Video-Tipps
19.03.2024, 12:12 Uhr
19.03.2024, 12:12 Uhr
Faszinierende Videos
Video ist das Leitmedium unserer Zeit. Allerdings ist die Produktion guter Inhalte gar nicht so simpel. Wir zeigen Ihnen einige effiziente, aber einfache Tricks, mit denen Sie Videos besser filmen und bearbeiten.
Videos lassen sich heute dank Smartphones so schnell und einfach wie Fotos aufnehmen. Doch das Medium hat seine ganz eigenen Regeln. Wenn Sie diese kennen und beachten, gelingen Ihnen bessere und faszinierende Filme.
Ab ans Fenster
Licht ist beim Videodreh zentral. Einerseits aus künstlerischer Sicht, da das Licht das Aussehen der Subjekte drastisch verändert, andererseits auch aus technischer Sicht, weil die Kamera Licht benötigt. Die beste Lichtquelle bei Innenaufnahmen ist oft ein Fenster, Bild 1. Besonders an einem leicht bewölkten Tag oder bei Sonnenschein ohne direkte Einstrahlung durch das Fenster. Platzieren Sie Ihr Sujet nahe am Fenster, um das Tageslicht zu nutzen, oder spielen Sie mit einem Winkel für dramatischere Effekte. Bei direkter Sonneneinstrahlung können Sie sich auch mit einem weissen Leintuch behelfen, um das Licht weicher zu machen.
Low-Key als Notlösung
High-Key und Low-Key sind Belichtungstechniken, die entweder sehr viel oder sehr wenig Licht für einen dramatischen Effekt verwenden. Besonders die Low-Key-Technik eignet sich bestens als Notlösung bei schwierigen Lichtverhältnissen. Sie brauchen dazu entweder manuelle Kontrolle oder zumindest eine ordentliche Belichtungskorrektur an Ihrer Kamera. Verwenden Sie gezielt platzierte Lichtquellen und eine tiefe Belichtung, um das Auge auf die spärlich beleuchteten Teile der Szene zu lenken. Mit Bewegungen der Kamera und der Lichtquellen können Sie diese Fokuspunkte auch bewegen.
Neben dem künstlerischen Wert von Low-Key-Aufnahmen, können diese auch schwierige Bedingungen kaschieren. Low-Key kann als Stütze funktionieren, wenn nicht genügend natürliches oder künstliches Licht vorhanden ist; im Schwarz des Hintergrundes lassen sich unschöne Hintergründe einfach ausblenden. Im Idealfall sind Low-Key-Aufnahmen natürlich primär ein gezielt gewählter Effekt, die Technik kann Ihnen aber auch mal aus der Patsche helfen.
Brennweiten austesten
Die Brennweite eines Objektivs verändert das Aussehen einer Szene drastisch. Weitwinklige Objektive ziehen Subjekte gegen den Rand lang und lassen den Hintergrund weit in die Ferne rücken. Teleobjektive hingegen komprimieren den Hintergrund und bringen sogar weit entfernte Berge nah heran. Objektive zwischen 35 und 50 Millimetern (Kleinbildäquivalent) wirken «natürlich», also am ehesten so, wie ein durchschnittlicher Mensch die Umgebung wahrnimmt. Probieren Sie unbedingt aus, was Ihre Kamera alles mit Brennweiten anstellen kann und wie sich dies auf Ihre Kompositionen auswirkt. Wichtig ist es dabei auch, die Brennweite mit der physischen Distanz zum Subjekt zu kombinieren und damit zu arbeiten, Bild 2.
Komposition
Die Komposition ist zentral bei jedem Video. Dabei handelt es sich um die Präsentation der Subjekte in Raum und Zeit, also wie Sie die Szene einfangen. Das beginnt beim Einrahmen durch die Kamera, geht über Kamerafahrten und Bewegungen bis hin zu Grössenverhältnissen zwischen Objekten und Subjekten. Falls Sie schon in der Fotografie bewandert sind, können Sie viel Ihres Vorwissens übertragen, Bild 3.
Geschmeidig, geschmeidig
Für die meisten Zwecke ergibt es Sinn, so geschmeidig wie möglich zu filmen. Das gilt sowohl für Kamerabewegungen als auch für das Zoomen oder die Fokussierung. Harte, abrupte Bewegungen und schüttelnde
Aufnahmen sind nur dann sinnvoll, wenn es gewollt ist. Also: Bildstabilisator anwerfen, ein Dreieck aus Ellenbogen und Kamera bilden und schön ruhig bleiben. Für kurze Takes können Sie sogar die Luft anhalten. Noch besser sind natürlich Stative, Gimbals und andere physische Stabilisatoren, Bild 4.
Ohne passendes Equipment müssen Sie kreativ werden. Schnallen Sie Ihre Kamera auf ein Skateboard, filmen Sie vom Velo aus oder ziehen Sie Ihre Kamera auf einem Tischtuch über eine glatte Oberfläche.
Tipp: Falls Sie physisch keine genügende Stabilisierung schaffen, filmen Sie in einer höheren Auflösung, als es das geplante Endprodukt erfordert. Sie können danach in einer Bearbeitungs-Software die Aufnahme stabilisieren lassen – dank der zusätzlich aufgenommenen Pixel sogar ohne nennenswerten Qualitätsverlust. Das ist im Prinzip die gleiche Technik wie digitale Bildstabilisation in der Kamera, einfach nach der Aufnahme.
Dolly Zoom
Falls Sie eine gute Methode für Dolly-Bewegungen, also geschmeidige Aufnahmen zum Subjekt hin oder davon weg, gefunden haben, können Sie diese berühmte Filmtechnik imitieren. Dabei bewegen Sie die Kamera auf das Subjekt zu und bewegen gleichzeitig die Brennweite von Tele zu Weitwinkel. Das braucht ein wenig Übung und ist ohne spezielles Equipment wirklich schwierig. Der Effekt hingegen ist dramatisch und funktioniert übrigens auch umgekehrt nicht schlecht.
Rack Focus
Eine sehr simple Technik ist Rack Focus, die vor allem mit Kameras und Objektiven gut funktioniert, die mit Tiefenunschärfe arbeiten können. Dabei platzieren Sie zwei Subjekte in Ihrem Bildausschnitt, die sich in unterschiedlicher Tiefe befinden. Fokussieren Sie auf das eine Subjekt und bewegen Sie im richtigen Moment den Fokus auf das andere Subjekt. Der Effekt will idealerweise sinnvoll platziert sein und mit dem Fokuswechsel die Story des Videos vorantreiben, etwa indem das zweite Subjekt dem Publikum zusätzliche Informationen preisgibt, Bild 5.
Tipp: Verwenden Sie wenn möglich einen manuellen Fokus für diese Technik. Die meisten Autofokussysteme, gerade von Fotokameras, sind darauf eingestellt, möglichst schnell zu fokussieren. Dieser Effekt gelingt jedoch besser, wenn der Fokus langsam und geschmeidig wandert.
Chromakey
Eine nützliche Technik ist das Chromakeying, auch oft als Greenscreening bezeichnet. Dabei verwenden Sie einen einfarbigen Hintergrund – meist grün oder blau –, damit Hauttöne nicht tangiert werden, und entfernen den Farbton in der Nachbearbeitung aus dem Video. So können Sie den Hintergrund Ihres Videos einfach verändern oder andere Effekte einbauen. Moderne Software braucht dafür nicht einmal zwingend einen grünen oder blauen Hintergrund. Professionelle Videoschnittprogramme wie etwa DaVinci Resolve oder Adobe Premiere können auch andere Hintergründe entfernen. Resolve bietet dabei einen praktischen Mittelweg, bei dem der Hintergrund mit Angabe eines Farbschlüssels manuell angegeben, aber auf dem automatisch erkannten Subjekt ignoriert wird. So können Sie auch Hintergründe anderer Farben erstaunlich einfach entfernen.
Überskalieren
Falls Sie den Speicherplatz und die passende Hardware haben, ergibt es Sinn, Ihre Aufnahmen grundsätzlich in höherer Auflösung aufzunehmen. Falls Sie also Full-HD-Videos produzieren, filmen Sie in 4K. Das bietet Ihnen viele Vorteile bei der Postproduktion. Sie können verlustfrei zweifach in die Aufnahme reinzoomen, Wackler mit digitaler Stabilisation korrigieren und in ein paar Jahren das ganze Video in 4K neu auflegen. Aber wie erwähnt: Das lohnt sich nur, wenn Sie regelmässig auf diese Techniken zurückgreifen möchten. Ansonsten häufen Sie riesige Datenmengen an und verlangsamen Ihre Editier-Software.
Typische Schnitttechniken
Schneiden ist einfach, gut schneiden ist eine ganz andere Geschichte. Mit den folgenden Schnitttechniken machen Sie Ihre Videos professioneller und bringen Ordnung in das Clip-Chaos. Wir konzentrieren uns hier auf spezifische Techniken. Vergessen Sie dabei nicht, dass meistens ein einfacher Schnitt ausreicht und diese Techniken bewusst eingesetzt werden sollten.
J-Cut/L-Cut
Diese Technik ist besonders bei Interviews beliebt, kommt aber auch in Filmen zum Einsatz. Dabei werden die Videospuren und Tonspuren von zwei Clips versetzt geschnitten. Beispielsweise läuft der Ton von Clip 1 weiter, während das Bild bereits bei Clip 2 ist, oder der Ton wechselt schon zu Clip 2, während das Bild noch bei Clip 1 ist. Die Namen J-Cut und L-Cut kommen davon, dass die Clips in der Timeline der Software mit etwas Fantasie den Grossbuchstaben J oder L gleichen, Bild 6.
Invisible Cut
Der Invisible Cut oder unsichtbare Schnitt ist ein Schnitt, der möglichst nicht als solcher wahrgenommen werden soll. Dabei kommen diverse Techniken zum Einsatz. Oftmals werden zwei Clips über eine Kamerafahrt an einem blockierenden Objekt vorbei zusammengesetzt. Beispielsweise fährt die Kamera für eine Sekunde in einen Tunnel, das Bild dunkelt ab und beim Aufhellen sind wir in einer neuen Szene. Blitzlicht oder schnelle Kamerabewegungen eignen sich ebenfalls für solche Schnitte.
Match Cut
Ein guter Match Cut ist grosse Kunst. Bei dieser Technik blenden Sie von einer Szene auf eine andere, die visuell ähnlich ist. Dabei soll durch Juxtaposition ein Zusammenhang zwischen den Szenen hergestellt werden. Beispielsweise schneidet die Kamera in einer Dokumentation über Hooliganismus von einem Fussball auf einen geschorenen Kopf, beides runde, farblich vergleichbare Subjekte. Geschnitten wird entweder hart oder mit einer transparenten Überblende.
Jump Cut
Der etwas umstrittene Jump Cut springt innerhalb der gleichen Szene in der Zeit (und damit oftmals auch im Raum). Ein klassisches Beispiel ist ein Subjekt in einem Auto. Die Kamera fährt einige Sekunden mit und springt dann einige Strassenkreuzungen weiter. Die Szene bleibt das gleiche Subjekt im Auto, in der gleichen Einstellung. Jump Cuts werden oftmals aneinandergereiht und formen eine Art von Montage.
Eine verwandte Technik verwendet statt harten Zeitsprüngen Zeitraffer, um zu lange Szenen zu verkürzen. Alternativ werden die Zeitraffer auch mit Zeitlupen kombiniert, um den Effekt zu verstärken.
Cross Cut
Auch Parallel Editing genannt. Bei dieser Technik werden zwei Geschichten parallel erzählt, meistens in abwechselnden Clips. Dadurch werden die beiden Szenen in einen Zusammenhang gesetzt. Das wohl berühmteste Beispiel dafür ist die Taufszene aus «Der Pate», bei dem sich die Taufe von Michael Corleones Nichte und mehrere von Michael angeordnete Morde in abwechselnden Clips parallel abspielen. Michael entfaltet sich in beiden Szenen zum «Paten», während die Juxtaposition von religiösem Ritual und kaltblütigem Mord auch die komplexen Widersprüche der Mafia aufzeigt.
Split Screen
Eine andere Art, zwei Szenen miteinander zu verbinden, ist via Split Screen oder Paneling. Dabei werden zwei oder mehrere Szenen gleichzeitig in zugeschnittener Form gezeigt. Die Implikation ist dabei, dass sich die beiden Szenen zeitgleich abspielen. Die Technik ist auch eine gute Methode, um räumlich getrennte Charaktere, etwa in einem Telefongespräch, gleichzeitig abzubilden. Zur grossen Kunst wird der Split Screen, wenn die Szene in einer einzelnen Einstellung aufgelöst wird, sich die Charaktere also finden, Bild 7.
Montage
Zuletzt ist da noch die Montage. Dabei handelt es sich um eine Ansammlung von Clips, die von Musik unterlegt eine längere Zeitspanne abbilden sollen. Berühmtestes Beispiel ist wohl die «Rocky»-Trainingsmontage. Moderne Vlogs bestehen oftmals aus einer Mischung von Monologen und Montagen.
Bonus: Auf die Musik schneiden
Ein Bonustipp, der sich für Vlogs und Montagen eignet: Schneiden Sie auf den Beat der Musik. Wann immer Musik in einem Video mehr als eine Hintergrundrolle einnimmt, sollten Schnitte auf den Rhythmus der Musik platziert werden. Diese einfache Technik wirkt Wunder und ist einfach zu bewerkstelligen. Achten Sie in der Audiospur auf hohe Ausschläge in regelmässigen Abständen. Meistens sind die im Takt der Musik, Bild 8.
Kreative Überblendungen
Die zahlreichen Überblendungen in Video-Software sind ja gut und recht, aber es darf manchmal auch ein wenig kreativer sein. Dabei hilft es, bereits beim Filmen zu wissen, wie das Endprodukt aussehen soll. Die grössten Trendsetter in Sachen Überblendungen findet man heutzutage auf TikTok, Instagram und YouTube. Suchen Sie dort nach «Transitions» und Sie finden Abertausende von kreativen Jugendlichen mit einem kombinierten Talentpool, der die Kreativabteilungen von Hollywood wie eine Amateurveranstaltung aussehen lassen. Besonders beliebt sind dabei Formen des Invisible Cut. Wir zeigen Ihnen hier drei einfache, aber effektive Überblendungen, die in vielen Situationen funktionieren.
Die Drehung
Diese Überblendung eignet sich besonders für Vlogs oder ähnliche Inhalte. Sie filmen zwei Clips: Clip 1 ist ein Video von sich selbst, wie Sie etwas erzählen. Am Ende von Clip 1 drehen Sie die Kamera rasant um 180 Grad in die Richtung, in die Sie im nächsten Clip gehen möchten. Drehen Sie nun die Kamera wieder zurück und stellen Sie sich auf die andere Seite davon. Starten Sie Clip 2 mit der gleichen, rasanten Drehung um 180 Grad, dieses Mal aber nicht mehr von sich weg, sondern aus dem Nichts auf Sie drauf. Schneiden Sie die beiden Clips etwa in der Mitte der 180-Grad-Drehung zusammen. Das Endprodukt sieht so aus, als würden Sie etwas erzählen und sich magisch auf die andere Seite der drehenden Kamera teleportieren, um die Zuschauer auf Ihre Reise mitzunehmen.
Die Hand
Eine simple Überblendung, die ursprünglich besonders in der Vlogger-Szene auf YouTube beliebt war. Dabei beenden Sie Clip 1, indem Sie Ihre Hand auf das Objektiv legen. Clip 2 im Video beginnt damit, wie Sie die Hand vom Objektiv entfernen. Hängen Sie diese Clips aneinander, sieht es so aus, als würde Ihre Hand die Kamera magisch in Raum und Zeit transportieren, Bild 9. Die Überblendung wird so auch vor allem für Zeitsprünge in Vlogs verwendet. Wirklich kreativ ist der Effekt nicht mehr, aber immer noch gut. Und: Die grundlegende Idee lässt Ihnen auch Raum für Experimente. Im Prinzip brauchen Sie nur ein paar Frames Dunkelheit, um den Schnitt durchzuführen. Das kann neben Ihrer Hand auch irgendein Objekt sein. Oder Sie packen Ihre laufende Kamera in einen Rucksack, den Sie beim zweiten Clip wieder öffnen.
Der Türrahmen
Von den drei Überblendungen ist das hier die komplizierteste. Sie filmen in Clip 1 einen Türrahmen und platzieren die nächste Szene (Clip 2) per Software in diesem Türrahmen. Die beliebtesten Varianten sind:
- Eine Kamera bewegt sich seitlich durch einen Türrahmen, die alte Szene spielt sich vor dem Rahmen ab, die neue Szene wird danach eingefügt. Der Rahmen wischt die alte Szene über den Bildausschnitt weg.
- Eine Kamera bewegt sich frontal auf eine Tür zu. Die alte Szene ist ausserhalb der Türe, die neue Szene läuft im Türrahmen.
Natürlich kann man dafür auch ein Fenster oder sonst eine physische Abgrenzung nutzen. Die Tür bietet sich aber symbolisch so schön an. Die Schwierigkeit bei diesen Aufnahmen ist, dass man erstens das Licht zwischen den beiden Szenen mehr oder weniger angleichen und zweitens die neue Aufnahme korrekt animieren muss. Das gelingt mit den meisten Schnittprogrammen gut, muss aber gelernt werden und braucht Übung.
TIPP: Die richtige Kamera
Haben Sie ein Smartphone? Oder irgendeine Digitalkamera mit Videofunktion? Dann legen Sie am besten gleich los. Drehen Sie ein paar erste Filme, Musikvideos, Werbeclips oder was Sie sonst vorhaben. Machen Sie sich Notizen, wo die Kamera an ihre Grenzen stösst und welche Hindernisse Sie sonst erleben. Mit diesem Wissen und ersten Erfahrungen sind Sie anschliessend besser vorbereitet für einen künftigen Kamerakauf.
Tipp: Falls Sie die Möglichkeit haben, Kameras auszuleihen oder mit erfahrenen Videomachern zu arbeiten, nutzen Sie die Chance unbedingt. Gerade am Anfang eines Lernvorgangs ist jede Erfahrung Gold wert.
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