Tests
23.11.2015, 13:30 Uhr
OnePlus 2: der «Flaggschiff-Killer» im Test
Wie viel Flaggschiff steckt wirklich in dem 490 Franken günstigen Phablet aus China - und: Darf es sich überhaupt «Flaggschiff-Killer» nennen? PCtipp wollte es wissen.
Das chinesische Start-up «OnePlus» wirft ein günstiges Smartphone mit sehr starker Hardware auf den Markt. Tatsächlich ist das 5,5 Zoll grosse OnePlus 2 mit allen Schikanen der Neuzeit ausgestattet. Dafür sprechen schon der flinke Snapdragon-810-Achtkernprozessor samt 4 GB RAM und die 13 Megapixel starke Kamera mit Laser-Autofokus. Das alles verpackt OnePlus in ein 490 Franken günstiges Smartphone. Doch genug der trockenen Fakten: PCtipp hat dem selbsternannten Flaggschiff-Killer eine Woche lang auf den Zahn gefühlt.
Was macht einen Flaggschiff-Killer aus?
Die Frage drängt sich schon beim ersten Befühlen auf: Was macht denn einen «Flaggschiff-Killer» aus? Dass der Preis eine Rolle spielt, lässt bei dem vergleichsweise günstigen High-End-Telefon sicher aufhorchen. Ob man im Alltag den schnellsten Achtkernprozessor braucht, um vorwiegened Apps wie Facebook aufzurufen, ist die andere Frage. Denn Hardware allein macht den Braten noch nicht feiss. Diese nistet die Oppo-Tochter jedoch sehr gekonnt in ein robustes Metallrahmengehäuse ein. Ziemlich modular: Der Akku ist unterhalb einer Kunststoffabdeckung verschraubt. Der Akku ist somit (mit Werkzeug) ersetzbar.
In der Nähe des Dual-SIM-Slots sucht man jedoch vergebens nach einer microSD-Speichererweiterung. Mit 64 GB Flash-Speicher an Bord tut uns der Hersteller beim Standardmodell für Fr. 490.- jedoch einen Gefallen: Das ist doch endlich ein bisschen mehr, als das, was man heutzutage so braucht.
Das Interieur und die Abdeckung
Die hauchdünne Kunststoffabdeckung der Smartphone-Rückseite entfernt sich ebenso locker wie bei einem Samsung Galaxy Alpha und verankert sich beim Andrücken sehr solide. Wer später Lust hat, kann den Deckel je nach Lust und Laune auch gegen andere Covers – zum Beispiel gegen einen hölzernen Bambusdeckel – ersetzen.
Funktionale Aspekte des Deckels
Dem Hersteller ging es wohl darum, das Phablet nicht noch schwerer zu machen, als es schon ist. Mit 175 Gramm geht das Gewicht für ein 5,5-Zoll-Gerät noch knapp in Ordnung. Die schwarze «Sandstone Black»-Schale, mit der unser Testgerät bekleidet war, ist sehr empfehlenswert: Durch sein feinporiges Muster fühlt sich die Rückseite zwar ein wenig wie feines Schleifpapier an, auf funktionaler Ebene schlägt der Hersteller aber damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Erstens verleiht das Sandstein-Cover dem Telefon eine sehr griffige Handhabe, zweitens lassen sich Staub- und Schmutzpartikel einfach mit der Handkante herausstreichen.
Top-Display mit kleinen Schwächen
Das blickwinkelstarke Full-HD-Display bestach in unserem Test mit guten Werten. Zwar verzichtet OnePlus auf eine vierfache HD-Auflösung. Die Inhalte zeigt das Display aber trotzdem sehr scharf an und schont damit den Akku. Ganz so hell wie ein iPhone 6 ist es aber nach unseren Messungen nicht. Da ein normales LCD-Display zum Einsatz kommt, wirken auch die Farben im Vergleich zu einem Galaxy S6 nicht ganz so lebhaft und genau. Das Display unter dem robusten Gorilla Glass reagiert hochpräzise auf Touch-Eingaben. Einem Flaggschiff-Bildschirm wird es jedoch mit der Helligkeit und den Farben nicht ganz gerecht.
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Software-Extras
Performance
Positiv: Der Hersteller liefert das OnePlus 2 mit einem fast nativ gehaltenen Android 5.1.1 und verzichtet fast ganz auf vorinstallierte Apps. Im Testlauf verhielt sich unser 64-GB-Speichermodell mit seinem Achtkern-Qualcomm-Chip sehr performant. Seit Langem haben wir es wieder einmal mit einem Smartphone zu tun, das es annähernd mit der Leistung eines Galaxy S6 aufnimmt.
Im AnTuTu-Bechmark (64 Bit) liegt es jedoch mit 57'399 Punkten noch immer ein wenig unter der Gesamtleistung eines S6 Edge (70'029 Punkte). Ein LG G Flex 2 mit demselben Prozessor und 52'724 Leistungspunkten überholt es aber locker. Im Geekbench-3-Testlauf war das OnePlus 2 in der Single- und Multicore-Leistung etwa gleich stark wie ein Galaxy S6 mit 1167 bzw. 4577 Punkten (Galaxy S6: 1493/4707).
Erfreulich: Während den Bechmarks und im Alltag wurde das Gerät nie zu warm an der Rückseite. Die Akkulaufzeit des 3300 mAh starken Akkus fällt ebenfalls überraschend positiv aus: Man kommt locker mehr als einen intensiven Smartphone-Tag über die Runden. Ist man unterwegs und surft mobil oder per WLAN ständig auf News-Seiten, zeigt der Akku abends noch immer einen Füllstand von 30 bis 40 Prozent.
Einziges Manko: Leider offeriert der Hersteller keine Schnellladefunktion wie z.B. Motorola beim Moto X Style. Über den USB-Typ-C-Anschluss ist das Smartphone jedenfalls nicht spürbar schneller als ein gewöhnliches micro-USB-Handy nachgetankt. Vielleicht werden Zubehörhersteller später noch QuickCharge in Form spezieller Typ-C-Ladeschalen anbieten.
Kamera
Die Kamera-App hat OnePlus ebenfalls Google-nativ belassen und die Bedienfunktionen nicht gross erweitert, ausser dass man mit dem OnePlus 2 auch in einem Zeitraffermodus in 120 Bildern pro Sekunde in HD durchrattern lassen kann. Die 13-Mpx-Hauptkamera erzeugt sehr lebhafte Schnappschüsse mit guter Farbsättigung, während der Laser-Autofokus nicht ganz mit dem eines LG G4 mithalten kann. Im Fotomodus verliert die Kamera besonders in dunkeln Umgebungen hie und da den Fokuspunkt. Wir hoffen, dass OnePlus das noch irgendwie mit einem Software-Update ausbügelt. Ansonsten schiesst die 4K-fähige Kamera mit grosser Blende (f/2.0) und optischem Bildstabilisator sehr scharfe und rauscharme Fotos.
Erweiterte Gestenfunktionen
Interessant: Hat man in den Einstellungen die Gestenfunktion aktiviert, stehen auf Fingerwischkommando diverse Schnellaktionen zur Wahl. Beispiel: Wischt man aus dem Standby heraus ein «O», schaltet sich die Kamera ein. Mit einer «V»-Bewegung aktiviert man den Blitz. Will man die Musik pausieren, zeichnet man kurz zwei aneinanderliegende Vertikalstriche. Das alles ist irgendwie witzig und funktioniert erstaunlich gut. Die Gesten-Shortcuts bergen jedenfalls viel Potenzial für weitere Interaktionsmöglichkeiten. Was das geringfügig modizifzierte Android sonst noch bringt: Man kann zum Beispiel verschiedenfarbige LED-Benachrichtungen für allgemeine Benachrichtungen oder den Akku-Status festlegen. Ein Schalter für App-Berechtigungen, um Apps gezielt Zugriff auf Berechtigungen zu entziehen, ist hier schon in der Android-Version 5.1.1 vorhanden.
Unter dem Strich drängt sich Oxygen OS kaum auf – und das ist gut so. Bleibt zu hoffen, dass das Android-6.0-Update nicht zu lange auf sich warten lässt. Gründe dafür gibt es eigentlich keine.
Fazit
Das OnePlus 2 vereint unter dem Strich viele Unterscheidungsmerkmale anderer Top-Smartphones. Da es sich nicht über nur einen Differenzierungsfaktor verkauft, ist es durchaus ein Flaggschiff-Killer, bei dem man mit dem Verzicht auf kleinere Dinge wie NFC, High-End-Display und QuickCharge leben muss.
Das Testgerät wurde uns freundlicherweise von Digitec zur Verfügung gestellt. Hier geht es zum Produkt.
Testergebnis
Preis, Verarbeitung, Performance, Akkulaufzeit
Kamerafokus, Display-Helligkeit
Details: 5,5"-Full-HD-Display (LCD), Achtkernprozessor (Snapdragon 810), 4 GB RAM, 64 GB Speicher, 13-Mpx-Rückkamera, 5-Mpx-Frontkamera, WLAN-ac, Android 5.1 («Oxygen»), Abmessungen: 15,2 x 7,51 x 9,9 cm, Gewicht: 175 g; Besonderheiten: Laser-Autofokus, optischer Bildstabilisator, USB-Typ-C-Anschluss
Preis: Fr. 489.-
Infos:digitec.ch/de/s1/product/oneplus-2-550-64gb-dual-sim-sandstone-black-mobiltelefon-5634400
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Autor(in)
Simon
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24.11.2015
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