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14.01.2014, 12:40 Uhr
Mit Quantenphysik gegen die NSA
Die Entschlüsselung geheimer Information mithilfe der Quantenphysik bewegt derzeit die Medien. Zu wenig Beachtung finde, dass die Quantenphysik auch die Verschlüsselung von Daten revolutioniere, sagt ETH-Professor Renato Renner.
Die Quantenphysik ist von besonderer Bedeutung, wenn es um die Sicherheit von geheimen Informationen geht – und zwar in doppelter Hinsicht: Einerseits soll es dereinst möglich sein, mit Quantencomputern heute verwendete Verschlüsselungssysteme verhältnismässig einfach zu knacken. Vergangene Woche berichtete die «Washington Post» unter Berufung auf Dokumente von Edward Snowden, dass auch der amerikanische Geheimdienst NSA ein Forschungsprogramm zum Bau solcher Quantencomputer unterhält. Für Experten ist allerdings klar, dass dies ein langfristiges Ziel ist, dessen Umsetzung noch mindestens 20 Jahre auf sich warten lässt.
Auf der anderen Seite schafft die Quantenphysik mit dem Bereich der Quantenkryptografie neue Möglichkeiten zur sicheren Verschlüsselung von Daten. In diesem Bereich gibt es bereits erste Anwendungen. Auch dafür interessiert sich die NSA, wie Renato Renner, Professor am Institut für Theoretische Physik, im ETH-News-Interview sagt.
Der amerikanische Geheimdienst interessiert sich offenbar für das Quantencomputing – warum?
Renato Renner: Quantencomputing ist ein vielsprechendes Forschungsfeld. Wenn es dereinst Quantencomputer geben wird – davon sind wir zwar noch mindestens 20 Jahre entfernt –, dann wird man damit bestimmte Rechenaufgaben sehr viel schneller lösen können als mit herkömmlichen Computern. Heute werden Informationen oft mit dem sogenannten Public-Key-Verfahren verschlüsselt. Nicht nur staatliche Organisationen, sondern auch Private verwenden dieses System, um E-Mails sicher zu versenden oder beim E-Banking. Um auf diese Weise verschlüsselte Daten zu knacken, ist ein Rechenaufwand nötig, der von herkömmlichen Computern kaum in vernünftiger Zeit bewältigt werden kann. Das Problem gehört genau zu jenen mathematischen Aufgaben, die ein künftiger Quantencomputer sehr schnell lösen kann. Dass Geheimdienste daran interessiert sind, erstaunt wenig.
Die Quantenphysik verspricht aber nicht nur eine Revolution beim Entschlüsseln, sondern auch beim Verschlüsseln von Information – Stichwort Quantenkryptografie. Ja, und interessanterweise dreht sich die öffentliche Diskussion derzeit wenig um dieses Feld. Obschon es hier im Gegensatz zum Quantencomputing bereits marktreife Anwendungen gibt.
Was leistet die Quantenkryptografie?
Damit lässt sich ein fundamental anderes Verschlüsselungssystem errichten, das nicht auf der Schwierigkeit mathematischer Probleme basiert. Stattdessen nutzt man die Quantenphysik, um sicherzustellen, dass man nicht unbemerkt abgehört werden kann, auch nicht mit einem künftigen Quantencomputer. Übrigens interessiert sich auch die NSA für die Quantenkryptografie. In den Dokumenten der Behörde, welche die «Washington Post» im Internet veröffentlichte, wird diese Technologie mehrmals erwähnt. Sie wird meines Erachtens für Spione aber eher Fluch als Segen bedeuten: Die Abhörsicherheit von Quantenkryptografie-Systemen lässt sich nämlich mathematisch beweisen – basierend auf den Gesetzen der Quantenphysik. Und die Gesetze der Physik lassen sich auch mit dem schnellsten Computer der Welt nicht umgehen.
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