Powered by IBAW 29.08.2023, 07:45 Uhr

Data Scientist: Beruf mit besten Zukunftschancen

Sie durchforsten riesige Datenmengen und machen mit ihren Erkenntnissen Unternehmen fit für die Zukunft: Data Scientists. Im Interview stellt der Datenwissenschaftler Stefan Lanz seine Arbeit vor und zeigt, wie auch der Quereinstieg in diesen Beruf gelingt.
(Quelle: IBAW)
Herr Lanz, Sie sind von Beruf Data Scientist. Wofür steht die Berufsbezeichnung?
Stefan Lanz, Data Scientist bei BKW: Übersetzt auf Deutsch bedeutet dies «Datenwissenschaftler». Das beschreibt schon recht gut, ­worum es geht: Ein Data Scientist verwendet Daten, um Wissen zu schaffen. Er startet mit einer Fragestellung und beschafft sich die nötigen Daten, um die Frage zu beantworten. Nicht immer sind genau die Daten erhältlich, die er am liebsten haben möchte. Falls es nicht möglich ist, mehr Daten zu erheben, geht es darum, aus den verfügbaren Daten das Beste herauszuholen. Bei einer sogenannten explorativen Datenanalyse verschafft er sich einen ersten Einblick in die Daten und verwendet die gewonnenen Erkenntnisse, um die Fragestellung zu schärfen oder auch neue Fragen aufzuwerfen. Nach und nach nähert er sich einer Antwort auf die gestellte Frage an. Auch die Kommunikation der Resultate anhand
einer Analyse gehört zu meinem Aufgabenbereich.
Sie arbeiten bei der BKW. Was ist dort Ihre konkrete Aufgabe?

Ich arbeite bei BKW Power Grid – also dem Teil der BKW, der sich um den Betrieb, die ­Instandhaltung und die Planung des Strom­netzes kümmert – in der Abteilung Netzinformation, die zahlreiche Daten über das Stromnetz speichert und auf einer Karte darstellt: Wo befinden sich Trafostation und Strommasten? Wo verlaufen im Boden verlegte Stromkabel und um welchen Typ von Kabel handelt es sich? Über welche Leitung ist ein Haus an das Stromnetz angeschlossen? Und so weiter.
“Ein Data Scientist verwendet Daten, um Wissen zu schaffen.„
Stefan Lanz
Data Scientist bei BKW
Wir berechnen zum Beispiel täglich für jedes Haus, wie gross eine Solaranlage maximal sein darf, ohne dass ihre Produktion zu Schwierigkeiten im Stromnetz führen würde, weil etwa eine Leitung überlastet würde. Das hilft uns in vielen Fällen, technische Anschlussgesuche für den Bau einer neuen Solaranlage schneller zu beantworten und damit die Energiewende zu unterstützen.
Ganz grundsätzlich sind wir darum bemüht, von konkreten Anwenderproblemen auszugehen. Die Lösung kann einfach eine Datenanalyse sein, aber auch ein dediziert ­entwickelter Service, der regelmässig und ­voll­automatisch eine Berechnung ausführt und die Resultate dem Abnehmer zustellt.
Data Scientists braucht es heute in fast jeder Branche: Finanzinstitute, Behörden, Gross­verteiler, Onlineshops und auch viele KMU ­beschäftigen sie. Was erhofft man sich von den Spezialistinnen und Spezialisten?

Man erhofft sich fundierte Antworten auf ­relevante Fragestellungen, die auf der Grundlage von Daten erstellt werden. Das Ganze funktioniert auch umgekehrt: Ein Unternehmen hat bereits eine grosse Menge von Daten und fragt sich, ob es mithilfe dieser Daten Wert generieren kann.
Heute werden in allen Bereichen Unmengen an Daten gesammelt – dank Machine Learning (ML) können sie effizient ausgewertet werden. Wie funktioniert das konkret?
Grundsätzlich geht es bei ML um Computerprogramme, die automatisch aus Daten lernen können. Machine Learning ist zum Beispiel stark darin, Daten in Kategorien einzuteilen. Ein typischer Anwendungsfall ist hier die Bild­erkennung. Ein Modell soll erkennen, was auf einem Bild zu sehen ist. Bevor das Modell eingesetzt werden kann, muss es trainiert werden. Dazu werden ihm Tausende von Bildern übergeben, zusammen mit der Angabe, was darauf gezeigt wird. Das Modell lernt dann ganz von selbst, aus dem Foto das abgebildete Objekt abzuleiten. Wenn es einmal trainiert ist, kann es auf neue Bilder angewendet werden, die es im Training nicht zu sehen bekam.
Was sind konkrete Anwendungen, die uns im Alltag begegnen?
Typische Anwendungen, bei denen ML ein­gesetzt werden könnte, sind beispielsweise das Entsperren eines Smartphones über Gesichtserkennung, das automatische Zusammen­fassen oder Übersetzen von Texten, das Empfehlen von Filmen oder anderen Inhalten, die zum Geschmack einer Person passen, oder das automatische Erstellen von Bildbeschreibungen. Eine Anwendung, die inzwischen wohl alle kennen, ist ChatGPT. Der Chatbot baut auf einem Sprachmodell auf.
Quelle: IBAW
Die Auswertung grosser Datenmengen birgt – abgesehen von den Vorteilen für die Unter­nehmen, die sie sammeln – auch Risiken, zum Beispiel beim Datenschutz. Stichwort «gläserner Konsument». Wie schätzen Sie diese Grat­wanderung ein?
Der Datenschutz ist sicher eine der grossen gesellschaftlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit ML. Als Data Scientist muss man sich immer die Frage stellen, ob die Analyse, die man gerade macht, rechtens ist oder ob damit der Datenschutz oder andere Regeln verletzt werden. Weil Data Scientists normalerweise keine Juristen sind, gibt es häufig eine Abteilung, die sich mit Datenschutz und ähnlichen Themen bestens auskennt. Es ist meine Verantwortung als Data Scientist, dass ich mich bei Unsicherheiten an diese Kolleginnen und Kollegen wende.
Datenwissenschaftlerin und -wissenschaftler ist ein Beruf mit grossen Zukunftschancen. Sie unterrichten im Studiengang Data Science am IBAW. Was wird dort vermittelt?
Im Studiengang lernen die Studierenden den Umgang mit Daten. Bei grösseren Datenmengen oder für komplexere Auswertungen ist ein Tabellenkalkulationsprogramm schnell einmal nicht mehr ausreichend, darum vermitteln wir einerseits die Datenbanksprache SQL und andererseits die statistische Programmiersprache R, mit der sich Daten auch in relativ grossen Mengen effizient verarbeiten lassen. Die Studierenden erwerben auch grundlegende Statistikkenntnisse, die notwendig sind, um ML zu verstehen. Als Höhepunkt erlernen sie gegen Ende des Kurses verschiedene ML-Methoden und wenden sie auf Beispieldaten an. Abgerundet wird der Studiengang mit einer Fallstudie, in der alle Studierenden mit dem gleichen Datensatz ML-Modelle bauen und versuchen, eine bessere Genauigkeit zu erreichen als ihre Mitstudierenden.
Data Science NDK HF
Die Ausbildung in «Data Science» macht Sie zu einem begehrten, jedoch selten gefundenen Spezialisten im Bereich Big Data. Informa­tionen zur Ausbildung finden Sie unter der Internetadresse go.pctipp.ch/3205.
Welche Vorbildung braucht man, um sich als Data Scientist ausbilden zu lassen?
Der Studiengang am IBAW richtet sich ganz bewusst an Einsteigerinnen und Einsteiger: Die Mathematikkenntnisse aus der Schule und Lehre bzw. aus dem Gymnasium reichen aus. Natürlich ist es von Vorteil, wenn man über etwas Erfahrung mit einer Programmiersprache verfügt oder Statistik gelernt hat. Aber alle diese Inhalte werden am IBAW ausführlich diskutiert, sodass auch lernwillige Stu­die­rende ohne solche Vorkenntnisse den Stu­dien­gang erfolgreich absolvieren können. 
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit IBAW.


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