0,8 Liter Hochleistung
18.11.2024, 11:00 Uhr
Test: Mac mini M4
Egal, ob man beim Preis, der Grösse oder der Leistung ansetzt: Bei Apples Kleinstrechner mit M4-SoC benötigt jede Beschreibung einen Schwall von Superlativen.
(Quelle: Apple Inc.)
Schon immer war ein Mac mini kaum totzukriegen. Oft kauft man ihn als Arbeitsrechner. Danach wird er in der Familie weitergereicht, gerne auch im Kinderzimmer. Und wenn andere Desktops längst in den letzten Zügen liegen oder entsorgt wurden, eignet er sich immer noch als dezentes Mediacenter oder als genügsamer Heimserver. Gleichzeitig lockt er als perfekte Einstiegsdroge für Windows-Anwender: Was bereits an Zubehör vorhanden ist, wird entweder direkt oder mit einem Adapter angeschlossen, von der Maus bis zum High-End-RAID.
Das soll ein Desktop sein?!
Der Mac mini wurde seinem Namen schon immer gerecht, schliesslich ist er der kleinste Desktop-Rechner in Apples Portfolio. Doch heuer driftet es schon fast ins Absurde ab, indem sich der Rechner mit einer Hand von oben fassen lässt. Man traut diesem Winzling kaum Leistung zu – wohl wissend, dass er einen schnell vom Gegenteil überzeugen wird.
Die Grösse beeindruckt auch noch Tage später
Quelle: PCtipp
Der Lieferumfang ist auf das notwendigste reduziert. In der kleinen Schachtel befindet sich das geflochtene Netzkabel – und das wars. Was ebenfalls fehlt: ein externes Netzteil. Das allein begeistert alle Freunde des aufgeräumten Schreibtisches. Denn sehr kleine Computer gibt es zwar auch anderswo. Doch der Ziegelstein von einem Netzteil, der üblicherweise dranhängt, entlarvt ihre Schwächen bei der Miniaturisierung – von der fehlenden Leistung ganz zu schweigen.
Allerdings habe ich noch nie eine Klage über einen zu grossen Mac mini gehört oder gelesen. Stattdessen bringt seine Verzwergung auch Nachteile bei der Ästhetik, weil sich einige Anschlüsse auf der Vorderseite befinden (müssen). Das ist praktisch, wenn man sie braucht; aber die einst makellose Front wird auch ein wenig abgewertet, wenn man den Ports keinen sinnvollen Zweck zuordnen kann.
Der Hauptschalter befindet sich jetzt hinten links an der Unterseite. Deshalb muss der Mac mini leicht angehoben werden, um ihn einzuschalten. Das führte im Internet natürlich zu heftiger Kritik – vorzugsweise von Leuten, die sich sowieso nie einen Mac kaufen.
Die Position des Hauptschalters auf der Unterseite
Quelle: PCtipp
In der Praxis ist diese Position nicht relevant, weil es kaum einen Grund gibt, den Mac mini auszuschalten: Im Ruhezustand beträgt der Verbrauch gerade einmal 0,5 Watt – ein kleiner Preis dafür, dass der Rechner inklusive aller offenen Programme und Dokumente innerhalb von zwei bis drei Sekunden zur Verfügung steht.
Anschlüsse (mit Vorbehalt)
USB-C. USB-A-Schnittstellen gibt es keine mehr – und das ist auch gut so. Schliesslich findet man Adapter an jeder Ecke für einen Franken oder zwei. Stattdessen kommt der Mac mini in jeder Konfiguration mit fünf USB-C-Ports: zwei auf der Vorderseite und drei auf der Rückseite.
Doch nicht alle USB-C-Ports sind gleich, denn sie beschreiben nur den Formfaktor – aber nicht, was dahintersteckt. Was sie zu leisten vermögen, ändert mit der gewählten Konfiguration. Der Mac mini ist wahlweise mit dem M4- und dem M4 Pro-SoC zu haben (System on Chip). Und damit variieren auch die USB-C-Anschlüsse.
Auf der Vorderseite handelt es tatsächlich «nur» um zwei USB-C-Ports mit einer Übertragungsrate von bis zu 10 Gbit/Sekunde. Auf der Rückseite warten beim Basismodell mit dem M4 drei Thunderbolt-4-Ports mit bis zu 40 Gbit/Sekunde. Beim M4 Pro sind es sogar Thunderbolt-5-Ports mit bis zu 120 Gbit/Sekunde. Oder anders gesagt: Thunderbolt 4 reicht für das Gros der Anwender bis zum jüngsten Tag. Thunderbolt 5 kann hingegen in der Zukunft eine Rolle spielen, wenn zum Beispiel 6K-Displays mit 120 Hz und mehr angesteuert werden sollen.
Je nach SoC befinden sich auf der Rückseite drei Thunderbolt-4- oder Thunderbolt-5-Anschlüsse
Quelle: Apple Inc.
Displays. Apropos: Der M4 unterstützt gleichzeitig zwei Displays à 6K bei 60 Hz plus ein weiteres mit 5K bei 60 Hz. Beim M4 Pro sind es sogar drei Displays à 6K bei 60 Hz.
HDMI. Der HDMI-Port ist nicht nur für gewöhnliche Büromonitore interessant, sondern auch für alle, die mit einem Mac mini als High-End-Mediacenter liebäugeln. Über HDMI lassen sich bei allen Modellen Displays mit bis zu 8K bei 60 Hz oder mit bis zu 4K bei 240 Hz ansteuern – viel mehr also, als irgendein aktueller Fernseher empfangen und wiedergeben kann.
Ethernet. Die Ethernet-Schnittstelle liefert Daten mit 1 Gigabit. Bei der Konfiguration im Apple Store lässt sich der Anschluss für 100 Franken auf 10 Gbit hochkonfigurieren.
Audio. Und schliesslich bietet die Vorderseite eine Klinkenbuchse mit 3.5 Millimeter für aktive Lautsprecher oder Kopfhörer mit hoher Impedanz. Das ist besonders vorteilhaft für Audiophile oder professionelle Anwender: Mit den entsprechenden Kopfhörern kann auch ohne zusätzliche Kopfhörerverstärker eine entsprechende Klangqualität erwartet werden.
Leistung satt
Bei der Leistung befindet sich Apple mit seinem hauseigenen M-SoC (System on Chip) in einer äusserst komfortablen Situation. Kein anderer PC-Hersteller kann auf einen so leistungsfähigen und gleichzeitig stromsparenden Chip zurückgreifen, um damit ein komplettes, hervorragend abgestimmtes Desktop-Betriebssystem zu befeuern. Der M4 benötigt ausserdem wenig Strom; das wiederum reduziert die Wärme – und erst damit wird es möglich, in einem so kompakten Gehäuse das Netzteil einzubauen, ohne dass die Hitze das System kollabieren lässt.
Lüfter. Dessen ungeachtet kann auch der Mac mini im Vergleich zu einem iPad Pro mit M4-SoC nicht ganz auf einen Lüfter verzichten. Das thermische Design saugt die Luft von unten an, leitet sie über das SoC und führt sie nach unten wieder durch den Sockel ab. Der Lüfter war im Test im Standard-Betrieb nie zu hören und der Rechner fühlte sich gerade einmal handwarm an. Wenn der M4 Pro tatsächlich längere Zeit unter Volllast läuft, macht sich ein dezentes Rauschen bemerkbar, das jedoch weit weg vom klassischen «Lüfterlärm» entfernt ist.
Ohne Lüfter geht es nicht; doch abseits der High-End-Anwendungen ist er praktisch nie zu hören
Quelle: Apple Inc.
M4-SoC. Apple bietet den Mac mini mit dem M4-SoC in vier Grundkonfigurationen an, die als Basis für ein massgeschneidertes System dienen können. Die fünfte Grundkonfiguration kommt mit dem M4 Pro, der noch einmal eine Klasse für sich ist: Im Schnitt ist der M4 (ohne Pro) etwa doppelt so schnell, wie der M1. Der M4 Pro wiederum bringt über die verschiedenen Aufgaben hinweg etwa die dreifache Leistung des M1.
Wer solche Werte gerne in Zahlen sieht: Der Hersteller des Benchmark-Tools Geekbench führt eine umfassende Liste mit Vergleichen zwischen den Modellen. Hier steht der M4 Pro praktisch auf einer Stufe mit dem deutlich teureren M2 Ultra im Mac Studio. Mehr noch: der Mac mini leistet bei der wichtigeren Singlecore-Messung sogar bessere Werte. Während der M2 Ultra bis zu 2435 Punkte (Single Core) respektive 18842 Punkte (Multicore) erreicht, sind es beim Mac mini mit M4 Pro 3762 Punkte respektive 14771 Punkte.
SSD. Die SSD liefert beim Modell mit dem M4 Pro etwa 6.3 GB (schreiben) respektive 5 GB (lesen). Im Gegensatz zu früheren Modellen ist die SSD in den Modellen mit dem Standard-SoC zwar langsamer und kommt auf etwa 2,6 GB pro Sekunde. Allerdings ist das immer noch eine deutliche Verbesserung zu den Vorgängern, weil die SSD jetzt auf zwei NAND-Chips verteilt wurde, was parallele Schreib- und Lesezugriffe ermöglicht.
Was der Mac mini nicht ist
Trotz seiner Leistung ist der Mac mini M4 immer noch kein vollwertiger Ersatz für einen Gaming-PC – obwohl der M4 sogar hardwaremässig Raytracing unterstützt. Zwar gibt es auch für die Mac-Plattform Vorzeigetitel wie Lies of P, No Man’s Sky, Death Stranding oder Stray. Doch gegen die überwältigende Flut an Spielen hat die Apple-Plattform zurzeit nicht viel entgegenzusetzen.
«Lies of P» wurde von Apple höchstselbst als Vorzeigetitel für Raytracing geadelt
Quelle: Screenshot / PCtipp
Das liegt weniger an Apples Hardware, sondern vor allem am Desintresse der meisten Spieleschmieden. Gemäss Messungen von spezialisierten Games-Seiten liegt die Leistung der GPU im Mac mini etwa auf der Stufe einer Nvidia Geforce RTX 3060 Ti. Doch auch dieser hervorragende Wert für die integrierte Grafik auf dem SoC ändert nichts daran, dass sich Dienste wie Epic Games und vor allem Steam den Löwenanteil der PC-Gamer sichern, sodass macOS in die Rolle des kleinen Aussenseiters gedrängt wird. Das ändert sich zwar langsam, aber es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis bei den Entwicklern ein breitflächgies Umdenken stattfindet.
Der Überraschungshit «Stray» hat es auch auf die Apple-Plattorm geschafft – und überzeugt mit seinem Lichtspiel
Quelle: Screnshot / PCtipp
Eine Möglichkeit, um an die neusten Blockbuster heranzukommen, sind die Streaming-Dienste wie GeForce NOW oder der Xbox Gamepass Ultimate: Controller via Bluetooth verbinden, Spiel auswählen und loslegen. GeForce NOW bietet einen eigenen Mac-Client, während die Spiele aus Microsofts Gamepass im Browser gespielt werden.
Wenn der Controller breiter als der PC ist …
Quelle: PCtipp
GeForce NOW ist ein reiner Streaming-Dienst für Spiele, die anderswo gekauft wurden. Der Microsoft Gamepass Ultimate bietet hingegen für knapp 20 Franken pro Monat nicht nur die Infrastruktur, sondern auch ein gerütteltes Mass an Blockbustern, die im Abo zum Spielen bereitstehen – und das teilweise sogar ab dem ersten Tag der Veröffentlichung. Die Spiele lassen sich ausserdem auf der Xbox, dem PC und im Browser an den Apple-Geräten spielen.
Es gibt also genügend Futter für den Mac mini – nur eben nicht in derselben Menge, wie an einem Gaming-PC. Diese Einschränkung sollte im Hinterkopf behalten werden, wenn der Mac mini nicht fürs Büro, sondern für den Nachwuchs gedacht ist, der mit seinen Kumpels die angesagten Titel online spielen möchte.
Kaufberatung und Fazit
Zu guter Letzt bleibt die kniffelige Frage nach der richtigen Konfiguration. Der Mac mini ist so skalierbar wie kaum ein anderer Rechner, aber das hat seinen Preis – und der reicht von 599 Franken für das kleinste Basismodell bis zu 4999 Franken für den maximalen Ausbau.
RAM. Alle Grundkonfigurationen starten jetzt bei 16 GB RAM, das Basismodell mit dem M4 Pro sogar bei 24 GB. Bei den Vorgängern waren es noch mickerige 8 GB, was das Update auf 16 GB für 220 Franken fast schon zur Pflicht werden liess. Diese Zeiten sind endlich vorbei. Das liegt auch daran, dass Apple die eigene K.I. «Apple Intelligence» im nächsten Jahr mit Hochdruck vorantreiben wird – und die benötigt mehr Speicher.
Diese 16 GB sind jedoch genug, dass man bereits mit dem Basismodell auf der sicheren Seite steht. Erst wenn die Anforderungen höher sind, empfiehlt sich die Aufrüstung auf 24 GB (+200 Franken) oder sogar auf 32 GB (+400 Franken).
Aus eigener Erfahrung mit einem M2 kann ich jedoch sagen, dass es dazu gute Gründe braucht – etwa die Videoverarbeitung auf hohem Niveau, Musik- und K.I.-Anwendungen oder den Umgang mit sehr grossen Datenmengen. Nur gerade Photoshop und andere DTP-Programme reichen nicht aus, um den Mac mini mit 16 GB in Bedrängnis zu bringen.
Die Modelle mit M4 Pro starten hingegen mit 24 GB und lassen sich optional auf 48 GB (+400 Franken) oder 64 GB (+600 Franken) aufrüsten. Das kann allerdings nicht nachträglich geschehen, sodass der bestellte Speicher für alle Zeiten in Stein gemeisselt ist.
Gemeinsamer Speicher. Bei solchen Mengen muss bedacht werden, dass Apples M-SoC einen superschnellen «gemeinsamen Arbeitsspeicher» verwenden, mit dem die Daten mit einer Speicher-Bandbreite von 120 GB (M4) respektive 273 Gigabytes (M4 Pro) pro Sekunde durch das System gejagt werden. Von diesem Speicher holen sich die CPU, die GPU und die Neural Engine so viel, wie sie gerade brauchen – und das mit enorm kurzen Reaktionszeiten, weil keine Daten zwischen verschiedenen Speichern verschoben werden müssen. Wer also einen Mac mini mit 64 GB bestellt, hat vermutlich umfangreiche 3D- oder K.I.-Berechnungen im Sinn – oder Musik-Anwendungen mit unzähligen Spuren.
SSD. Kostspielig bleibt das Upgrade der SSD. Die kleinste Ausführung mit 256 GB ist sehr knapp bemessen. Sie reicht für die meisten Büro-Anwendungen – oder für Umgebungen, bei denen sehr stark auf externe Massenspeicher, Cloud-Dienste oder Server gesetzt wird. Doch viel Fotosammlungen sind heute gross genug, um eine SSD mit 256 GB zu überfordern.
Wahlweise stehen beim M4 Upgrades auf 512 GB (+200 Franken), 1 TB (+400 Franken) und 2 TB (+800 Franken) zur Auswahl. Die Modelle mit dem M4 Pro beginnen hingegen bei 512 GB SSD; anschliessend schaukeln sich die Upgrades auf bis zu 8 TB (+2400 Franken) hoch.
Was für Apple-Verhältnisse ebenfalls eine kleine Sensation ist: Die SSD ist nicht mehr auf dem SoC verlötet, sondern gesteckt – und liesse sich somit tauschen. Allerdings ist zurzeit unklar, wie sich das im realen Leben niederschlägt. Der Anschluss der SSD ist proprietär. Apple selbst bietet keine einzelnen SSDs an, sodass dieses Feld von Drittanbietern beackert werden muss. Welche Herausforderungen es zu meistern gilt und überhaupt jemals solche SSDs erscheinen, steht noch in den Sternen. Wer also auf Nummer Sicher gehen will, schluckt die Kröte und wählt bereits bei der Bestellung eine SSD, die für die nächsten fünf Jahre gross genug ist.
Fazit
Der neue Mac mini ist der beste Desktop-Mac, den Apple für die breite Masse je gebaut hat. Mehr noch: Vermutlich ist er der beste Desktop-Rechner überhaupt, wenn das eigene Arbeitsprofil passt und Windows oder Gaming keine Sachzwänge sind. Eine so hochgradig skalierbare Architektur in einem Gehäuse von 0,8 Litern und zu einem Preis ab 599 Franken: Mit der nötigen Umsicht bei der Konfiguration ist die Freude auf Jahre hinaus garantiert.
Testergebnis
Grösse, Leistung, Preis, Lüfter, Software
Kein Wi-Fi 7
Details: M4-SoC, 16 GB gemeinsamer Speicher, 256 GB SSD, 10-Core CPU, 10‑Core GPU, hardwaregestütztes Raytracing, 16‑Core Neural Engine, Gigabit-Ethernet, 2× USB-C bis 10 GBit/Sekunde, 3× Thunderbolt 4 bis 40 GBit/Sekunde, 3,5-mm-Audio, Wi-Fi 6E, max. Leistungsaufnahme 155 Watt, macOS 10.15 ‹Sequoia›
Preis: ab 599 Franken
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