News 01.06.2012, 10:46 Uhr

Android verletzt Oracles Java-Rechte nicht

Der Richter hat im Copyright-Streit zwischen Google und Oracle entschieden: Die Java-Programmierschnittstellen sind nicht unter Urheberschutz zu stellen. Die Software-Industrie atmet auf.
Der Ausgang des Copyright-Prozesses zwischen Google und Oracle interessiert schon lange nicht mehr nur die involvierten Unternehmen, sondern die ganze Software-Industrie. Und mit seinem heutigen Entscheid, dass Google mit seinem Mobil-Betriebssystem Android das Java-Urheberrecht von Oracle nicht verletzt, hat Richter William Alsup vor allem freudige Gesichter auf die Industrieköpfe gezeichnet. Aber der Reihe nach.
Zu Beginn des Copyright-Prozesses zwischen Oracle und Google sah es für den Kläger so gut aus: Eine Jury entschied in der ersten Phase des Prozesses, dass Google mit seinem Mobile-Betriebssystem Android Java-Urheberrechte von Oracle verletzt. Allerdings waren sich die Geschworenen uneinig, ob es rechtens ist, dass Google sich auf die Klausel der angemessenen Verwendung (im US-Rechtsjargon «Fair Use» genannt) der betroffenen API (Programmierschnittstellen) berufen kann (PCtipp.ch berichtete).
Daneben klagte Oracle auch wegen Patentverletzung, doch davon wurde der Suchmaschinist letzte Woche von einer Jury freigesprochen. Nun ging es also nur noch um den Urheberrechtsanspruch, genauer um 166 API-Pakete, die Oracle per Gesetz schützen lassen wollte. Wäre zugunsten Larry Ellisons Firma entschieden worden, hätte das für den Software-Bereich gravierende Änderungen zur Folge gehabt. So hätte beispielsweise auch Amazon jeden verklagen können, der in Sachen Cloud deren API implementiert hat. Die grosse Anzahl Patentstreite, die es seit einigen Monaten zwischen IT-Firmen gibt, wäre wohl nur ein kleiner Vorbote dessen gewesen, was noch gekommen wäre. Doch die Benutzung des Konjunktivs zeigt: Der Richter hat all dies verhindert – obwohl er Oracle teilweise recht gab.
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Zu Beginn des Copyright-Prozesses zwischen Oracle ...

Klares Urteil
Alsup, der sich während des Prozesses als Programmierer outete, entschied, dass von den 166 Paketen 129 in keinster Weise verletzt wurden. Damit blieben 37 fragwürdig, bei denen aber «97 Prozent der Android-Lines von Google seien und die restlichen 3 Prozent ohne Probleme replizierbar seien», wie der Richter in seinem 41-seitigen Urteil festhielt. Darum sein Urteil: «Oracle muss daher aufhören zu behaupten, dass es per Urheberrecht das ausschliessliche Recht auf die Benützung aller möglicher Implementierungen der 166 Pakete besitzt, obwohl nur eine Implementierung urheberrechtlich geschützt ist.» Und dann führte er das Urteil noch aus: «Oracles Klage anzunehmen wäre, wie jedermann zu gestatten, eine Code-Version schützen zu lassen und dann zu verhindern, dass irgendjemand eine Abwandlung des Codes schreibt, der ähnliche Funktionen beinhaltet. Kein Urteil hat jemals eine solch pauschale Aussage unterstützt.»
Hängende Köpfe also bei Oracle, jubelnde Menschen bei Google. Doch Vorsicht, denn Alsup führte auch noch an, dass dies kein Freifahrtsschein für Software-Unternehmen sei, die Java-API-Pakete ohne Lizenz benutzen wollen. Er habe nur in diesem einen Fall entschieden. Am Ende gab er Oracle noch den Ratschlag mit auf den Weg, dass «es weit vorteilhafter wäre, die APIs mit Patenten schützen zu lassen, anstatt sich auf das Urheberrecht zu berufen». Oracle wollte davon aber nicht viel wissen und hat angekündigt, «mit aller Kraft eine Berufung des Urteils anzustreben».

Fabian Vogt
Autor(in) Fabian Vogt



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