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01.10.2015, 07:34 Uhr
Test: Sony RX100 IV
Die vierte Generation der RX100 lockt mit ausgebufften Videofunktionen und einer hervorragenden Bildqualität.
Jeder Fotograf kennt den Konflikt: Da ist dieser Wunsch nach einer hervorragenden Bildqualität. Doch dieser legitimen Hoffnung steht die Faulheit im Weg – denn je besser die Kamera, desto grösser und schwerer ist sie. Und sie will ja schliesslich getragen werden.
So gesehen richtet sich die Sony RX100 IV (oder M4) an die faulsten Fotografen: Jene, die am liebsten nur mit dem Smartphone fotografieren würden, aber mit dessen Qualität nicht zufrieden sind. Tatsächlich ist die Fläche der RX100 IV sogar kleiner als die eines Smartphones, auch wenn das Gehäuse natürlich dicker ist. Der Sony-Winzling wiegt mit Akku und Speicherkarte gerade mal 294 Gramm. Trotzdem legt er eine erstaunliche Leistung an den Tag, die sich die Japaner jedoch gut entlöhnen lassen: Interessenten sollten also nicht nur anspruchsvoll und faul, sondern auch liquid sein.
Lieferumfang
Zum Lieferumfang gehört neben den Kabeln eine gedruckte Kurzanleitung, eine Handschlaufe und ein USB-Netzteil. Mit dessen Hilfe wird der Akku direkt in der Kamera geladen, wenn nur eine Steckdose vorhanden ist. Doch prinzipiell funktioniert jede Stromquelle über USB. Leider hält es Sony nicht für nötig, ein externes Ladegerät mitzuliefern; mit ihm könnten die Ersatzbatterien im Hotelzimmer geladen werden, während die Kamera einen Ausflug macht.
Das Objektiv
Auf Kleinbild umgerechnet, deckt das Zeiss-Objektiv die attraktive Brennweite 24–70 mm ab, was Landschafts- und Porträtfotografen gleichermassen freut. Dabei besticht das Weitwinkel mit der hohen Lichtstärke von ƒ/1:1.8, im Telebereich ist es immer noch ƒ/1:2.8. Trotz dieser sehr guten Werte ragt das Objektiv bei ausgeschalteter Kamera nur etwa 1,5 Zentimeter aus dem Gehäuse heraus. Besser noch: Die Sony-Ingenieure haben sogar noch Platz für eine automatische Abdeckung gefunden.
Erst wenn die Kamera eingeschaltet wird, fährt die Linse zu ihrer vollen Länge aus:
Hinter dem Objektiv befindet sich ein mechanischer Ring, der sich an die Bedürfnisse des Fotografen anpassen lässt. Im Belichtungsmodus «A» (Zeitautomatik) steuert er die Blende, bei «S» (Blendenautomatik) die Verschlusszeit, beim manuellen Fokussieren die Schärfe etc. Eine hochwillkommene Einrichtung, die ein wenig darunter leidet, dass sich keine Rastung zuschalten lässt – jede Drehung ist stufenlos und fühlt sich deshalb ein wenig schwammig an.
Das Objektiv wird durch Sonys «SteadyShot»-System ruhiggehalten, einer Kombination aus optischer und digitaler Stabilisierung. SteadyShot funktioniert sowohl bei Fotos als auch bei Videos, allerdings mit leichten Einschränkungen bei 4K-Aufnahmen. Dazu später mehr.
Das Display
Das Display lässt sich zwar nicht zur Seite schwenken, aber um bis zu 45 Grad nach hinten neigen – damit stehen Fotos über Menschenmassen oder aus Bodennähe hinweg nichts im Weg. Nach oben beträgt der Radius volle 180 Grad. Bei diesem Spagat wird die Anzeige automatisch gedreht, sodass die RX100 IV zur willfährigen Selfie-Kamera wird.
Die Diagonale des Displays misst 7,5 cm, die Auflösung beträgt 1,2 Mio. Bildpunkte – bleibt also im Vergleich zum Vorgänger unverändert. Leider konnte sich Sony nicht dazu durchringen, ein Touch-Display zu verbauen. Die Menüs lassen sich zwar angenehm über das Steuerkreuz bedienen, aber bei Videos kann die Schärfe nicht einfach durch ein Tippen verlagert werden.
Der Sucher
Wie bereits beim Vorgänger gehört der Sucher zu den Highlights dieser Kamera. Er bleibt auf Wunsch komplett im Gehäuse versenkt. Ein Druck auf den kleinen Schalter an der Seite entlässt ihn aus seinem Gefängnis. Durch die extrem kompakte Bauweise ist es jedoch unvermeidlich, dass das Okular manuell ein wenig nach hinten gezogen werden muss. Das tut der Raffinesse jedoch keinen Abbruch.
Gegenüber dem Vorgänger wurde die Auflösung des Suchers von 1,44 Mpx auf satte 2,36 Mpx erhöht. Die gesamte Fläche lässt sich als Brillenträger gerade noch überblicken. Wegen der kompakten Bauweise fehlt jedoch eine Augenmuschel, was den Nutzen des kleinen Gucklochs im strahlenden Sonnenschein schmälert.
Das ist besonders für Brillenträger ein Problem, die das Okular nicht durch direkten Kontakt abschatten können. Diese greifen stattdessen auf die leicht zugängliche Dioptrienkorrektur auf der Oberseite zurück.
Der Blitz
Der integrierte Aufhellblitz muss über einen manuellen Schalter aus seiner Versenkung befreit werden. Für indirekte Blitze lässt er sich leicht nach oben drücken. Hingegen ist es ihm nicht vergönnt, als Commander eine Blitzanlage zu steuern. Dieser Blitz muss dem Fotografen bis zur Ausmusterung genügen, denn der RX100 IV fehlt eine Verbindung für ein externes Blitzgerät.
Sensor und Verschluss
Der 1"-Sensor gehört zu den herausragenden Eigenschaften der neuen RX100 IV. Sony spricht vom «weltweit ersten mehrschichtigen CMOS-Sensor mit DRAM-Chip». Sein Aufbau erlaubt es, die Daten deutlich schneller auszulesen als herkömmliche Sensoren. So werden extreme Zeitlupenaufnahmen mit bis zu 1000 Bildern pro Sekunde möglich.
Es gibt einen weiteren Einsatz, bei dem diese schnelle Auslesung zu einem dicken Plus wird. Die RX100 IV ist wie der Vorgänger mit einem mechanischen Verschluss ausgestattet, der es gerade mal auf 1/2000-Sekunde bringt. Alternativ verkürzt ein digitaler Verschluss die Belichtungszeit auf 1/32'000-Sekunde. Bei diesem Tempo kommt es jedoch zum «Rolling-Shutter-Effekt»: Obwohl die Belichtungszeit extrem kurz ist, werden die Pixel des Sensors nicht gleichzeitig, sondern zeilenweise ausgelesen.
Das kann zu Verzerrungen bei schnellen Motiven führen, so wie beim oben gezeigten Auto mit Rückenlage (aufgenommen mit einer Fujifilm X100T und 1/32'000-Sekunde). Eben dieser «Rolling-Shutter-Effekt» wird durch das Tempo des neuen Sensors deutlich reduziert.
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