Die grössten Fehlprognosen der Technikgeschichte

5 Computer müssen reichen und das Unding ...

5 Computer müssen reichen

Dass es schwierig ist, kurz nach der Erfindung eines neuen Gerätes, deren künftige Verbreitung oder Marktmacht zu beurteilen, beweist auch die Computerindustrie im engeren Sinn. Watson heisst heute der grosse, mit viel Künstlicher Intelligenz ausgestattete Rechner von IBM. Wäre es nach dessen Namensgeber gegangen, könnten wir die Anzahl Computer heute lediglich an einer Hand abzählen. «Ich denke, es gibt vielleicht einen Weltmarkt für fünf Computer», hat 1943 Thomas Watson, Vorsitzender von IBM, orakelt. Zugegeben, das war zu einer Zeit, da die ersten Rechner ganze Hallen füllten. Wenig konnte Watson ahnen, dass dereinst seine Firma den PC zum wahren Massenprodukt machen würde.
IBM-Chef Thomas Watson zeigt Matrosen einen der damaligen Rechner
Quelle: IBM
Die Grenzen der Computertechnik liessen sich in den 1940er Jahren ebenfalls nicht wirklich absehen. Dies beweist ein Zitat des berühmten Computerwissenschaftlers John von Neumann. Er sah 1949 schlicht und einfach bereits das Ende seiner Zunft gekommen. «Es macht den Anschein, dass wir die Grenzen dessen erreicht haben, was mit Computertechnologie möglich ist», lautete seine gewagte These.
Die Grösse der damaligen neuen Datenverarbeitungsmonster war denn auch das Ziel vielerlei Spekulationen, die sich als falsch herausstellten. «In der Zukunft werden Computer nur 1000 Vakuumröhren aufweisen und nicht mehr als 1,5 Tonnen wiegen», prognostizierte das Magazin «Popular Mechanics» 1949 und lehnte sich mit dieser Vorstellung stark aus dem Fenster. Denn zur der Zeit wog die mit 18000 Röhren bestückte Eniac 30 Tonnen. Angesichts dieses Gewichts ist es wirklich kaum vorstellbar, dass heutzutage Hinz und Kunz einen Rechner mit sich in der Hosentasche herumführt, der um die 200 Gramm wiegt.
Spätestens in den 1960er Jahren waren Röhrenrechner Geschichte und von Transistorrechnern ersetzt worden. Integrierte Schaltkreise waren bereits en vogue, da tauchten erste Prototypen des Mikroprozessors auf. «Für was zur Hölle soll das gut sein?», meinte 1968 Robert Lloyd, Ingenieur der Abteilung für Advanced Computing Systems bei IBM, zu Kollegen, die im Mikroprozessor die Computing-Zukunft erblickten – und recht behalten sollten. Immerhin sollte zur Ehrenrettung der Branche erwähnt sein, dass zu jener Zeit (1965) ein gewisser Gordon Moore von Intel die These aufstellte, dass sich die Anzahl integrierter Schaltkreise alle 12 bis 24 Monate pro Flächeneinheit verdoppeln werde, eine Vorhersage, die als Moore´sches Gesetz bekannt wurde und bis heute seine Gültigkeit behalten hat.

Das Unding Heimcomputer

Andre bekundeten dagegen Mühe die Miniaturisierung, die zukünftige Verbreitung von Computern und deren Rechenleistung und -hunger für die Nahe Zukunft richtig einzuschätzen. Zu den wohl bekanntesten Fehleinschätzung gilt der Ausspruch von Kenneth Olsen, Präsident, Vorstandvorsitzender und Gründer der Firma Digital Equipment Corporation (DEC), der 1977 während einer Rede sinnigerweise am Treffen der World Future Society in Boston sagte:«Es gibt keinen Grund, warum irgend jemand einen Computer zuhause haben möchte». Die Fehlinterpretation von Olsen wiegt umso schwerer, da zu jener Zeit bereits die ersten persönlichen Computer (PC) erhältlich waren, darunter der Apple I, der 1976 erschien. Schon im Folgejahr begann mit dem Apple II und dem PET von Commodore, dem Vorläufer des C64, die Individualisierung des Computing in allem Ernst. Nur schon der Apple II wurde sechs Millionen Mal verkauft, vom C64 sogar 22 Millionen Stück.
DEC-Chef Kenneth Olsen sah keine Zukunft für Heim-PC
Quelle: DEC
Kann man bei Olsen auch davon ausgehen, dass er als Hersteller von grösseren, zentralen Firmenrechnern keine PC-Konkurrenz haben wollte, führen andere Vorhersagen aus der Frühzeit des aufkeimenden PC-Zeitalters zu mehr Stirnrunzeln. Sehr berühmt ist eine Aussage, die dem Microsoft-Mitgründer und damaligen CEO Bill Gates zugeschrieben wird. Er soll nämlich behauptet haben, dass «niemand mehr als 640 Kilobyte RAM in seinem PC benötigt». Nur schon das aktuelle Betriebssystem von Microsoft, Windows 10, benötigt mindestens 2 Gigabyte Zwischenspeicher. Für ein komfortables Arbeiten sollte der eigene PC wohl eher mit einem Vielfachen dessen ausgestattet sein.
Auch wenn Gates dementiert, die 640-k-Aussage je gemacht zu haben («Ich habe viele dumme Dinge in meinem Leben behauptet, aber nicht das»), dürfte der Microsoft-Boss dennoch in die Annalen eingehen, als Orakel, das mehr als einmal danebengehauen hat. «Wir werden nie ein 32-Bit-Betriebssystem bauen», sagte er während der Lancierung des 8-Bit-Heimcomputers MSX im Jahre 1983. Zehn Jahre später, 1993, brachte Microsoft Windows NT auf den Markt, das – wir ahnen es schon – eine Wortbreite von 32 Bit unterstützte. Übrigens heute sind 64-Bit-Betriebssysteme Usus und die 32-Bit-Vorgänger auf dem Weg zum Software-Friedhof.
Ebenfalls belegt ist die Aussage von Gates aus dem Jahre 1980, dass er niemanden kenne, der durch das Schreiben von Software reich geworden wäre. Nun ja, er kannte wohl seine eigene Karriere als künftig reichster Mann der Welt noch nicht, als er sich zu dieser Aussage hinreissen liess. Wobei: Ganz so falsch ist die Aussage gar nicht. Das reine Schreiben von Software ist noch keine Garantie für Reichtum, wohl eher die geschickte Vermarktung und Vereinnahmung von Entwicklungen.
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