Testcenter
03.08.2023, 08:00 Uhr
Canon PowerShot V10 im Test
Trotz der Übermacht der Smartphones wagt sich Canon an eine günstige Kompaktkamera. Dafür gibt Canon der V10 einen klaren Auftrag.
Kompakt ist die V10 auf jeden Fall
(Quelle: Canon)
Vlogging-Kameras sind im Trend. Geräte für ein kleineres Budget aber eher selten. Canon springt mit der PowerShot V10 in ebendiese Bresche. Für rund 400 Franken bekommt man eine kompakte Kamera, die speziell für die Ansprüche von Vloggern und vergleichbaren Content-Erstellern entwickelt wurde. Das zeigt sich in einer Reihe von kleineren Features, die man von einer Kompaktkamera dieser Klasse sonst nicht erwarten würde.
Spezifikationen
Es beginnt beim eingebauten Kickstand, mit dem die Kamera einfach auf einer ebenen Fläche aufgestellt werden kann, das Objektiv ist gezielt sehr weitwinklig und stabilisiert. Ein vergleichsweise grosses Stereo-Mikrofon auf der Oberseite sorgt für bessere Tonaufnahmen als bei regulären Kompaktkameras. Und natürlich gibt es auch das typische Erkennungsmerkmal einer Vlogging-Kamera: Das Display ist nach vorn drehbar.
Die Bedienung ist nichts für Wurstfinger, aber insgesamt gelungen
Quelle: Canon
Dass diese Kamera kein technischer Überflieger wird, sieht man schon beim ersten Blick auf die Spezifikationen. Ganz zuoberst vermerkt Canon da: Betriebstemperatur 0 – 40 Grad Celsius. Das sind mal Prioritäten. Gleich darunter kommen zwei weitere Gründe, weshalb man seine Erwartungen an die V10 etwas niedrig halten sollte: Die Abmessungen von 63,4 × 90,0 × 34,3 mm und das Gewicht von nur gerade 211 g. In ein solch kleines Paket bringt man nicht besonders viel Leistung rein.
Canon füllt die V10 dann doch bis an den Rand und packt zunächst einen 1-Zoll-Sensor rein, der total 20,9 Mpx besitzt. Ausreizen kann er diese aber nicht vollständig. Für Videoaufnahmen im 16:9-Format werden 13,1 Mpx genutzt, für Fotos 15,2 Mpx. Davor befindet sich ein Objektiv mit einer Brennweite von 19 mm bei Videos, und 18 mm bei Fotos. Die maximale Blendenöffnung liegt bei ƒ/2.8. Ansonsten gibt es wenige optische Features. Sowohl die Bildstabilisation als auch die Zoomfunktion arbeiten digital. Dank des übergrossen Sensors ist das weniger dramatisch als bei anderen Kameras, allerdings ist auch bei der V10 ein klarer Qualitätsverlust erkennbar.
Anschlüsse gibt es etwa die Wichtigsten
Quelle: Canon
Der Autofokus ist einfach und funktional. Es kommt ein System mit Kontrasterkennung zum Einsatz, das seinen Job ordentlich erledigt. Noch wichtiger für Vlogger: Subjekte können einfach durch Tippen auf dem Display markiert und mit dem Autofokus automatisch verfolgt werden. Automatische Gesichtserkennung ist ebenfalls vorhanden. Das erwähnte Touch-Display ist mit 2 Zoll etwa ein Drittel kleiner als übliche Kamera-Displays und lässt sich nur in eine Richtung drehen. Und zwar nach oben über die Oberseite der Kamera hinweg, um bis zu 180 Grad. Mehr ist auch nicht nötig, da dies die drei wichtigsten Winkel abdeckt: Gerade nach hinten, horizontal, und gerade nach vorne.
Bedienung & Ausstattung
Doch wie macht sich die Kamera im Gebrauch? Insgesamt sehr ordentlich. Wie bei allen Kompaktkameras sind die Bedienelemente klein und für grosse Hände etwas schwierig zu drücken. Bei einem so kompakten Gerät geht das kaum anders. Zudem hilft das Touch-Display, das praktisch alle Aufgaben der Tasten ebenfalls erledigen kann. Schön gross ist der Aufnahmebutton auf der Vorderseite – schliesslich filmt man ja primär sich selbst.
Die V10 liegt generell sehr angenehm in der Hand und ist wirklich kompakt. Mit hochgeklapptem Display ist sie immer noch kleiner als ein durchschnittliches Smartphone und nicht ganz doppelt so dick. Im zusammengeklappten Zustand erhält man etwa die Masse eines Galaxy Flip mit Hülle. Ein etwas gewöhnungsbedürftiges Design-Element ist die Überlappung von Display und Kickstand. Letzterer lässt sich nur raus- oder reinklappen, wenn das Display nach oben gedreht ist. Da merkt man wieder den Fokus auf die Selbstdarstellung. Filmt man vornehmlich sich selbst, ist das Display sowieso meistens oben und der Kickstand frei bewegbar. Möchte man aber etwas anderes filmen, muss man stets das Display nach oben klappen, um den Kickstand verwenden zu können.
Ein Stereo-Mikrofon sorgt für guten Klang
Quelle: Canon
Anschlüsse gibt es für eine Kompaktkamera genug. Ein microHDMI-Port kann die Kamera mit externen Bildschirmen oder Recordern verbinden. Dazu kommen ein Mikrofonanschluss (3,5 mm) und ein USB-C-Port zum Aufladen und Verbinden mit einem Computer. Per Kabel lässt sich die V10 auch als Webcam verwenden, was für Streamer sehr interessant ist.
Kabellose Verbindungen sind ebenfalls möglich. Canon bietet zur V10 die App «Camera Connect» an. Damit lässt sich die Kamera fernsteuern und Dateien übertragen. Da die V10 sowieso nur simple Dateiformate und niedrige Qualitätsstufen unterstützt, ist das nicht einmal limitiert, wie bei vielen grösseren Kameras. Auch eine Live-Streaming-Funktion ist eingebaut, mit der Sie die Bilder der V10 direkt auf den Streamingdienst Ihrer Wahl übertragen können.
Die microSD-Karte wird auf der Unterseite eingeschoben
Quelle: Canon
Falls Sie mehr lokal und offline unterwegs sind, speichert die V10 alle Daten natürlich auch auf eine microSD-Karte. Für eine reguläre SD-Karte war leider kein Platz. Interessant: Grosse 4K-Dateien konnten wir nicht per Kabel auf den PC transferieren, sondern nur via App, was dann ziemlich lange dauert. Zuletzt noch etwas zur Akkulaufzeit. Diese ist mit rund 55 Minuten in 4K und 80 Minuten in FullHD eher kurz, aber für ein so kleines Gerät etwa normal. Eher problematisch ist der fest verbaute Akku. Heisst also: Ist der Saft weg, braucht man eine Steckdose und muss die Kamera eine Weile ruhen lassen. Die meisten sonstigen Videokameras gehen den hohen Stromverschleiss beim Filmen mit einer anderen Strategie an: Einfach mehrere Akkus bei sich tragen. Das ist bei der V10 keine Option.
Bildqualität
Die Canon PowerShot V10 ist keine Leica, soviel ist klar. Sie misst sich aber auch nicht hochwertigen Videokameras, sondern vielmehr mit Smartphones. Und hier muss man sagen: Geht es rein um die Bildqualität, ist der Vorsprung der V10 zu klein. Zwar ist die V10 optisch und sensortechnisch Smartphones überlegen, hat aber weniger Prozessorleistung im Hintergrund, die bei eher schwachen Kameras immer wichtiger wird. So werden die Aufnahmen der V10 zwar besser, als es rohe Aufnahmen aus einem durchschnittlichen Smartphone würden, das Endprodukt der Smartphones ist aber dennoch vergleichbar gut, stellenweise sogar besser. Fairerweise muss man sagen: Im Vergleich zu den Frontkameras aktueller Smartphones ist die V10 markant besser, was bei Selfie-Aufnahmen durchaus relevant ist. Etwas enttäuschend ist die ISO-Reichweite der V10 mit maximal 125 – 6400 bei FullHD-Aufnahmen. Filmt man in 4K, sinkt das maximale ISO auf 3200. Für Fotos sind immerhin maximal 12'800 ISO möglich. Allzu hoch sollte man die V10 aber so oder so nicht pushen.
Die fehlende Rechenpower merkt man besonders bei den Aufnahmemöglichkeiten. Während das neue iPhone mit ProRes-Aufnahmen mit hohen Bittiefen und spektakulären Zeitlupen klotzt, serviert die PowerShot V10 nur sehr einfache Kost. Es gibt 4K mit maximal 30 FPS und 120 Mbps. FullHD schafft es bis 60 FPS und rund 60 Mbps. Fotos schiesst die V10 mit maximal 5472 × 3648 in JPG und, wie bei den Videos, 8bit.
Kaufberatung
In ihren Einzelteilen kann die Canon PowerShot V10 nichts besonders gut. Die Bildqualität ist nicht stark genug, um High-End-Smartphones klar zu übertrumpfen, der Formfaktor nicht kompakt genug, um beispielsweise eine GoPro zu konkurrenzieren. Schaut man sich aber das Gesamtpaket an, kommt einiges zusammen, das sehr gut harmoniert. Die V10 kann ein wenig von allem und kann das, ohne dass man gross etwas dafür lernen müsste. Sie ist leicht mit dem Smartphone koppelbar und somit für Social-Content geeignet und bietet mit ihrem Formfaktor mitsamt Kickstand und Touch-Display eine gute Plattform für alle, die sich selbst filmen.
Die Flexibilität macht die V10 zu grossen Teilen aus
Quelle: Canon
Die Hauptfrage, die man sich vor dem Kauf der V10 stellen sollte, ist: Bringt mir die V10 etwas, das ich nicht mit dem Smartphone erledigen kann? Das ist durchaus möglich. Zum Beispiel kann man sich mit der V10 filmen, wie man am Smartphone etwas tut. Oder hält sich das Handy für andere Dinge frei. Oder man verlagert schlicht den Akkuverbrauch für das Filmen vom Phone auf die Kamera. 400 Franken für eine V10 ist dann ein deutlich besserer Deal als sich ein zweites Smartphone zu kaufen. Der Kickstand und die ultraleichte Bedienung bieten ebenfalls eine gewisse Spontanität, die zu einem gewissen Grad ausgleichen, dass man halt ein zweites Gerät mit sich herumtragen und aufladen muss.
Fazit
Die Canon PowerShot V10 ist eine solide Kompaktkamera mit einem klar definierten Auftrag. In ihren Einzelteilen ist sie in keinem Punkt wirklich stark, kann aber als Gesamtpaket überzeugen. Falls Sie also nur einige wenige der Features brauchen, sind Sie wahrscheinlich mit einer anderen Kamera oder einem Smartphone besser bedient. Wenn Sie sich aber vom Gesamtpaket der V10 mit all ihren kleinen Use-Cases angesprochen fühlen, kann diese kleine Kamera durchaus eine gute Investition sein.
Testergebnis
Flexibilität, Bedienung
Bildqualität
Details: 20,9-Mpx 1-Zoll-Sensor, ISO 125-12’800 (nur Foto), 4K/30p (8bit, 120 Mbps), FHD/60p (8bit, 60 Mbps), 2-Zoll-Touch-LCD, USB-C, microHDMI, 3,5 mm Mikrofonanschluss, 1× microSD, Standfuss, 211 g
Preis: Fr. 499.95
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