Tests
05.11.2013, 07:00 Uhr
Test: Samsung Galaxy Gear
Mit der Galaxy Gear hat Samsung seine erste SmartWatch lanciert. Ob das Konzept einer schlauen Computeruhr vernünftig umgesetzt wurde und woran die Gear noch krankt, verrät unser Test.
Nach der Sony SmartWatch 2 haben wir auch die zweite aktuelle Computeruhr aus Fernost unter die Lupe genommen: Samsungs brandneue Galaxy Gear. Die Parallelen sind zahlreich, und doch gibt es auch deutliche Unterschiede zwischen den beiden schlauen Armbanduhren
Rein optisch hat die Galaxy Gear mehr mit einer klassischen Armbanduhr gemein. Das Gehäuse samt Display ist schmaler und länglicher als die quadratische Einheit der Sony-Uhr. Das Design mit der Frontblende aus Metall ist recht schick, auch wenn die Farbkombination unseres Testgeräts etwas gewöhnungsbedürftig ist – aber es stehen ja nicht weniger als sechs Farbvarianten zur Wahl. Das Armband der Gear ist aus Kunststoff, die Schnalle wieder aus Metall. Das Band lässt sich nicht auswechseln, aber in der Länge verstellen. Geschlossen wird die Schnalle mit einem simplen Schnappmechanismus. Die Uhr sitzt relativ bequem am Handgelenk, was auch am erstaunlich geringen Gewicht liegt. Insgesamt wirkt die Galaxy Gear erfreulich unauffällig.
Gutes Display
Samsung setzt wie Sony auf ein 1,6 Zoll grosses (oder besser: kleines) Display, allerdings auf eines vom Typ Amoled. Dieses verfügt über eine angesichts der Grösse beachtliche Auflösung von 320 x 320 Pixeln (Sony SmartWatch 2: 220 x 176). Im Unterschied zur Sony-Uhr, wo die Uhrzeit permanent angezeigt wird, schaltet sich der Bildschirm der Galaxy Gear aber nur ein, wenn man drauf schaut. Ein Bewegungssensor erkennt, wenn wir den Arm mit der Uhr ein Stück anheben (was wir in der Regel tun, wenn wir auf die Uhr schauen) und schaltet das Display ein. Das funktioniert in der Praxis recht gut. Will man allerdings im Sitzen einen flüchtigen Blick auf die Uhr werfen, klappt das nicht. Alternativ kann man den Bildschirm auch über die Einschalttaste auf der rechten Seite aktivieren, was aber natürlich etwas mühsam ist, nur um die Uhrzeit abzulesen.
Auf der nächsten Seite: intuitive Bedienung
intuitive Bedienung
Intuitive Bedienung
Ist der Bildschirm eingeschaltet, wird standardmässig die Zeit angezeigt. Zusätzlich zur Uhrzeit lassen sich auch noch weitere Informationen, beispielsweise die Wettervorhersage oder der nächste Kalendereintrag anzeigen. Mittels seitlicher Wischbewegungen navigiert man durch das Menü. Ein Wischen nach oben ruft direkt die Telefon-Wähltasten auf, ein Wischen nach unten und man landet direkt im Kameramodus. Ja richtig gehört, die Galaxy Gear verfügt über eine eingebaute Kamera, doch dazu später mehr
Die Standardfunktionen der Gear umfassen beispielsweise eine Mediensteuerung (damit lässt sich die Musikwiedergabe auf dem Smartphone steuern), eine Stoppuhr, Sprachmemo oder einen Schrittzähler. Innerhalb von Menüs oder Apps gelangt man jeweils mit einem Wisch von oben nach unten eine Ebene zurück. Die Navigation via Wischgesten funktioniert grundsätzlich gut und ist intuitiv umgesetzt. Die Bedienung ist weitgehend flüssig. Etwas mühsam allerdings: Zwar lässt sich die Reihenfolge der Menüeinträge anpassen, doch ist es zuweilen dennoch nervig, sich bis zur gewünschten Anwendung vorzuwischen. Zwar gelangen wir über das Menü, wo vier Apps pro Seite angezeigt werden, schneller ans Ziel, doch um ins Menü zu gelangen, müssen wir auch zuerst dreimal nach rechts wischen – das hätte man besser lösen können.
Telefonieren ohne Privatsphäre
Anrufe tätigt man entweder über die Wähltasten oder die Telefonkontakte, die man bequem auf der Gear durchsuchen kann. Wenn man mit der Uhr einen Anruf tätigt oder entgegennimmt, wird über ein integriertes Mikrofon gesprochen, die Wiedergabe des Gegenübers findet über die in die Schnalle des Armbands integrierten Lautsprecher statt. Da die Lautstärke ziemlich hoch ist, muss man die Uhr nicht unbedingt direkt ans Ohr halten, allerdings ist so auch nicht an private Gespräche zu denken – die Uhr funktioniert mehr wie eine Freisprechanlage, was für in der Öffentlichkeit eher ungeeignet ist. Leider lassen sich über die Uhr getätigte Anrufe auch nicht über ein am Smartphone angeschlossenes Headset führen.
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Spartanische Standardfunktionen
Spartanische Standardfunktionen
Die Gear informiert auch über eingehende Benachrichtigungen – allerdings nur teilweise. Eingehende SMS oder E-Mails von Samsungs Standard-Mailanwendung werden zwar auf der Uhr angezeigt, Benachrichtigungen von anderen Apps wie z.B. der Gmail-App jedoch nicht – das ist unbefriedigend gelöst. Immerhin wird z.B. bei SMS auch der Inhalt direkt auf der Uhr angezeigt.
Auch die weiteren Standardfunktionen sind eher spartanisch umgesetzt. So erlaubt die Mediensteuerung zwar das Steuern der Wiedergabe (Pause, Play, Vor und Zurück) sowie das Verstellen der Lautstärke, mehr aber auch nicht. Ausserdem werden lediglich Songtitel und Interpret angezeigt, weitere Informationen (z.B. Album-Cover, Statusbalken) fehlen.
Schnappschüsse aus dem Handgelenk
Mehr als Gadget ist die im Armband integrierte Kamera zu verstehen. Sie hat eine Auflösung von lediglich 1,9 Megapixel und vollbringt natürlich keine Wunder. Angesichts dessen ist die Qualität der Bilder allerdings ganz okay, für einen schnelle Schnappschuss zwischendurch reichts – vorausgesetzt, es ist hell, denn bei Dunkelheit erkennt man rasch nichts mehr. Selbst Videos können aufgezeichnet werden, inklusive Ton, allerdings maximal 15 Sekunden lang.
Die bereits von Samsung-Smartphones bekannte Sprachsteuerung S Voice ist ebenfalls mit an Bord. Sie wird durch ein zweifaches Drücken der seitlichen Taste aktiviert. Anschliessend lassen sich über Sprachbefehle Anrufe tätigen, Nachrichten verschicken oder Kalendereinträge erfassen.
Die Galaxy Gear setzt auf dasselbe Konzept wie Sonys SmartWatch 2: Auch hier muss zuerst eine Anwendung auf dem Smartphone installiert werden – in diesem Fall der Gear Manager – um danach weitere Apps auf der Uhr installieren zu können. Die Koppelung von Uhr und Smartphone funktioniert auch hier via NFC. Dazu muss die mitgelieferte Ladestation ans Smartphone gehalten werden, denn nur die verfügt über einen NFC-Chip. Ist die Koppelung abgeschlossen, verbinden sich Smartphone und SmartWatch via Bluetooth.
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Enttäuschende App-Auswahl
Enttäuschende App-Auswahl
Die App-Auswahl im Gear Manager hat uns etwas enttäuscht. Nur rund 30 Apps sind zu finden – deutlich weniger als bei Sonys SmartWatch 2, wo es über 100 sind. Auch sind jetzt nicht unbedingt die Killer-Apps darunter. Zwar gibt es (sehr simpel gehaltene) Anwendungen für Facebook, Twitter, Evernote oder ChatOn. Doch die Auswahl scheint (noch) ziemlich unvollständig, beispielsweise fehlte uns eine Wetter-App oder auch ein alternativer Medien-Player.
Die Akkulaufzeit fiel etwas besser aus als erwartet: Nach einem halben Tag intensiver Nutzung inklusive Anrufe und Verwendung der Kamera war der Akku immer noch zu rund zwei Dritteln geladen. Bei eher zurückhaltender Nutzung profitiert die Gear sicherlich davon, dass der Bildschirm bei Nichtgebrach abgeschaltet wird. Dann dürfte die Gear vielleicht sogar zwei Tage am Stück laufen. Im Vergleich mit Sonys SmartWatch 2 kann die Akkulaufzeit dennoch nicht ganz mithalten. Zum Laden muss die Uhr übrigens in die mitgelieferte Ladestation gelegt werden – anders gehts nicht, da an der Uhr selbst kein Micro-USB-Port zu finden ist.
Einer der grössten Kritikpunkte an der Galaxy Gear ist die sehr eingeschränkte Kompatibilität. Zum Testzeitpunkt war die Uhr gerademal mit dem Samsung Galaxy Note 3 kompatibel. Zwar soll demnächst ein Update kommen, dass auch das Galaxy S4, Galaxy S3 und Galaxy Note 2 und später auch weitere Samsung-Smartphones mit der Gear kompatibel macht, dennoch schauen Besitzer von Smartphones anderer Hersteller in die Röhre – oder sie greifen einfach zur Sony SmartWatch 2, denn die funktioniert mit Smartphones aller Hersteller.
Fazit: Die Galaxy Gear macht sich recht gut am Handgelenk und lässt sich intuitiv bedienen. Der Funktionsumfang ist jedoch relativ eingeschränkt, zumal auch die Auswahl der Apps noch zu wünschen übrig lässt. Schade zudem, dass Samsung Smartphones anderer Hersteller aussen vor lässt – gerade auch angesichts des happigen Preises.
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