Tests
03.07.2014, 08:47 Uhr
Im Test: Wie praktisch ist Tapit?
PCtipp konnte die mobile Bezahllösung von Swisscom bereits testen. Ist Tapit wirklich so unkompliziert und schnell wie versprochen?
Am 1. Juli lancierte Swisscom den mobilen Bezahldienst Tapit. Im Zusammenspiel mit einem NFC-fähigen Android-Smartphone und einer unterstützten Kreditkarte muss man damit ab sofort zum Bezahlen nur noch das Handy zücken und kurz an ein NFC-Terminal halten, wie sie bereits in über 50'000 Läden in der Schweiz zu finden sind.
Der PCtipp hat die Möglichkeit erhalten, Tapit mit einem Samsung Galaxy S5 und einer virtuellen Prepaid-Kreditkarte von Cornercard zu testen. Ist das neue System, das noch dieses Jahr auch für Kunden von Sunrise und Orange verfügbar sein wird, wirklich so revolutionär, wie es die Swisscom und deren Partner versprechen? Und hat Tapit das Potenzial, um Mobile-Payment in der Schweiz zum Durchbruch zu verhelfen? Nachfolgend unsere Erfahrungen und Einschätzungen.
Auf unserem Testgerät ist bereits alles eingerichtet – passende SIM-Karte drin, Tapit installiert, virtuelle Kreditkarte eingerichtet. Was Sie als interessierter, potenzieller Tapit-Nutzer alles beachten müssen, lesen Sie hier. Wir stecken also das Testgerät in die Jackentasche und ziehen los zum Feldversuch.
Ein schlechter Start
Erstes Ziel: Der Coop Pronto gleich um die Ecke. Wir marschieren direkt zur Kasse und werfen einen Blick auf die Kartenlesegeräte. Kein NFC-Symbol. Die Nachfrage beim Verkäufer bestätigt: NFC wird hier noch nicht unterstützt. Später erfahren wir von Coop, dass alle Terminals in sämtlichen Verkaufsstellen der Coop-Gruppe (also auch Interdiscount, Fust etc.) bereits mit NFC ausgerüstet sind – mit Ausnahme der Coop-Pronto-Filialen. Dummer Zufall also.
Auf der nächsten Seite: Keine irritierten Blicke
Keine irritierten Blicke
Keine irritierten Blicke
Nächster Halt: Eine «richtige» Coop-Filiale. Beim Betreten der kleinen Filiale in Zürich werfen wir rasch einen Blick auf die Bezahlterminals und tatsächlich: Das NFC-Symbol prangt gut sichtbar an der Seite. Wir schnappen uns einen Schokodrink aus dem Regal und schreiten zur Tat. Anstelle des Portemonnaies zücken wir an der Kasse das Smartphone. Zu unserer Überraschung reagiert die Verkäuferin nicht etwa irritiert, sondern ganz routiniert, behandelt uns wie jeden anderen Kunden auch. Wir halten also das Smartphone kurz an das NFC-Terminal – dazu muss weder die Tapit-App gestartet noch das Smartphone entsperrt werden – und im nächsten Moment erscheint auf dem Display die Bestätigung: Transaktion erfolgreich. Das Smartphone verschwindet wieder in der Jackentasche und wir verlassen das Laden mit einem beschwingten Gefühl: So bequem und unkompliziert haben wir wohl noch nie bezahlt.
Einmal ist bekanntlich keinmal, daher brechen wir sogleich auf zum nächsten Testposten: ein kleiner Kiosk in Zürich. Auch hier erkennen wir das NFC-Symbol auf dem Kartenlesegerät. Wir ordern ein Päckli Zigaretten und halten das Handy ans Terminal. Nichts passiert. «Moment, ich muss erst noch hier drücken», erklärt die Verkäuferin. Das Terminal muss also erst aktiviert werden, wie bei einer normalen Zahlung via Karte auch. Erneut halten wir das Smartphone ans Terminal und in Sekundenbruchteilen ist die Zahlung abgewickelt. Transaktion erfolgreich. Auch hier wurde die Verkäuferin offensichtlich geschult oder wusste zumindest, was wir vorhatten.
Das Bezahlen von Beträgen über 40 Franken konnten wir nicht testen, da das Guthaben auf unserem Testsample auf 25 Franken beschränkt war und sich auch nicht aufladen liess. In der Theorie funktioniert das so: Wie auch bei kleineren Beträgen halten wir das Smartphone ans NFC-Terminal. Anschliessend müssen wir aber zum Autorisieren der Zahlung den PIN-Code unserer Kreditkarte eingeben – entweder direkt auf dem Smartphone oder am Terminal. Für eine finale Bestätigung muss das Handy dann noch einmal ans NFC-Terminal gehalten werden.
Letzte Station im Tapit-Selbstversuch ist ein ZVV-Billetautomat. Die Automaten der neuen Generation unterstützen ebenfalls kontaktloses Zahlen via NFC. Wir lösen also ein Kurzstreckenbillet und halten unser Galaxy S5 ans NFC-Terminal. Diesmal klappt es allerdings nicht: Zahlung verweigert, meldet Tapit, und der ZVV-Automat meint, dass dieses Zahlungsmittel nicht akzeptiert wird. Auf Nachfrage hat uns ZVV mitgeteilt, dass die Billettautomaten Tapit erst nach einem Software-Update unterstützen werden. Dieses sei derzeit in Entwicklung und sollte in den nächsten Monaten aufgespielt werden.
Auf der nächsten Seite: App im Detail, Fazit
App im Detail, Fazit
Die App im Detail
Nach dem Feldversuch rufen wir auf unserem Testgerät die Tapit-App auf und wollen in die Detailansicht unserer Cornercard. Dazu müssen wir den PIN der virtuellen Kreditkarte eingeben – ein Sicherheitsmechanismus. Der Code muss zum Aufrufen der Kartendetails jedes Mal erneut eingegeben werden und kann auch nicht deaktiviert werden. Anschliessend sehen wir auf dem Display Informationen wie die Kreditkartennummer, den Sicherheitscode, das Ablaufdatum oder den Saldo unserer Prepaid-Karte. Ein Tipp auf «Kartennutzung» zeigt die letzten Transaktionen an – mit Betrag, Datum und teilweise auch einer Beschreibung wie «k kiosk Klusplatz». Bei anderen Einträgen steht hingegen nichts, abgesehen von Datum und Betrag. Für was das Geld konkret ausgegeben wurde, ist in keinem Fall ersichtlich.
In der App können wir ausserdem auch ein Muster einrichten, das zum Öffnen der Anwendung eingegeben werden muss (ähnlich wie die Muster zum Entsperren von Smartphones). Das ist aber optional. Ansonsten können wir in der App nicht viel machen – ausser neue Kreditkarten hinzufügen. Die virtuellen Cornercard-Mobile-Karten können direkt über die App bestellt werden. Voraussetzung dafür ist, dass man bereits eine bestehende, physische Kreditkarte von Cornercard besitzt. Umgekehrt lassen sich hinzugefügte Karten natürlich auch jederzeit wieder entfernen.
Unser Fazit
Mit dem Handy bezahlen – ein logischer Schritt. In den letzten Jahren nahm das Smartphone schliesslich einen immer zentraleren Platz in unserem Leben ein. Tatsächlich fühlt sich das Bezahlen via Tapit völlig natürlich an, es ist schnell, einfach und bequem.
Wie immer bei neuen Technologien wird es seine Zeit dauern, bis Tapit bei der breiten Masse auf Akzeptanz stösst. Dazu trägt sicherlich die Skepsis vieler Leute bei, vor allem aber auch die noch sehr beschränkte Zielgruppe. Sobald Tapit bei Orange und Sunrise erhältlich ist und mehr Kreditinstitute sowie Handy-Modelle unterstützt werden, wird auch die Akzeptanz wachsen.
Ein Haken hat das Modell unserer Meinung nach dennoch: Nicht alle Leute wollen mit Kreditkarte bezahlen. Dass Swisscom die Abrechnung nicht selbst übernehmen will, ist nachvollziehbar. Aber wieso nicht Tapit mit einem regulären Bankkonto respektive einer EC-Karte verknüpfen? Dann stellt sich allerdings die Frage nach der Finanzierung, denn die Kreditinstitute haben deshalb ein so grosses Interesse an Tapit, weil sie fleissig Gebühren kassieren. Auf Anfrage sagte Swisscom-Sprecher Olaf Schulze nur, dass man mit diversen Partnern in Verhandlung stehe. Konkret bestätigen wollte er zwar Verhandlungen mit Banken zu diesem Thema nicht, es wäre aber durchaus denkbar, dass dies eines Tages kommt.
Trotzdem: Nach unserem Feldversuch sind wir überzeugt, dass das Bezahlen via Smartphone in ein paar Jahren die Normalität sein wird. Und der Tag, an dem wir kein Portemonnaie mehr brauchen, ist nicht mehr allzu weit entfernt. Uns kanns nur recht sein.
03.07.2014
03.07.2014
10.07.2014