Tests
03.12.2015, 09:25 Uhr
Test: Canon PowerShot G5 X
Ein gelungener Spagat zwischen Grösse, Ergonomie und Leistung.
Ohne direkten Grössenvergleich könnte die Canon PowerShot G5 X fast als Spiegelreflexkamera durchgehen – nur das Objektiv entlarvt sie als Kompaktkamera. Ob die Form gefällt oder nicht, ist Geschmackssache. Sicher ist, dass die G5 X hervorragend in der Hand liegt und bei der Bedienung kaum Wünsche offenlässt.
Die Optik wird von den mechanischen Bedienelementen geprägt, mit denen die Handhabung deutlich erleichtert wird. Auf der Vorderseite befinden sich gleich zwei Drehringe, einer am fest verbauten Objektiv und einer neben dem Auslöser.
Die Funktion dieser Ringe kann in den Menüs festgelegt werden; ab Werk ändern sie ihr Verhalten je nach gewähltem Programm und steuern die Verschlusszeit, die Brennweite oder die Bildeffekte, um einige wenige Beispiele zu nennen.
Der Akku der G5 X wird über ein USB-Kabel direkt in der Kamera geladen. Trotzdem liess es sich Canon nicht nehmen, ein externes Ladegerät beizulegen. Das ist nicht nur vorbildlich, sondern auch ein echter Mehrwert, wenn innerhalb kurzer Zeit zwei Batterien gleichzeitig auf Vordermann gebracht werden sollen.
Das Objektiv
Das Objektiv wird beim Ausschalten versenkt und gleichzeitig abgedeckt. Das Zoom deckt den Brennweitenbereich von 24 bis 100 Millimeter ab (auf Kleinbild umgerechnet).
Daran dürften Porträt- und Landschaftsfotografen gleichermassen ihre Freude haben. Trotz der kompakten Bauweise kann die G5 X mit einer relativ hohen Lichtstärke von ƒ/1.8 (Weitwinkel) bis ƒ/2.8 (Tele) aufwarten. Mit an Bord ist ein optischer Bildstabilisator, der bei Fotos und Videos gleichermassen wirkt.
Sensor
Das Bild wird von einem 1-Zoll-Sensor eingefangen, dessen Grösse zu gemischten Gefühlen führt. Im Vergleich zu den Sensoren in Smartphones und billigen Kompaktkameras ist er fast schon riesig; im Vergleich zu Micro-Four-Thirds- und APS-C-Sensoren wirkt er hingegen bescheiden. Wir kommen später darauf zu sprechen, wie er sich im Dämmerlicht schlägt. Die Auflösung liegt bei hohen 20 Mpx, wenn das 3:2-Seitenverhältnis gewählt wird. Bilder in den Proportionen 4:3 und 16:9 sind ebenfalls möglich, wobei das Bild einfach beschnitten wird.
Der Sucher
Der digitale Sucher wird mit 2,36 Mio. Pixeln aufgelöst und gefällt auf Anhieb. Für so manchen Interessenten dürfte er sogar kaufentscheidend sein, denn leider sind dedizierte Sucher in dieser Kameraklasse eher die Ausnahme als die Regel. Das Bild lässt sich auch von Brillenträgern vollständig und mit allen Anzeigen erfassen. Wer auf die Sehhilfe verzichten will, justiert stattdessen die eingebaute Dioptrienkorrektur. Ein Näherungssensor sorgt ausserdem dafür, dass das Display automatisch abgeschaltet wird, wenn die Kamera vor das Gesicht gehalten wird.
Das Display
Auch das Display überzeugt in jeder Hinsicht, weil es in jede beliebige horizontale oder vertikale Position gebracht werden kann.
In rauen Umgebungen wird es einfach um 180 Grad gedreht und wieder geschlossen, sodass es nach innen zeigt. Diese Stellung schont gleichzeitig die Batterie und wird damit zu einer interessanten Option für Fotografen, die vor allem durch den Sucher fotografieren und nicht jeden Schuss auf dem Display kontrollieren.
Das Display reagiert schnell und präzise auf Berührungen, allerdings wurden die Möglichkeiten nicht sehr kreativ genutzt. Das eher altbackene Menü lässt sich auch über das Steuerkreuz angenehm bedienen. Hingegen gefällt die Möglichkeit, die Schärfe mit einem Tippen auf die gewünschte Stelle festzulegen. Auf Wunsch wird dabei auch gleich ausgelöst. Der grösste Nutzen offenbart sich jedoch bei Videoaufnahmen: Ein Tippen auf die gewünschte Stelle verlagert den Fokus weich und präzise, auch während der Aufnahme.
Blitz und Blitzschuh
Die G5 X kommt mit einem integrierten Blitzlein, das manuell aus einer Versenkung befreit werden muss. Zusätzlich bietet die Kamera einen Blitzschuh, der mit den zahlreichen Systemblitzen aus dem Canon-Sortiment bestückt werden kann. Das ist zwar eine nette Beigabe, doch bei den geringen Abmessungen der Kamera ist ein optisches und ergonomisches Ungleichgewicht vorprogrammiert.
Wi-Fi und NFC
Und natürlich darf die Smartphone- und Tablet-Anbindung nicht fehlen. Allerdings hinterlässt diese Einrichtung gemischte Eindrücke. Mit der kostenlosen App Canon Camera Connect lassen sich Fotos schnell und unkompliziert zum Smartphone übertragen und von dort aus verteilen.
Dazu baut die Kamera ein eigenes WLAN auf, mit dem sich das Smartphone verbindet – das besagt zumindest die Theorie. In der Praxis funktionierte das nur mit einem iPhone. Das Android-Gerät wusste selbst mit der automatischen NFC-Konfiguration nichts anzufangen. Bei der manuellen Einrichtung (wie unter iOS) konnte sich das Smartphone zwar im dritten Anlauf mit dem WLAN der Kamera verbinden, aber das bekam die Canon scheinbar nicht mit: Jede Reaktion blieb aus. Nach einer Viertelstunde haben wir die Übung abgebrochen.
Kein Erfolg war uns auch mit der Windows-Software Camera Window beschieden, mit der sich Bilder über WLAN direkt auf den Rechner übertragen lassen. Die Verbindung zum bestehenden WLAN über WPS funktionierte zwar auf Anhieb, doch der PC verweigerte die Kontaktaufnahme. Kurz, wenn Sie nicht mit einem iPhone ausgestattet sind, existieren die kabellosen Verbindungen der G5 X nur auf dem Papier.
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Fotografische Möglichkeiten
Pragmatischer Funktionsumfang
Der G5 X fehlt ein App-Store, wie ihn Sony für einige seiner Kameras anbietet – etwa für die RX100 IV, die in direkter Konkurrenz zur Canon steht. Der Funktionsumfang ist denn auch überschaubar, aber praxisorientiert.
PSAM. Die Belichtungsmodi umfassen eine Programmautomatik (P), Zeitvorwahl (S), Blendenvorwahl (A) und die manuelle Belichtungssteuerung (M).
Effekte und Szenen. Mit Effekten zu protzen, ist nicht das Ding der G5 X. Sie bietet lediglich einige Spielereien wie Schwarzweiss, Fischauge und dergleichen mehr. Dazu gesellen sich einige Szenen für Feuerwerk, Portraits, HDR u.ä. – gerade genug, um diesen Punkt abzuhaken, aber weit davon entfernt, damit Eindruck zu schinden.
Kreativ-Effekte. Unglaublich, aber wahr: Dieser Funktion ist sogar eine eigene Position auf dem Einstellrad gewidmet. Dabei schiesst die Kamera in schneller Folge mehrere Bilder und verändert sie automatisch durch Effekte und eine willkürliche Wahl des Ausschnitts. Dagegen wirkt jedes noch so überfilterte Instagram-Foto wie ein Kunstwerk.
Keine Panoramen. Eine Panorama-Funktion sucht man bei der G5 X vergeblich, und das wirkt definitiv nicht mehr zeitgemäss. Wer breite Bilder wünscht, kramt weiterhin das Smartphone aus der Hose. Schade.
Graufilter (ND-Filter). Der eingebaute Graufilter (ND-Filter) ist ein willkommenes Zückerchen. Er wird auf Knopfdruck oder automatisch zugeschaltet und schluckt drei Belichtungsstufen. So werden auch im strahlenden Sonnenschein grosse Blendenöffnungen möglich – oder längere Belichtungszeiten bei Landschaftsaufnahmen.
ISO-Automatik. Der manuelle ISO-Bereich umfasst 125 bis 12'800 ISO. Die ISO-Automatik funktioniert leider etwas schwammig. Zwar wird die maximale Empfindlichkeit vorgegeben, aber nicht die längste Verschlusszeit. Stattdessen hat der Fotograf die Wahl zwischen Standard, Langsam und Schnell. Langsam sollte zu Verschlusszeiten führen, die sich gerade noch aus der Hand halten lassen; Schnell schraubt hingegen den ISO-Wert ohne Rücksicht auf Verluste in die Höhe.
Fokussierung
Der Autofokus arbeitet schnell und präzise. Unterstützt wird er von einer Gesichtserkennung. Wenn die Stelle für die Fokussierung manuell platziert werden soll, dann geschieht das über ein Tippen auf dem Touch-Display. Soweit ist die Welt in Ordnung.
Bei der manuellen Fokussierung hapert es ein wenig. Zwar bietet die G5 X Einstellhilfen wie Focus-Peaking, bei der die Konturen der scharfen Stellen eingefärbt werden. Hingegen erfolgt die Scharfstellung über den Multifunktionsring – und jetzt geht es mit der Ergonomie steil bergab. Der Ring klebt sehr nahe am Gehäuse, was in einer Fummelei ausartet. Ausserdem wird die Fokussierung durch die Rastung nicht nur erschwert, sondern sie fühlt sich auch nicht richtig an. Kurz, es macht mit der G5 X einfach keinen Spass. Schliesslich verspricht man sich ja gerade von der Handarbeit eine fast schon chirurgische Präzision.
Videos
Natürlich erwartet man von einer modernen Kamera eine brauchbare Videofunktion, und die G5 X enttäuscht auch in dieser Disziplin nicht. Allerdings führt sie auch nicht zu Stürmen der Begeisterung. Die maximale Auflösung liegt bei Full HD mit 60 fps. Das wäre vor zwei Jahren noch ein Grund zum Jubeln gewesen, doch die Sonne wandert schnell: Wer einmal ein 4K-Video auf einem dazu fähigen Fernseher gesehen hat, wird mit Full HD nicht mehr glücklich. Heute ist diese Obergrenze gerade noch in Ordnung, doch in zwei Jahren wird sie veraltet wirken.
Start und Stopp der Videoaufnahme werden über die rote, dedizierte Filmtaste auf der Rückseite eingeleitet – und zwar unabhängig von der Position des Einstellrads auf der Oberseite. Wird ausserdem das Einstellrad in die Filmposition gebracht, kann die Belichtung manuell gesteuert werden. Cleveres Detail: Die Zoomwippe neben dem Auslöser ändert die Brennweite während einer Filmaufnahmen deutlich langsamer, sodass eine ruhige Bildwirkung gewahrt bleibt.
Das Stereomikrofon zeichnet den Ton ohne hörbares Grundrauschen auf. Genauso geräuschlos sind die Linsenbewegungen bei Zooms und während der Nachfokussierung. Apropos: Immer wieder gern gesehen ist die gezielte Verlagerung der Schärfe während einer Aufnahme, um zum Beispiel die Aufmerksamkeit vom Hintergrund auf den Vordergrund zu lenken. Bei der G5 X reicht dazu ein Tippen auf die gewünschte Stelle am Display.
Und zu guter Letzt sorgt der fünfachsige optische Bildstabilisator für deutlich ruhigere Videos. Seine effiziente Arbeitsweise lässt sich bereits auf dem Display verfolgen, wenn das Bild nach einem Schwenk sofort wieder butterweich stabilisiert wird.
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Bildqualität
Bildqualität
Der positive Eindruck, den die G5 X hinterlässt, setzt sich auch bei der Bildqualität fort. Der 1-Zoll-Sensor ist zwar deutlich grösser als jener in billigen Kompaktkameras oder sogar Smartphones, aber er ist auch markant kleiner als das APS-C-Format. Die Auflösung beträgt relativ hohe 20 Mpx. Noch vor drei Jahren hätte diese Konstellation den anspruchsvolleren Fotografen nur ein Nasenrümpfen entlockt. Doch heute präsentiert sich die Situation anders.
Schönwetter. Bei schönem Wetter überzeugen die Bilder der G5 X vom Fleck weg: knackig, kontrastreich und mit einer gefälligen Farbwiedergabe. Die Fotos tendieren lediglich zu einer leichten Unterbelichtung, aber das kann auch eine gute Sache sein – zum Beispiel, wenn die Bilder von den letzten Strandferien vor blauem Himmel herumgezeigt werden.
JPEG-Farben. Die Farbgebung für JPEG lässt sich ausserdem variieren, indem unter «My Colors» Einstellungen wie Kräftig, Neutral oder Diafilm gewählt werden – diese Einstellungen sollten unbedingt durchgespielt werden. Leider ist es nicht möglich, RAW-Aufnahmen nachträglich mit verschiedenen Einstellungen in der Kamera zu «entwickeln».
Objektiv. Die relativ grosse Blendenöffnung macht es leicht, einen Hintergrund in der Unschärfe verschwinden zu lassen, besonders bei Nahaufnahmen. Hier ein Beispiel mit Blende 2.8:
Und hier mit Blende 11:
Abschliessend der Crop aus der Bildmitte:
Im Dämmerlicht
Die Königsdisziplin sind jedoch Aufnahmen im Dämmerlicht. Bis 1600 ISO sind die Bilder aussergewöhnlich rauscharm. Erst ab 3200 ISO schmieren die ersten Details ein wenig zu. Doch selbst bei 6400 ISO entstehen Fotos, die sich problemlos herumzeigen und drucken lassen. Erst ab 12'800 ISO macht sich ein unschönes Rauschen bemerkbar und die Fotos verlieren sichtbar an Details.
Dessen ungeachtet sind die Bilder für einen 1-Zoll-Sensor beeindruckend. Dazu trägt auch die sehr gute Signalverarbeitung des Digic-6-Prozessors bei. Die JPEG-Aufnahmen sind selbst bei hohen ISO-Werten so gut, dass eine manuelle Nachbearbeitung der RAW-Dateien keine wesentlichen Verbesserungen mehr bringt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Für eine Kamera dieser Grössenordnung liefert die G5 X eine ausgezeichnete Bildqualität. Viel mehr dürfte zurzeit aus einem 1-Zoll-Sensor nicht herauszuholen sein.
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Kaufberatung und Fazit
Kaufberatung
Die Canon PowerShot G5 X richtet sich einerseits an den ambitionierten Amateur, der sie als alleinige Kamera verwendet. Die Bildqualität überzeugt in jeder Hinsicht, auch im Dämmerlicht. Das lichtstarke Zoom deckt den wichtigen Bereich zwischen 24 und 100 Millimetern ab. Der gelungen Sucher und das flexible Display sorgen für ein hohe Ergonomie.
Gleichzeitig kann sie auch all jenen Fotografen empfohlen werden, die normalerweise eine Spiegelreflex- oder Systemkamera mit sich herumtragen, aber manchmal auch mit leichtem Gepäck unterwegs sein möchten. Ihnen wird die vertraute Bedienung zusagen. Und auch wenn die Bildqualität vielleicht nicht an jene der «grossen» Kamera zu Hause heranreicht, so liegt sie doch noch meilenweit vor einem Smartphone.
Zu bemängeln gibt es nur wenig. Enttäuschend sind vor allem die WLAN-Funktionen, die nur mit einem iPhone einigermassen funktionierten. Allerdings dürfte das für einen grossen Teil der potenziellen Käufer nicht so wichtig sein; und vielleicht bessert sich die Situation ja auch durch Software-Upgrades.
Auch der Funktionsumfang könnte noch ein wenig Zuwachs vertragen: Eine Panorama-Funktion oder die Möglichkeit, RAW-Aufnahmen in der Kamera zu entwickeln, sollten heute bei einer gehobenen Kompaktkamera selbstverständlich sein. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Falls Sie sich für die Details interessieren, finden Sie über diesen Link die deutschsprachige Anleitung im PDF-Format.
Fazit: Mit der PowerShot G5 X hat Canon fast alles richtig gemacht. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr gut. Die Qualität der Fotos stimmt genauso wie die Bedienung. Wenn Sie sich also mit der kantigen Form anfreunden und auf technische Mätzchen verzichten können, sind Sie mit dieser Kamera bestens bedient.
Das Testgerät wurde uns freundlicherweise von Digitec zur Verfügung gestellt. Über diesen Link gelangen Sie direkt zur Produkteseite.
Testergebnis
Zoombereich, Lichtstärke, Bildqualität, Ergonomie, Display, Sucher
Keine Panoramas, keine nachträgliche Raw-Entwicklung, unzuverlässig im WLAN
Details: 20.2 Mpx, Zoom 24-100 mm (KB), ƒ/1.8 bis ƒ/2.8, Raw und JPEG, Bildstabilisator, Wifi, NFC, Display kipp- und schwenkbar
Preis: 699 Franken
Infos:http://de.canon.ch
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