
Microsofts grösster Verpasser der vergangenen 10 Jahre ist Mobile. Apples iPhone machte den mobilen PC für die Jackentasche erstmals brauchbar und der Zweikampf gegen Googles Android-Betriebssystem trieb die beiden Anbieter in neue Höhen. Microsofts Einstieg in das Mobile-Geschäft kam zu spät und bot zu wenig.
An der Hardware lag es nicht. Die Lumia-Smartphones, egal ob von Nokia oder von Microsoft selbst, boten stets neuste Technologien, viel Leistung und waren im Schnitt deutlich günstiger als technisch vergleichbare Modelle. Auch das Interface von Windows Phone verbesserte sich mit riesigen Schritten und wurde mit Windows Phone 8.1 endgültig konkurrenzfähig. Was Microsoft aber nach wie vor fehlt sind die Apps.
Zwar hat sich die Lage auch hier gebessert und die grössten Anbieter sind auch auf Windows Phone zu finden. Die Absenzen sind aber immer noch namhaft. Allen voran: Google. Wer Dienste wie Maps, Gmail oder Drive nutzen will, hat auf Windows Phone das Nachsehen. Und auch die Apps, die es auf die Microsoft-Plattform schaffen kommen meistens erst spät. Entwickelt wird zuerst für iOS, dann für Android. Windows Phone rangiert bei vielen Entwicklern unter «ferner liefen», zusammen mit Plattformen wie Amazons Kindle, Kobo oder Symbian. Der Grund für die App-Flaute: Zu wenige Nutzer auf Windows Phone, ergo kein Anreiz für die Entwickler eine App bereitzustellen und in der Folge weniger Nutzer. Ein Teufelskreis.
Oberste Priorität hat für Microsoft also: Entwickler und Nutzer auf Windows bringen. Mit Windows 10 öffnet sich für die Redmonder eine Türe, um aus dem Duell an der Smartphone-Spitze ein Dreikampf zu machen. Möglicherweise ist es die letzte Chance für Microsoft, aber die Chancen stehen nicht schlecht.
Universal Apps
Das Kernstück der neuen Microsoft-Offensive sind die «Universal Apps». Diese Apps sind für Windows 10 gebaut und laufen auf allen möglichen Geräten gleichermassen. Die App muss dabei nur einmal programmiert werden, um auf Desktops, Laptops, Convertibles, Tablets und Smartphones zu funktionieren. Auch im Shop sind nicht verschiedene Versionen für jede App verfügbar, sondern nur eine Variante, die sich bei der Ausführung an das Gerät anpasst. Zum eher überschaubaren Markt der Windows Phones kommen auf einen Schlag mehr als 100 Millionen PCs mit Windows 10 dazu. Tendenz stark steigend. Diese Reichweite ist für App-Entwickler attraktiv. Womöglich attraktiv genug, um die eigenen Produkte auch auf Microsofts Plattform zu bringen.
Diese Attraktivität ist aber nur für PC-spezifische Apps gegeben. Apps mit mehr Mobile-Nutzen wie beispielsweise WhatsApp oder Wemlin sind auf einem PC oder Laptop weniger nützlich als unterwegs. Diese Apps werden sich den Einstieg in Windows genau überlegen. Gerade kleinere Entwicklerstudios können sich oftmals nur eine, oder höchstens zwei Versionen Ihrer App leisten. Dort bleibt die Hierarchie von iOS und Android vor Windows sicher noch eine Zeit bestehen. Wie also will Microsoft diese Anbieter auf die eigene Plattform holen?
Einfach Übernehmen
Die Antwort darauf hat Microsoft im Groben schon im vergangenen Sommer geliefert. So sollen Windows-Apps nicht wie bei anderen Betriebssystemen auf eine bestimmte Programmierplattform beschränkt sein, sondern diverse Sprachen und Entwicklerplattformen zugleich unterstützen. Die gewohnten Java und Objective C sollen auch unter Windows 10 ihren Platz haben und mit Hilfe eines Microsoft-Interfaces zu Universal Apps gemacht werden.
Vereinfacht gesagt können Android-, iOS- und Web-Entwickler ihre Apps und Webseiten in eine Microsoft-Box verpacken und Windows führt die App mit minimalen Änderungen am Code aus. Geht Microsofts Plan auf wird die Entwicklung von Windows-Apps auf Basis bestehender Apps so einfach, dass sich der Aufwand für jedes noch so kleine Studio lohnt. Das Microsoft-Interface soll sogar Windows-eigene Funktionen wie Cortana oder den Iris-Scanner mit den so verpackten Apps nutzen können.
Natürlich ist eine derart emulierte App nicht gleichwertig mit einer eigens für Windows entwickelten App. Die Ports sollen aber auch nur den App-Mangel kompensieren. Mit einem konkurrenzfähigen Angebot an Apps will sich Windows 10 attraktiv genug machen, um für Entwickler zur ersten Plattform zu werden. Allerdings könnte der Plan auch nach hinten losgehen. Steht Microsoft im direkten Konkurrenzkampf mit Apple und Google kann es für Entwickler immer noch einfach sein, zuerst für iOS/Android zu entwickeln und dann eine einfach portierte Version für Windows bereitzustellen.
Für Microsoft öffnet sich mit den Universal-Apps, dem zusammengeführten Windows 10 und der vereinfachten Portierung bestehender Apps allerdings eine riesige Chance, die Lücke zu Apple und Google zu schliessen und womöglich an den Marktführern vorbeizuziehen. Die starke Hardware dazu hat Microsoft zweifelsfrei. Zieht die Software qualitativ mit, sieht es für die Redmonder nicht schlecht aus.
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