News 18.11.2005, 12:30 Uhr

«Game Over» für Schweizer Raubkopierer

Am Dienstag hat der Phonoverband IFPI offiziell zur Jagd auf Schweizer Tauschbörsen-Benutzer geblasen - eine ernst zu nehmende Drohung oder blosse Einschüchterung?
[1]Dienstag 10:30: Beat Högger von der IFPI Schweiz gibt den Startschuss für die Aktion "Game Over". Damit will der Verband der Schweizer Musikwirtschaft erstmals gegen private Raubkopierer vorgehen. Laut IFPI verursachen Tauschbörsen wie EDonkey oder Bittorrent in der Schweiz jährlich einen Schaden von rund 25 Millionen Franken und sind für den Verlust von 600 Arbeitsplätzen in den letzten 3 Jahren verantwortlich. Doch damit soll nun Schluss sein!Eine von der IFPI nicht genannte Firma sammle IP-Adressen von Schweizer Tauschbörsen-Benutzer, die Musik verbreiten. Da mit der IP-Nummer noch nicht auf die Identität geschlossen werden kann, gehe man mit diesen Daten zum Provider und bitte ihn, die Identität des Benutzers preiszugeben. Doch ganz so einfach, wie von der IFPI dargestellt (siehe Bild), ist das nicht. Aus Datenschutzgründen dürfen Provider diese Informationen nicht jedem weitergeben, was auch Stephan Howeg, Pressesprecher der Cablecom, gegenüber dem PCtipp bestätigt: "Wir unterliegen dem Fernmeldegesetz und dürfen die Daten erst auf Gesuch der Bundesstelle 'Dienst für besondere Aufgaben' des UVEK Preis geben, was aber erst ein Untersuchungsrichter beantragen muss.". Das weiss auch die IFPI. Deshalb schlägt sie den Providern vor, dass diese sich selbst mit ihren Kunden in Verbindung setzen. Der Kunde soll dann die Möglichkeit haben, sich bei der IFPI zu melden, um sich aussergerichtlich zu einigen. Wie viele Personen betroffen sein werden, ist noch nicht bekannt.
Die Forderungen der IFPI für eine aussergerichtliche Einigung sind happig: Die Löschung aller illegalen Musikfiles, die Unterlassung weiterer Rechtsverletzungen sowie eine Schadensersatzzahlung in der Grössenordnung von 3'000 bis 10'000 Franken. Meldet sich der Anwender nicht, gibt es eine Anzeige gegen Unbekannt. Sollte der Provider darauf die Daten tatsächlich herausgeben müssen, "droht eine Busse von bis zu 40'000 Franken oder 1 Jahr Gefängnis, bei gewerbsmässiger Handlung sogar bis zu 100'000 Franken und 3 Jahre Gefängnis", so Beat Högger. Dazu kämen wiederum die Löschung der Musikdateien und eine Schadensersatzzahlung.
Ob es sich bei der Aktion "Game Over" tatsächlich um einen grossen Schritt gegen Tauschbörsen-Benutzer oder eher um einen Einschüchterungsversuch handelt, ist momentan noch nicht absehbar. Klar ist, dass die IFPI an einem deutlich kürzeren Hebel sitzt, als sie vorgibt. So geht die IFPI von einer guten Zusammenarbeit mit den Providern aus, ohne diese überhaupt angefragt zu haben und auch der Name der Firma, die das Beweismaterial sammeln soll, wird nicht genannt. Ausserdem zeigt die angestrebte aussergerichtliche Einigung, dass die IFPI an ihren Chancen vor Gericht zumindest ein bisschen zweifelt. Denn während der Besitz von heruntergeladener Musik einfach nachzuweisen wäre, ist das beim Upload schwieriger, da nur eine Momentaufnahme gemacht werden kann. Und dass das Herunterladen hier zu Lande legal ist, bestätigt sogar die Schweizerische Gesellschaft für die Rechte der Urheber musikalischer Werke SUISA auf ihrer Homepage [2].
Einen Artikel zum Thema "Was Tauschbörsenanwender beachten sollten" finden Sie in PCtipp 8/2005 [3].



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