Kräftiger Zwerg 06.05.2020, 11:29 Uhr

Test: Apple iPhone SE (2020)

Ausstattung und Preis machen das neue iPhone SE zum Androiden-Schreck – aber es werden noch andere Zielgruppen angepeilt.
Das iPhone SE gibt es vom Start weg auch in der Farbe PRODUCT(RED)
(Quelle: Apple, Inc.)
Grösser ist besser: So lautet scheinbar die Maxime der Smartphone-Hersteller, und der Erfolg gibt ihnen recht, wenn man sich die aktuellen Spitzenmodelle ansieht. Dessen ungeachtet will auch eine andere, ziemlich hartnäckige Zielgruppe bedient werden, der ein Smartphone nicht gar nicht klein genug sein kann. Sie wurde bis anhin mit dem iPhone SE bedient, das jedoch ziemlich genau vier Jahre auf dem Buckel hat – eine Ewigkeit in dieser Branche. Jetzt wird die Uhr auf null zurückgestellt.

Klein, aber nicht mehr winzig

Beginnen wir mit der Grösse. Wer die teils hitzigen Diskussionen im Internet verfolgt, könnte leicht zum Schluss kommen, dass es sich bei diesem Thema um einen Fetisch handelt. Und immer wieder melden sich Leute zu Wort, die ein möglichst kompaktes Smartphone suchen. Vermutlich müssen diese Anwender nie tippen – oder sie sind mit der Präzision eines Spechtes gesegnet, wenn sie auf das Display einhämmern. Aber die Geschmäcker sind ja verschieden.
Das neue iPhone SE liegt in der Grösse zwischen dem Vorgänger und dem iPhone 11 Pro
Quelle: Apple, Inc.
Nebenbei: Eine Gruppe wird jedoch sehr froh sein, dass das Display gegenüber dem ersten iPhone SE von 4 Zoll auf 4.7 Zoll angewachsen ist. Die App-Programmierer stehen seit Jahren vor dem Problem, dass es fast unmöglich ist, eine gutaussehende und ergonomische App zu gestalten, die sowohl auf dem alten 4-Zoll-Gerät und dem iPhone 11 Pro Max mit seinen 6,5 Zoll gleichermassen funktioniert. Für sie wird sich die Situation massgeblich entspannen.
Das Display des iPhone SE löst mit 1334×750 Pixel bei 326 ppi auf – und damit entspricht die Pixeldichte exakt jener des Vorgängers. Das True-Tone-Display passt die Farbtemperatur an das Umgebungslicht an, was sich besonders am Abend sehr angenehm bemerkbar macht. Es deckt den kompletten Farbraum P3 ab, ist HDR-10-fähig und unterstützt Dolby Vision. Das Display arbeitet ausserdem mit «Haptic Touch»: Dabei wird ein Symbol einfach ein wenig länger gedrückt, um das Kontextmenü aufzurufen. Die maximale Helligkeit liegt bei 626 Nits. Kurz, an diesem Display gibt es nicht das Geringste zu beanstanden.

Gleiches Gehäuse, neue Möglichkeiten

Das iPhone SE der zweiten Generation kommt in jener Form, wie sie bereits vom iPhone 6 vorgegeben wurde und fast unverändert zuletzt beim iPhone 8 eingesetzt wurde. Dieses wurde übrigens aus dem Sortiment genommen: Die nächsthöhere Stufe nach dem iPhone SE ist das iPhone XR, das sich allerdings mit seiner markanten Kerbe und dem Gesichtsscanner Face ID an den Spitzenmodellen orientiert. Der Kopfhörer-Anschluss bleibt hingegen auch beim iPhone SE abgeschafft, ein passender Kopfhörer mit Lightning-Stecker liegt bei.
Der Grössenunterschied zum iPhone 11 Pro Max ist frappant
Quelle: PCtipp.ch
Zutrittssystem. Das iPhone SE kommt mit dem klassischen Fingerscanner Touch ID und den entsprechend breiten Rändern oben und unten. So weit, so bekannt. Der Fingerscanner wird auch bemüht, um mit Apple Pay kontaktlos zu bezahlen, indem beim gesperrten iPhone einfach der Finger aufgelegt und das Gerät ans Terminal gehalten wird. Ich bin zwar ein Fan von Face ID – aber das Bezahlen mit Touch ID ist tatsächlich ein wenig komfortabler.
Kommunikation. Das iPhone SE ist Dual-SIM-fähig, wobei es sich bei der zweiten SIM um eine eSIM-handelt, die ohne physische Karte aktiviert werden kann. Damit dauert es nur Sekunden, um im Ausland ein Datenkontingent zu kaufen. NFC und Bluetooth 5 sind selbstverständlich dabei; letzteres ermöglicht es, dass ein iPhone gleichzeitig zwei AirPods bespielt, was als Zeichen der trauten Harmonie in einer Beziehung gewertet wird. 5G ist erwartungsgemäss nicht an Bord, allerdings wird Wi-Fi 6 (AX) unterstützt.
Gehäuse und Batterie. Die Rückseite ist neu aus Glas, während das alte iPhone SE noch komplett aus einer Aluminium-Legierung bestand. Damit wird der Weg frei für das kabellose Laden über Qi. Fast-Charge wird ebenfalls geboten, sodass eine leere Batterie mit einem 18-Watt-Netzteil innerhalb von 30 Minuten zur Hälfte gefüllt ist. Schade nur, dass zum Lieferumfang ein popeliges 5-Watt-Netzteil gehört.
Wasserfest. Das Gehäuse ist nach IP67 klassifiziert. Gemäss Apple hält das Gerät in einer Tiefe von bis zu einem Meter mindestens 30 Minuten lang durch – und zwar nicht nur im Süsswasser, wie es bei den meisten Mitbewerbern der Fall ist.

Kamera mit kleinen Abstrichen

Mit seiner Grösse und seinem Preis liegt es auf der Hand, dass die Kamera nicht dieselbe Leistung erbringt, wie die grossen Geschwister. Das einzelne Weitwinkel fotografiert mit 12 Mpx bei Blende ƒ1.8. Videos sind mit 4K bis 60 fps möglich. Sollen die Filmchen jedoch mit erweitertem Dynamikumfang aufgezeichnet werden, sinkt die Bildrate auf 30 fps. Die Filme sind in jedem Fall steinsolide: nichts ruckelt oder «schwimmt», die Farben sind natürlich und die Qualität überzeugt auch auf dem Fernseher in jeder Hinsicht. Und ganz wichtig: Das neue iPhone SE kommt mit einem optischen Bildstabilisator.
Obwohl für die Distanzmessung nur ein Objektiv zur Verfügung steht, bietet das iPhone SE einen Porträt-Modus eine künstliche Schärfentiefe, um den Hintergrund verschwimmen zu lassen. Allerdings stützt sich dieser Modus komplett auf die Gesichtserkennung, sodass dieser Effekt nur mit Menschen funktioniert. Nicht dabei ist der Nachtmodus, der bei den Pro-Modelle für offene Münder sorgt – aber all das wird die angepeilte Zielgruppe in den meisten Fällen herzlich wenig interessieren.
Die hintere (Selfie-) Kamera löst mit 7 Mpx, Filme werden in Full-HD (1080p) und mit 30 fps gedreht. Ausserdem wird der Porträt-Modus unterstützt, nicht aber die Animojis, mit denen Cartoon-Figuren in Echtzeit aufgrund der eigenen Kopfbewegung animiert werden.

Genug Leistung für die nächsten Jahre

Das erste iPhone SE hat sich nicht nur vier lange Jahre gehalten, sondern es erfreut sich auch heute noch einer grossen Beliebtheit. Die Chancen stehen gut, dass auch die neue Generation mit einer hohen Lebenserwartung rechnen kann, denn Apple verbaut in das kleine Gerät dieselbe CPU wie im teuersten iPhone 11 Pro: den A13 «Bionic». Das bedeutet Leistung satt, etwa für die Datenverarbeitung oder für Augmented-Reality-Anwendungen. Doch viel mehr zählt, dass dieses Gerät wohl innerhalb der nächsten fünf Jahre problemlos jedes Systemupdate mitmachen wird.

Kaufberatung und Fazit

Das iPhone SE ist zwar ein wenig grösser als sein Vorgänger, doch unter dem Strich liefert es genau das, was sich die meisten Fans wünschen – und das zu einem ungewöhnlich aggressiven Preis. So kostet das iPhone 11 mit 64 GB 809 Franken, das iPhone SE nur 449 Franken – also fast die Hälfte weniger! Auch das in der Mitte angesiedeltes iPhone XR schlägt noch mit 669 Franken zu Buche.
Nun könnte man entgegenhalten, dass man dafür mit einem etwas überholten Design und dem fehlenden Gesichtsscanner leben muss – aber diese vermeintlichen Nachteile werden von vielen Interessenten sogar positiv wahrgenommen, wenn man den Stimmen im Internet glauben darf.
Die zweite, mindestens genauso wichtigste Zielgruppe sind die Firmen, die solche Geräte kistenweise kaufen. Sie finden im iPhone SE ein zuverlässiges Gerät, das höchste Sicherheitsansprüche erfüllt und dank seiner leistungsfähigen CPU über Jahre hinweg auf dem neusten (Sicherheits-) Stand bleibt. Und all diese Eigenschaften gibt es im iPhone SE – pardon! – zum Spottpreis.
Ein Jahr Apple TV+ gehört beim Kauf dazu, doch der Streaming-Dienst wird wohl besser auf den grösseren Geräten wie einem iPad konsumiert – oder gleich am Fernseher
Quelle: Apple, Inc.
Nicht zuletzt dieser Preis macht das iPhone SE aber auch zum Androiden-Schreck. Apples Geräte sind preislich seit jeher im oberen Segment angesiedelt und deshalb für viele Interessenten keine Option. Doch das kleinste iPhone rutscht preislich in Regionen ab, die von der Android-Mittelklasse dominiert wird, mit all ihren Schwächen wie Bloatware oder eine mangelhafte Update-Politik. Diese Käuferschicht kann jetzt bedenkenlos bei Apple zugreifen.
Das iPhone SE wird in den Speichergrössen 64 GB, 128 GB und 256 GB angeboten. Dafür werden 449 Franken, 519 Franken oder 639 Franken fällig. Zur Auswahl stehen die Farben Schwarz, Weiss und Rot. Die Frontpartie ist in jedem Fall schwarz. Wie bei jedem iPhone gibt es aktuell beim Kauf 1 Jahr lang den Streaming-Dienst Apple TV+ kostenlos dazu. Der wird allerdings besser auf einem Apple TV am Fernseher betrieben, was kein Problem ist.

Fazit

Das iPhone SE trifft sicher nicht jeden Geschmack, denn es kommt nicht von ungefähr, dass die Smartphones lange Zeit nur grösser wurden. Doch für seine Zielgruppe ist das iPhone SE ein Volltreffer: So viel iPhone fürs Geld gab es noch nie. Kompromisse wurden zwar gemacht – doch überall dort, wo es wichtig ist, überzeugt das kleine Smartphone auf der ganzen Linie.

Testergebnis

Tempo, True-Tone-Display, Software, Preis, Videos
Schwaches Netzteil

Details:  Display mit 4.7 Zoll, 1334×750 Pixel bei 326 ppi, A13 Bionic Chip, Videos bis 4K mit 60 fps, Bluetooth 5, NFC, Wi-Fi 6 (AX), wasserdicht nach IP67, iOS 13. (Unsere Bewertungsskala reicht von 1 bis 5. Die Bestnote ist 5.)

Preis:  ab 449 Franken

Infos: 
Anmerkung zur Note: 1 = unbrauchbar; 1,5 = sehr schlecht; 2 = schlecht; 2,5 ungenügend; 3 = genügend; 3,5 ordentlich; 4 = gut; 4,5 = sehr gut; 5 = ausgezeichnet


Kommentare
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Masche
06.05.2020
Der Fingerscanner wird auch bemüht, um mit Apple Pay kontaktlos zu bezahlen, indem beim gesperrten iPhone einfach der Finger aufgelegt und das Gerät ans Terminal gehalten wird. Stimmt das wirklich? Mit dem Auflegen des Fingers beim gesperrten iPhone wird dieses doch entsperrt. Bei meinem iPhone SE (alte Version, aber iOS 13) muss man beim gesperrten iPhone doppelklicken, um Apple Pay zu aktivieren.

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Klaus Zellweger
06.05.2020
Das Gerät wird entsperrt, wenn der Finger auf die Touch ID gelegt und diese dann gedrückt wird. Zum Bezahlen wird nur der Finger auf die Touch ID gelegt, damit die Transaktion vollzogen wird; das Gerät wird dabei nicht entsperrt.

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Masche
06.05.2020
Das Gerät wird entsperrt, wenn der Finger auf die Touch ID gelegt und diese dann gedrückt wird. Zum Bezahlen wird nur der Finger auf die Touch ID gelegt, damit die Transaktion vollzogen wird; das Gerät wird dabei nicht entsperrt. Bei meinem iPhone SE, Version 2016, ist es wie folgt: Um das iPhone zu entsperren, muss ich die Hometaste drücken (der Sperrbildschirm erscheint) und dann den Finger drauf lassen, bis das iPhone entsperrt wird. Nur den Finger auf die Hometaste legen und dann drücken, funktioniert bei mir nicht, wenn ich danach den Finger sofort entferne. Es erscheint so nur der Sperrbildschirm. Das heisst, das vorherige Legen des Fingers auf die Hometaste kann ich mir sparen. Nicht aber das belassen des Fingers auf der Hometaste nach dem Klick. Will ich im gesperrten Zustand Apple Pay aufrufen, ohne das iPhone zu entsperren, muss ich auf die Hometaste doppelt drücken. Mir ist das aufgefallen, da mir das gelegentlich aus Versehen passiert ist, obwohl ich Apple Pay gar nicht benutze. Vielleicht ist das bei den verschiedenen Modellen unterschiedlich, oder aber eine Einstellungssache. Ich habe aber keine Einstellungen dafür gefunden.

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Wernilein04
06.05.2020
Der Bildschirm ist riesig, wurde von 4 auf 4,7 Zoll vergrössert. Sicher spendiert Äpfle noch eine Lupe und zum Tippen einen Zahnstocher dazu. Es ist immer was Besonderes, ein iPhone zu besitzen. Das SE erinnert mich an mein erstes Smartphone vor über zehn Jahren, nur etwas kleiner!

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Klaus Zellweger
07.05.2020
Vielleicht ist das bei den verschiedenen Modellen unterschiedlich, oder aber eine Einstellungssache. Ich habe aber keine Einstellungen dafür gefunden. Ja, da scheint sich tatsächlich etwas geändert zu haben, vermutlich um die Bedienung der verschiedenen Modellreihen anzugleichen: So nähert sich das iPhone SE an die grossen Modelle mit Face ID an: Damit reagieren das iPhone SE und die iPhone 11 Pro gleich – nur dass statt der Face ID der Finger aufgelegt werden muss (ohne zu drücken) Apple Pay habe ich auf dem Testgerät wie erwähnt nicht installiert. Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass ich bei den iPhones unmittelbar vor dem X nur den Finger auflegen musste, ohne das Gerät zu entsperren. Vielleicht war das beim ersten iPhone SE noch anders – aber das gehörte ja auch zu den ersten Geräten, das Apple Pay überhaupt unterstützten.

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Masche
07.05.2020
Vielleicht ist das bei den verschiedenen Modellen unterschiedlich, oder aber eine Einstellungssache. Ich habe aber keine Einstellungen dafür gefunden. Ich habe eine ziemlich versteckte Einstellung gefunden, mit der man das Verhalten der Home Taste verändern kann. Sie ist unter Einstellungen -> Bedienungshilfen-> Home Taste -> Zum Öffnen Finger auflegen. Ist diese Funktion deaktiviert, muss man nach dem Finger auflegen noch die Home Taste drücken, um das iPhone zu entsperren. Ist sie aktiviert, genügt das Auflegen.

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Masche
07.05.2020
Der Bildschirm ist riesig, wurde von 4 auf 4,7 Zoll vergrössert. Sicher spendiert Äpfle noch eine Lupe und zum Tippen einen Zahnstocher dazu. Es ist immer was Besonderes, ein iPhone zu besitzen. Das SE erinnert mich an mein erstes Smartphone vor über zehn Jahren, nur etwas kleiner! Du musst es ja nicht kaufen, wenn es Dir nicht gefällt. Ich kenne aber viele Leute, die den Trend zu immer grösseren Handys nicht mitmachen wollen. Das weiss sicher auch Apple, sonst hätten sie nicht eine Neuauflage des SE-Modells heraus gegeben. Gross ist nämlich nicht immer besser, sonst wären die Saurier nicht ausgestorben.

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Klaus Zellweger
08.05.2020
Ich habe eine ziemlich versteckte Einstellung gefunden, mit der man das Verhalten der Home Taste verändern kann. Sie ist unter Einstellungen -> Bedienungshilfen-> Home Taste -> Zum Öffnen Finger auflegen. Ist diese Funktion deaktiviert, muss man nach dem Finger auflegen noch die Home Taste drücken, um das iPhone zu entsperren. Ist sie aktiviert, genügt das Auflegen. Stimmt. Die Option kannte ich nicht – aber meine Touch-ID-Zeit ist auch schon eine Weile vorbei. :) Auch in diesem Fall muss das iPhone SE jedoch zuerst “geweckt” werden, also zum Beispiel durch Anheben. Sonst bleibt es dunkel.

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PioXX
08.05.2020
Es scheint fast so, als ob jemand gezwungen würde ein SE zu kaufen, wenn ich gewisse Kommentare lese. Scheinen "Fablett-Trolle"zu sein oder sie brauchen eine Lesebrille.

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Geoffrey
08.05.2020
Das sind nur Neider welche sich einreden müssen, dass ihr chinesisches Billiggerät doch besser sei. Lassen wir sie in dem Glauben. Geoffrey