Kommentar 12.08.2020, 12:25 Uhr

Die unendliche Geschichte – das Schweizer E-Patientendossier

Seit über drei Jahren warten wir auf das EPD. Mangels zertifizierten Stammgemeinschaften können Privatpersonen noch kein E-Patientendossier eröffnen. Der Start wurde mehrfach verschoben. Ob es im Frühling 2021 wirklich kommt, bleibt abzuwarten.
Claudia Maag
(Quelle: Neue Mediengesellschaft Zürich AG/PCtipp)
Das elektronische Patientendossier (EPD) fasst persönliche Dokumente rund um unsere Gesundheit zusammen. Die Idee: Diese Daten sollen sowohl für Sie als auch für Ihre Gesundheitsfachpersonen – bspw. Spitäler oder die Hausärztin – jederzeit abrufbar sein. Sie können bestimmen, wer welche Dokumente wann einsehen darf.
Ein EPD zu eröffnen, ist freiwillig. Und derzeit noch immer nicht möglich. Während des Covid-19-Lockdowns ab 16. März 2020 wäre es praktisch gewesen, digital auf seine Rezepte, Röntgenbilder oder Spitalberichte Zugriff zu haben, da viele das Haus kaum mehr verliessen.
Das EPD ist wieder verspätet
Doch das fiel flach. Denn: Zum wiederholten Mal musste der Start des EPD verschoben werden. Zur Erinnerung: Das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier wurde per 15. April 2017 in Kraft gesetzt. Spitälern wurde ab dann drei Jahre Zeit gegeben, um das EPD einzuführen. Diese Frist ist mittlerweile verstrichen.
Ende 2018 verabschiedete der Bundesrat die Strategie eHealth Schweiz 2.0 und somit, dass das E-Patientendossier schweizweit eingeführt werden soll. Eigentlich wollte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) das EPD am 15. April 2020 einführen.
Im Februar dieses Jahres meldete das BAG, dass man den Start des E-Patientendossiers auf den Sommer verschieben müsse. Das Ziel war, mindestens eine von insgesamt acht sogenannten Stammgemeinschaften – die zukünftigen Anbieter des EPD – bis Mitte April zertifiziert zu haben, damit diese im Sommer den Betrieb aufnehmen kann. Das war noch vor der Corona-Pandemie. Doch auch daraus wurde nichts.

Frühjahr 2021: «Unterschiedliche Auffassungen unter den Akteuren»

Am 9. Juli kam die nächste Verschiebung. eHealth Suisse, die Kompetenz- und Koordinationsstelle von Bund und Kantonen, nannte als Grund: «Unterschiedliche Auffassungen unter den Akteuren über die letzten Schritte der Zertifizierung haben die laufenden Arbeiten zwischenzeitlich verlangsamt». Zu diesem Zeitpunkt hatte noch keine einzige Privatperson ein EPD eröffnet, wie PCtipp auf Anfrage mitgeteilt wurde. Dies, da es noch keine zertifizierte Stammgemeinschaften gab.
Natürlich ist es sinnvoll, sich für die Digitalisierung von heiklen Daten wie Gesundheitsinformationen Zeit zu nehmen. Lieber setzt man dies sorgfältig um und kann dann den Datenschutz gewährleisten.
Doch was leicht irritierend ist: Offenbar hatte Anfang Juli 2020 noch keine Stammgemeinschaft zumindest den Pilotbetrieb aufgenommen. Denn es heisst in einem Mailing von eHealth Suisse: «Der EPD-Programmausschuss von Bund und Kantonen erwartet, dass (…) erste Stammgemeinschaften noch in diesem Jahr den Pilotbetrieb aufnehmen.» Nach über drei Jahren darf man durchaus etwas mehr Output erwarten.

Wer sich für das E-Patientendossier interessiert, wird aktuell aufs Frühjahr 2021 vertröstet. Ich würde nicht darauf wetten, dass es bei diesem Termin bleibt.
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Kommentare
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malamba
12.08.2020
Ein weiters Kapitel in der "Unendlichen Geschichte" der Pleiten und Pannen. Meines Wissens wurden die Spitäler dazu verpflichtet am Projekt mitzumachen und auch schon wieviele Millionen? voraus Zahlungen zu leisten. Eine weitere ungesunde Geschichte die den Kk Prämien- und Steuerzahler einmal mehr Millionen kosten wird!? .....man gewöhnt sich ja an alles??

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noxo
13.08.2020
Da haben sich Arztpraxen, Spitäler und wer weiss wer sonst noch alles auf das EPD eingestellt. Doch es scheint, unsere Politiker scheuen sich, die Verantwortung für Ihre Entscheide zu tragen. Die Risiken bei einer notfallmässigen Spitaleinlieferung sind ohne EPD massiv höher. Der administrative Zusatzaufwand zur Führung eines Patientendossiers ist für den Hausarzt enorm. Die dadurch verursachten Zusatzkosten übernehmen die Krankenkassen. Das kann's ja nicht sein...? Müsste man da nicht einen anderen Weg einschlagen? Vielleicht mit weniger Qualitätskontrollen, weniger Audits, weniger Vorschriften aber mit griffigerer Gangar?. Nur dort wo gearbeitet wird, passieren Fehler - und diese können jedem passieren, der arbeitet. Aber niemandem, der keine Verantortung zu übernehmen bereit ist...

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ppitpc
02.09.2020
Ich habe sehr gute Erfahrungen mit dem Patienten Dossier in Genf gemacht, wo es seit einigen Jahren funktioniert, vor allem mit dem Kantonsspital HUG. Bei den Hausärzten, die freiwillig mitmachen können, hapert es aber noch. Ich werde den Verdacht nicht los, dass die nicht besonders interessiert sind, dass andere Ärzte ihre Diagnosen konsultieren könnten