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26.11.2014, 07:15 Uhr
Ich will Gigabit-Internet – was muss ich beachten?
Für wen lohnt sich eigentlich der Datenturbo über Glasfaser, wo finde ich Angebote und welche Router-Hardware brauche ich? PCtipp beantwortet die wichtigsten Fragen.
Surfen auf der Glasfaser, also mit momentan nahezu 1 Gbit/s im Download-Tempo, ist für eine bestimmte Anwendergruppe verlockend. Erst recht, wenn ein Angebot am Wohnort verfügbar ist. Vorausgesetzt, der Datenturbo ist günstig und vergleichbar mit konventionellen DSL-Tarifen. Doch, für wen lohnt sich ein solches Angebot überhaupt und was muss der Anwender beachten?
Glasfaser: die Achterbahn für Daten
Was ist der Unterschied zwischen Fiber und FTTH?
Die meisten Breitbandanschlüsse in der Schweiz basieren auf ADSL-Technologie, die auf dem Kupferkabel der Swisscom realisiert werden. Daneben existiert das TV-Kabelnetz (Kupferkoaxialnetz) von UPC Cablecom und weiteren Kabelanbietern. Leider ist der Begriff «Fiber» (eigentlich «Glasfaser») seit geraumer Zeit de facto bei vielen Providern zu einem Marketingschlagwort verkommen. So kommt zum Beispiel das Produkt «Fiber Power Internet 100» von UPC Cablecom per Koaxialkabel bzw. über Kupfer in die gute Stube.
Der Begriff «Fiber to the Home» (FTTH) bezeichnet das Netz, bei dem die Glasfaser bis in die Wohn- und Geschäftshäuser verlegt wird. Das Modem beim Kunden wandelt die optischen Signale (Wellenlängen) in elektrische Signale um. Dadurch, dass auch das letzte Teilstück des Kupferkabels durch eine Glasfaserleitung ersetzt wird, kann die Leitung ein Vielfaches an Daten wesentlich schneller übertragen. Massgebend am Ausbau beteiligt sind die Swisscom und die städtischen Energiewerke. Bereits heute sind über 800'000 Haushalte in verschiedenen Schweizer Grossstädten mit Glasfaser erschlossen, 2015 sollen nach Angaben der Swisscom bereits Anschlüsse für über 1 Million Wohnungen und Geschäfte gebaut werden.
Für wen lohnt sich FTTH?
Klar, kann man einen 8-Gigabyte-Film in drei Minuten herunterladen. Doch braucht das wirklich jeder Anwender? Für eine Privatperson, die nur gelegentlich Streaming-Angebote nutzt und zwischendurch ein paar Gigabyte an Daten herunterlädt, lohnt sich eine Gigabit-Leitung kaum. Zudem sind die meisten FTTH-Angebote vergleichsweise teurer als konventionelle DSL-Angebote. Interessant wird es für Anwender, die von ausserhalb häufig auf Owncloud-Speicher zugreifen oder zu Hause eigene Webdienste betreiben, zumal auch der Zugewinn der Upload-Geschwindigkeit auf bis zu 100 Mbit/s bzw. 1000 Mbit/s im Vergleich zu maximal 15 Mbit/s (z.B. bei UPC Cablecom mit dem 250er-Abo) beachtlich ist. Von der erhöhten Bandbreite profitieren sicher auch KMU oder Private mit Kleinbüros, da mehr Personen gleichzeitig schnell surfen und effizientes Teleworking betreiben können.
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Wie vergleiche ich Angebote?
Wie vergleiche ich Angebote?
Es gibt keine allgemeine Übersicht oder eine Suchfunktion nach FTTH-Angeboten. Wurde ein Gebiet, meist grössere Städte, mit Glasfaser bis in die Haushalte erschlossen, wenden sich die Anbieter direkt an Kunden. In der Regel erfolge eine solche Information nur lokal, um Streuverluste zu vermeiden und Kunden gezielt anzugehen, meint Olaf Schulze, Mediensprecher von Swisscom, auf Anfrage.
Typische Glasfaser-Steckdose in einer Wohnung
«Genaues Hinschauen bei den Preisen lohnt sich dennoch», ist Ralf Beyeler vom Vergleichsdienst Comparis überzeugt. So bestünden teilweise innerhalb Regionen grosse Preisunterschiede, betont der Telco-Experte im Gespräch mit PCtipp. Erste Anlaufstelle seien in der Regel die Energiewerke der grossen Städte. «Zu weiteren Anbietern gehören etwa Init7.ch, Solnet, iway.ch, leunet.ch, Green.ch und Swisscom, die man zum Vergleich beiziehen kann», vermerktBeyeler.
Erst recht im Vergleich zu herkömmlichen DSL-Angeboten fällt der Aufpreis ins Gewicht: So bekommt man beim vergleichsweise noch günstigen Fiber7-Angebot von Init7 für umgerechnet Fr. 64.75 pro Monat eine symmetrische Gigabit-Bandbreite (im Up- und Download). Für Fr. 75.- erhält der Kunde bei UPC Cablecom zwar nur 50/5 Mbit/s, doch zusätzlich eine Festnetznummer und ein TV-Angebot aus über 85 Sendern. Wer das Gigabit-Abo der Swisscom will, muss die Internet-Box mit Glasfaseranschluss für einen Aufpreis von Fr. 80.- im Monat als Option zum Vivo-XL-Abo dazubuchen. Macht Fr. 249.- im Monat.
Bei der Swisscom kann man sich über die URL www.swisscom.ch/checker über den Status des Anschlusses erkundigen.
Wie plane ich mein Heimnetzwerk?
In einer Wohnung wird die Glasfaser-Steckdose meistens im offiziellen Wohnzimmer neben der Telefon- oder Fernsehbuchse und in der Nähe eines Stromanschlusses installiert. Sollten sich andere Endgeräte nicht in der Nähe befinden, empfiehlt sich natürlich eine saubere Verlegung eines Gigabit-LANs. Im Bedarfsfall kann man Offerten von Telematikern einholen. Die Alternative sind schnelle WLAN-AC-Router oder Powerline-Adapter, um möglichst im gesamten Heimnetzwerk von der schnellen Gigabit-Leitung profitieren zu können.
Was muss ich bei den Netzwerkkabeln beachten?
Nicht zu empfehlen im Heimnetzwerk sind veraltete, vieradrige Patch-Kabel. Patch-Kabel ab Kategorie 5a sollten von guter Qualität sein. Denn für Gigabit braucht es acht Drähte. Für einfachere Installationen bieten sich die sechsmal dünneren Slim-Patch-Kabel (ab Kategorie 6a) an, weil sich diese gut hinter den Leisten verbergen lassen und keine dicken Bohrlöcher erforderlich sind.
Aktuelle Patch-Kabel verfügen im Innnern über acht Drähte (Bild: Cat6a-Slimpatch-Kabel)
Hat man bei Providern die freie Router-Wahl?
Bestimmte FTTH-Geräte bestellt man in der Regel über Provider. Einige Anbieter wie z.B. Init7 lassen einem die freie Wahl und geben dazu Hardware-Empfehlungen ab. Die Swisscom empfiehlt Kunden, die angebotene Router-Hardware zu verwenden, um optimale Interoperabilität mit Swisscom TV zu gewährleisten. «Es wird sich noch zeigen, ob ein derart geschlossener Markt wie bei den Kabelmodems entsteht», meint André Drifte, Senior Product Manager Netzwerk von Brack.ch.
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Der richtige Router
Worauf kommt es beim Router an?
Schon fürs Routing auf Gigabit-Niveau werde dem Gerät einiges an Leistung abverlangt, der Router sollte deshalb mindestens über einen Mehrkernprozessor verfügen und natürlich über WAN- und LAN-Ports für Gigabit Ethernet, rät der Netzwerkspezialist von Brack. «Geräte für unter 200 Franken empfehlen wir nicht unbedingt, besser wird es zwischen 200 und 600 Franken», findet André Drifte. «Optimale preisgünstige Hardware gibt es tatsächlich noch nicht», bestätigt auch Fredy Künzler, CEO von Init7.
Als Referenzmodelle bieten sich, auf Anfrage bei Brack, etwa die Mikrotikgeräte an. Diese sind jedoch eher für versierte Anwender geeignet. Als mögliche Allternativen kann man den DrayTek Vigor 2132FVn oder die neuen Geräte von AVM beziehungsweise ZyXEL in Betracht ziehen.
Ein aufschlussreiches Vergleichsportal zu Router-Performance findet sich z.B. unter der URL http://www.smallnetbuilder.com/lanwan/router-charts/view.
Schlussendlich hängt die Performance des Routers von der Netzwerkkonfiguration ab. Wenn am Haupt-Router nicht zu viele Geräte dranhängen und weitere Endgeräte über einen Gigabit-Switch angebunden sind, geht es in der Regel zügig. Zudem sollte der Router den IPv6-Standard unterstützen.
Worauf ist bei der Optik zu achten?
Es gibt Modems mit integriertem Glasfaseranschluss. Man braucht aber nicht zwingend ein solches Gerät, da Medienkonverter-Kits (Optikwandler) erhältlich sind. Grundsätzlich muss der Anwender darauf achten, welchen Anschluss er vom Provider bekommen hat (Single Mode, Multi Mode, Simplex, Duplex etc.) oder gegebenenfalls nachfragen. Mit einem Medienkonverter-Kit kann eigentlich jeder Router umgehen, der Gigabit-Ethernet, DHCP und DHCPv6-PD (Prefix Delegation) kann, meinte Fredy Künzler von Init7 beispielsweise bei dem Fiber7-Angebot.
TP-Link MC220L: Der Medienkonverter dient als Adapter zwischen Glasfaser und Netzwerkkabel
Warum erreiche ich nicht die volle Gigabit-Leistung?
Die tatsächlich nutzbare Bandbreite ist in der Regel etwas niedriger als 1 Gbit/s. Dies ist jedoch technisch bedingt, weil knapp 10 Prozent der Bandbreite für technische Paket- bzw. Transportinformationen benötigt werden. Im Upload wird die Nettogeschwindigkeit nicht ausgebremst. Die 1000 Mbit/s sind somit eine reine Bruttodatenrate, die übertragen werden kann.
Die Werte von Testservern sind ebenfalls nicht immer repräsentativ. Init7 hat beispielswese wegen der symmetrischen Upload-/Download-Geschwindigkeit seines Fiber7-Angebots inzwischen einen neuen 10-Gigabit-Speedtest-Server aufgeschaltet. «Die meisten Speedtest-Server sind in der Regel bloss mit Gigabit angeschlossen – wenn zwei Benutzer gleichzeitig zugreifen, sinkt die Performance», erklärt Fredy Künzler, CEO von Init7, auf Anfrage.
Autor(in)
Simon
Gröflin
21.12.2014