News 18.05.2015, 07:50 Uhr

EU schafft die Roaming-Gebühren doch nicht ab

Schluss mit Roaming: Dieser Plan der EU-Kommission ist nun weg vom Tisch. Im Fokus der Neuverhandlungen stehen begrenzte Auslandsminuten und Datenmengen zum Normalpreis.
Handy-Nutzer hätten sich eigentlich schon zum Jahresende auf eine Abschaffung der Extragebühren für Telefonate, Surfen und SMS im EU-Ausland freuen können. Doch daraus wird wohl nichts: Erstens wird die Zeit knapp. Zweitens gibt es inzwischen unter den EU-Staaten einen Kompromissplan, die Gebühren auf niedrigem Niveau beizubehalten. Das geht aus einem öffentlich gewordenen Dokument des Rates hervor, über das am Freitag die «Bild»-Zeitung berichtete. Die EU-Länder müssen sich aber noch mit dem Europa-Parlament einig werden - und dort will man die Gebühren eigentlich streichen. Das bekräftigten EU-Abgeordnete am Freitag erneut.

Kompromissplan mit Roaming-Kontingent

Dem Kompromisspapier der EU-Staaten zufolge sollen Bürger etwa bei Anrufen aus dem Ausland nur 50 Minuten lang zu Inlandskonditionen telefonieren können. Zudem sollen sie 50 SMS pro Jahr aus dem Ausland zu Inlandsbedingungen verschicken können, die mobile Internetnutzung ohne Aufschläge wäre nur bis zu 100 Megabyte im Jahr möglich. Diese Zahlen nannte die «Bild» am Freitag mit Bezug auf das Papier der EU-Länder. Die Staaten hatten sich bereits Anfang März darauf verständigt, dass sie die Extra-Gebühren für mobiles Telefonieren und Surfen im Ausland mit Einschränkungen vorerst weiter erlauben wollen.
Ein EU-Diplomat bestätigte, dass die Zahlen dem derzeitigen Kompromiss unter den Staaten entsprechen. Er sagte, man gehe aber davon aus, dass die Roaming-Aufschläge nach Erreichen dieser Grenzwerte niedriger ausfallen als bisher. Ein anderer Diplomat ergänzte, im Gespräch sei beispielsweise für Telefonate der Heimattarif mit einem Aufschlag von 5 Cent pro Minute plus Mehrwertsteuer.

Gebühren fallen frühestens Mitte oder Ende 2016

Beschlossen ist derweil noch nichts, weil die Länder sich mit dem Europa-Parlament einigen müssen. Das hatte ursprünglich gefordert, die Aufschläge bis Ende 2015 komplett abzuschaffen. Allerdings ist wegen der langwierigen Verhandlungen inzwischen klar, dass die Gebühren frühestens Mitte oder Ende 2016 fallen könnten, heisst es in der Volksvertretung. Der österreichische Grünen-Abgeordnete Michel Reimon bezeichnete die Verhandlungen als «verfahren».

Verbraucherschützer reagieren empört

Verbraucherschützer fordern weiterhin die Abschaffung der Gebühren. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) reagierte empört: «Kommunikation ist nicht nur ein Urlaubsspass, sondern innerhalb Europas für viele Menschen notwendiger Alltag», kommentierte Vorstand Klaus Müller. «Die Preise für die Endkunden müssen sich stärker an den realen Kosten der Unternehmen orientieren. Derzeit verdienen Unternehmen gutes Geld mit den Roaming-Gebühren.»

Langwierige Diskussionen, auch wegen Netzneutralität

Die Verhandlungen sind auch deshalb so schwierig, weil neben der Abschaffung der Roaming-Gebühren auch die sogenannte Netzneutralität zur Debatte steht. Dahinter steckt die Idee, dass Internetprovider und Telekommunikationsunternehmen die Datenpakete der Nutzer gleichberechtigt durch ihre Leitungen schicken - unabhängig davon, woher sie stammen oder welchen Inhalt sie haben. Auf EU-Ebene wird darüber verhandelt, ob und welche Daten unter bestimmten Bedingungen doch Vorrang haben sollten.
Es gibt bereits seit einigen Jahren eine europäische Begrenzung der Roaming-Aufschläge. So dürfen Mobilfunkanbieter derzeit von Kunden im europäischen Ausland nicht mehr als 19 Cent pro Minute für abgehende Anrufe, 5 Cent für ankommende Anrufe, 6 Cent pro versendeter SMS und 20 Cent pro Megabyte Daten verlangen. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer.



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