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22.06.2011, 11:30 Uhr
Tintenexperte sagt Laserdruck den Kampf an
Punkto Qualität und Seitenpreis war die Laser-Technik lange Zeit unantastbar. Dies ändert sich, sagt Hewlett-Packards Tintenspezialist Thom Brown im Interview mit PCtipp. Ausserdem: Warum immer wertvolle Resttinte in den Patronen übrig bleibt.
PCtipp: HP forscht seit über 20 Jahren im Bereich der Tintentechnik. Da gibts doch mittlerweile kein Verbesserungspotenzial mehr.
Thom Brown: Doch, das gibt es durchaus. Wir wollen noch einfachere Benutzeroberflächen gestalten und die Effizienz beim Drucken verbessern, das heisst, die Kosten senken. Das gelingt uns, indem wir die Technik verfeinern und sicherstellen, dass wirklich jeder Tropfen Tinte auf dem Papier landet. Das ist aber Millimeterarbeit: Der winzig kleine Zwischenraum zwischen Patrone und Papier ist für die Tinte wie ein Sturz von einem dreissigstöckigen Hochhaus – mit 50 Stundenkilometern.
Nachdem eine Patrone leergedruckt ist, zeigt ein Blick auf die Preisliste von Verbrauchsmaterialien oft Erstaunliches: Ein neuer Drucker ist günstiger als Ersatzpatronen. Warum?
In manchen Fällen ist das tatsächlich wahr, aber nicht immer. Käufer müssen sich immer überlegen, wie hoch ihr Verbrauch ist. Einsteigergeräte kosten in der Tat sehr wenig, weil die Patronen einen integrierten Druckkopf haben. Das ist bei teureren nicht der Fall, weshalb diese etwas mehr kosten. Dafür zahlen Kunden für Ersatztinte wesentlich weniger. Zudem lässt sich mit den grossen XL-Patronen bares Geld sparen.
Diese Patronen hat heute fast jeder Druckerhersteller im Sortiment. Garantieren diese tatsächlich einen günstigeren Druck oder gaukeln sie das nur vor? Gibt es Nachteile bei grossen Patronen?
Gemäss unseren Berechnungen drucken Käufer von XL-Patronen bis zu dreimal günstiger. Einen Nachteil gibt es allerdings tatsächlich: Die Patrone muss innerhalb von zwei Jahren verbraucht sein, ansonsten trocknet die Tinte aus. Kleinere Patronen sind logischerweise schneller leer und trocknen demzufolge seltener aus.
Da müssen wir nachhaken: Wie lässt sich das Austrocknen von Tinte technisch erklären?
Das ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Zunächst darf die Tinte nicht austrocknen, während dem sie bei Raumtemperatur in den Händlerregalen oder bei den Kunden daheim im Schrank steht. Darüber hinaus muss die Tinte mit Material zurechtkommen, aus dem die Patrone gebaut ist – das heisst Schaum, Filter und Plastik. Keine einfache Aufgabe, aber ich bin überzeugt, dass zwei Jahre ein guter Haltungswert sind und dass ausgetrocknete Tinte bei unseren Kunden kaum ein Problem ist.
Ein grosses Problem ist allerdings die Verschwendung ...
Ein grosses Problem ist allerdings die Verschwendung von Tinte: Obwohl der Drucker meldet, dass die Patronen leer sind, befinden sich tatsächlich wertvolle Rückstände in den Tanks. Wie erklären Sie dies Ihren Kunden?
Unser Ziel ist natürlich, dass unsere Patronen so viel Tinte wie möglich verbrauchen. Der Grund für die Rückstände, die es tatsächlich gibt, liegt beim Schaum, der sich innerhalb der Patrone befindet. Diesen benötigen wir, um den Tintenfluss zu kontrollieren, damit immer die gleiche Menge Tinte aufs Papier kommt. 100 Prozent der Tinte lässt sich leider nicht aus dem Schaum herauskriegen. Aber: Auf der Rückseite der Packung ist immer angegeben, wie viele Seiten sich mit einer Patrone drucken lassen. Diese Zahlen halten wir ein.
Stellen wir Tintentechnik Laserdruckern gegenüber: Seitenpreise und Qualität sind bei modernen Geräten vergleichbar. Können KMU oder Heimbüros wieder auf Tinte umsteigen?
Das hängt davon ab, wie viel gedruckt wird. Bei einer hohen Seitenzahl kommt keiner an Laser vorbei. Aber für typische KMU mit einem kleinen Druckaufwand eignet sich Tinte besser. Darüber hinaus ist bei teureren Tintenstrahldruckern das Verbrauchsmaterial viel günstiger als bei Lasern – da können kleine Firmen etwa die Hälfte sparen. Auch beim Farbdruck fahren unsere Kunden mit Tintenstrahlgeräten günstiger als mit Laserdruckern.
Ihre Kunden können auch Geld sparen, indem sie Patronen von Drittanbietern kaufen. Was ist der Unterschied zwischen Originalpatronen und den Kopien?
Die jeweilige Tinte unterscheidet sich vor allem in ihrer Viskosität (Dickflüssigkeit). Das Problem dabei: Die Druckköpfe sind auf die Originaltinte abgestimmt und liefern schlechtere Ergebnisse, wenn Tinte von Drittherstellern mit einer anderen Viskosität daherkommt. Aber die Patronen unterscheiden sich nicht nur punkto Qualität: Originaltinte liefert rund 35 Prozent mehr Seiten. Dies wird häufig vergessen, wenn nur die Preise verglichen werden. Entscheidend ist immer der Seitenpreis.
Autor(in)
Reto
Vogt
23.06.2011
23.06.2011