Tests 20.01.2020, 09:37 Uhr

Sony a6600 im Test

Mit der Sony a6600 kannst du's nicht besser, aber länger.
Die Sony a6600, das neuste Spitzenmodell der spiegellosen APS-C-Serie des japanischen Herstellers, ist ein kleines Upgrade des Vorgängers. Grösstenteils wurden Verbesserungen der günstigeren Modelle übernommen. Dazu gehört das exzellente Autofokus-System. Der Kamera-Body wurde ebenfalls leicht verändert, was besonders dem Akku zugutekommt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob Sony mit den Updates genug getan hat. Die Konkurrenz hat in den vergangenen Jahren alles andere als geschlafen und im gleichen Marktsegment massiv zugelegt.
Sonys neue DSLM baut grösstenteils auf ihren Vorgängermodellen auf

Äusseres und Bedienung

Stilistisch bleibt sich Sony mit der a6600 treu. Die Designsprache und das Format bleiben gleich wie die bisherigen APS-C-Modelle, lediglich der Griff wurde vergrössert. Das dient auf den ersten Blick der Ergonomie, hat aber noch einen zweiten, riesigen Vorteil. Dazu mehr im Abschnitt «Ausstattung».
Die Sony a6600 scheint ergonomisch ein wenig aus ihrem Konzept herauszuwachsen. Anders als bei den Vollformat-Modellen setzt Sony bei den APS-C-Kameras nicht auf einen DSLR-Style-Body, sondern verwendet den Range-Finder-Stil. Das heisst: ein rechteckiger Körper mit Griff und einem Sucher in der oberen, linken Ecke. Für die kompakten NEX-Modelle funktionierte das bestens. Bei der a6600 scheint das Format jedoch langsam an seine Grenzen zu stossen. Mit einem grossen Objektiv ist die Gewichtsverteilung etwas unvorteilhaft. Das wird durch den grossen und sehr bequemen Griff zwar teilweise abgefangen, aber nicht komplett verhindert.
Minimalistisch könnte man die Steuerung der a6600 auch nennen
Es bleibt nur wenig Platz für Knöpfe, Schalter sowie Rädchen und das macht sich immer wieder bemerkbar. Allem voran fehlt ein Rädchen auf der Vorderseite. Blende und Belichtungszeit werden mit einem Daumenrad auf der Oberseite und einem drehbaren Steuerkreuz auf der Rückseite eingestellt. Der Daumen ist also allein für alle Grundeinstellungen zuständig. ISO und Belichtungskorrektur können per Steuerkreuz aktiviert und dann per Rad eingestellt werden. Das funktioniert gut, wäre aber mit einem zusätzlichen Rad noch einfacher. Dass die Kamera mit nur zwei Rädchen komplett einhändig bedient werden kann, ist jedoch eine gute Leistung von Sony. Die Rädchen selbst sind gut. Beide geben ein solides Feedback für jeden Klick und sind streng genug eingestellt, um nicht aus Versehen verstellt zu werden. Das gilt auch für das sehr streng laufende Modusrad auf der Oberseite. Dieses lässt sich zwar nicht komplett feststellen, dreht aber nur bei entsprechender Daumenmuskulatur.
Die Knöpfe sind mehrheitlich bequem zu bedienen
Neben dem Steuerkreuz bietet die a6600 drei frei einstellbare Buttons: zwei auf der Oberseite und einen auf der Rückseite über dem Display. Als vierter Button kann die Lösch-Taste belegt werden. Die Tasten auf der Oberseite sind ordentlich erreichbar, könnten aber für grössere Hände etwas nah am Rand platziert sein. Der Button auf der Rückseite ist ideal positioniert und sollte daher für eine häufig verwendete Funktion eingesetzt werden. Mit der ebenfalls gut platzierten Fn-Taste öffnet sich ein Schnellzugriffsmenü für die wichtigsten zwölf Funktionen. Diese können frei ausgewählt werden. Wie bei allen Sony-Kameras ist es empfehlenswert, diese Funktionen gezielt auszuwählen. Der Grund dafür: Die Menüstruktur von Sony ist auch bei der a6600 nicht besser geworden. Sony hat einige Funktionen verschoben oder neu benannt, das grundlegende System besteht aber weiter und scheint nach wie vor arbiträr zusammengesetzt. Glücklicherweise sollte man mit zwölf Funktionen im Schnellzugriff sowie allen direkt einstellbaren Features fast alles im Griff haben. So braucht man die Menüstruktur nur für wenige Funktionen, die man dann am besten auswendig lernt.
Auf der nächsten Seite: Ausstattung

Ausstattung

Ausstattung

Sonys Fokus bei DSLM-Kameras liegt seit jeher auf der Leistung. Besonders in Sachen Tempo konnte Sony in der Vergangenheit oftmals punkten. Das gilt auch für die a6600, spezifisch für den Autofokus. Dieser ist nicht weniger als Weltklasse. Sowohl in Sachen Tempo als auch in Sachen Genauigkeit schlägt Sony hier alle Konkurrenten problemlos.
Eine besondere Stärke der a6600 ist das automatische Tracking. Dabei verfolgt die Kamera eine erkannte Person oder einen angewählten Gegenstand. Die automatische Erkennung kann Menschen und Haustiere von selbst verfolgen. Alternativ kann der Nutzer einen Fokuspunkt auswählen, der dann in Bewegung weiterverfolgt wird. Solche Tracking-Funktionen bieten auch andere Anbieter an, es funktioniert aber keiner so schnell und zuverlässig wie der von Sony. Einzig beim Auswählen eines Fokuspunkts per Touch ist teilweise eine kleine Verzögerung bemerkbar. Nicht beim Fokussieren selbst, sondern bis die Kamera überhaupt versucht zu fokussieren.
Das Display der a6600 lässt sich ausklappen
Sowohl das Touch-Display als auch der Sucher erfüllen alle üblichen Anforderungen von Kameras dieser Preisklasse. Der Sucher ist uns während des ganzen Tests nicht einmal aufgefallen. Das heisst, er macht seinen Job genau richtig. Das Display bietet vollumfängliche Touch-Funktionalität, was die Bedienung der Kamera deutlich angenehmer macht. Der Fokuspunkt lässt sich auch dann per Touch-Display verschieben, wenn man die Kamera ans Auge hält und den Sucher verwendet. Empfehlenswert ist das jedoch nur ohne automatisches Tracking, da sonst das Verschieben des Fokuspunkts eher langsam vonstatten geht. Generell scheint die Sony a6600 ein wenig langsamer zu sein als vergleichbare Kameras. Das beginnt beim eher trägen Aufstarten und zieht sich durch diverse Menüs durch. Die a6600 scheint bei fast jeder Aktion einen Bruchteil einer Sekunde mehr zu benötigen. Die Verzögerung an sich ist nicht schlimm, fällt aber durchaus auf.
In einem weiteren Punkt ist Sony ebenfalls langsam, dieses Mal jedoch im positiven Sinn: Der Akku der a6600 benötigt ewig, um leer zu werden. Laut CIPA-Rating schafft die a6600 810 Bilder mit einem komplett geladenen Akku. Das ist für eine DSLM bisher unerreicht. Genau genommen sprechen wir hier von DSLR-Werten. Sony schafft es also, eine spiegellose Systemkamera mit allen Vorzügen der digitalen Bauweise zu konstruieren und dabei die überlegene Akkulaufzeit einer Spiegelreflex beizubehalten. Für einige Fotografen dürfte das viele der Nachteile dieser Kamera komplett irrelevant machen. Zusammen mit dem umfassenden Wetterschutz zeichnet sich der Trend ab, dass die a6600 eine gute Wahl für weit reisende Fotografen darstellt.
Ein Nachteil für diese Fotografen könnte jedoch der einzelne SD-Kartenslot sein. Ohne zweiten Kartenslot ist das Risiko für Datenverlust grösser, da man auf Reisen nicht unbedingt in der gleichen Frequenz Backups anfertigen kann. Dass der SD-Slot nur UHS-I unterstützt, ist da nicht ganz so dramatisch. Das wäre in der Sportfotografie ein grösseres Problem.
Der APS-C-Sensor wirkt im riesigen E-Mount geradezu winzig
Ansonsten bietet die a6600 alle wichtigen Features. Wi-Fi, Bluetooth und NFC sind für die Verknüpfung mit dem Smartphone verfügbar. Das NFC-Tag ist dabei etwas merkwürdig. Die meisten aktuellen Kameras verwenden eine leicht zu erstellende Bluetooth-Verbindung für Geotags und bauen damit gleich die Wi-Fi-Verbindung für Datentransfers auf, falls benötigt. Dadurch ist das NFC-Tag nicht mehr zwingend nötig. Die a6600 trennt die beiden Verbindungen jedoch. So müssen Sie als Nutzer sowohl Wi-Fi als auch Bluetooth manuell verbinden. Genau das macht NFC wiederum einfacher.
Anschlüsse sind alle wichtigen vorhanden. Audio-Stecker gibt es für den Ein- und Ausgang. Dazu kommt ein micro-HDMI-Stecker und ein USB-2.0-Stecker. Über diesen kann der Akku auch geladen werden, ohne dass er aus der Kamera entfernt werden muss.
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Sensor und Bildqualität

Sensor und Bildqualität

Wenig zu diskutieren gibt es bei den Resultaten der a6600 und wie diese erreicht werden. Der Sensor der a6600 liefert durchgehend starke Ergebnisse bei praktisch allen Einstellungen. Die ISO-Reichweite bis 102'400 kann wie üblich nicht komplett für brauchbare Bilder genutzt werden, aber bis etwa 20'000 ISO lässt es sich damit arbeiten.
Wie schon die a6500 erhält auch die a6600 einen optischen Bildstabilisator. Das ist insofern interessant, da die meisten Konkurrenten im APS-C-Bereich auf Bildstabilisatoren im Objektiv setzen. Die Fünf-Achsen-Stabilisierung der a6600 erlaubt rund fünf Stopps längere Belichtungszeiten, ohne zu verwackeln.
Qualitativ liefert die a6600 ziemlich genau die gleichen Ergebnisse wie die a6400 oder die a6100. Das ist durchaus positiv zu bewerten, da diese beiden Modelle durchgehend überzeugen konnten. Farblich geht Sony wenige Risiken ein und bietet realistische, ansprechende Bilder. Schärfe bei JPG-Dateien wird mit Mass angewandt und trifft ziemlich genau den idealen Punkt.
Die folgenden Bilder sind in JPG bei Standard-Stileinstellungen geschossen. Die Bilder in voller Auflösung finden Sie in unserem Flickr-Album.
Farblich kann die a6600 überzeugen
Quelle: PCtipp
Und auch bei den Details muss sich die Sony-Kamera vor niemandem verstecken
Quelle: PCtipp
Schwierige Lichtsituationen meistert die Kamera problemlos
Quelle: PCtipp
Mit dem 16–55-mm-Objektiv lassen sich auch ansprechende Nahaufnahmen erstellen
Quelle: PCtipp
Und zur Übersicht die gleiche Szenerie mit verschiedenen, hohen ISO-Werten:
3200 ISO
Quelle: PCtipp
10'000 ISO
Quelle: PCtipp
25'600 ISO
Quelle: PCtipp
ISO auf Maximum (angezeigt als 102'400, EXIF meldet rund 65'000)
Quelle: PCtipp
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Objektiv, Video und Fazit

Objektiv: E 16–55 mm ƒ/2,8 G

Wir haben die Sony a6600 mit dem neuen Standard-Zoom-Objektiv E 16–55 mm ƒ/2,8 G getestet – dem Objektiv, das für die meisten anspruchsvollen Sony-APS-C-Fotografen zum Standard werden dürfte. Die Brennweite von 16–55 mm (24–82,5 mm umgerechnet) ist von Landschaft bis Porträt für alles zu gebrauchen und mit einer maximalen Blendenöffnung von ƒ/2,8 ist das Objektiv sowohl licht- als auch ausdrucksstark. Qualitativ ist das 16–55 ƒ/2,8 den bisherigen Standard-Zooms um Längen überlegen.
Das neue Sony-Standardzoom ist ein ausgezeichneter Allrounder
Bemängeln kann man nicht viel. Es fehlt ein eingebauter Bildstabilisator, der bei den meisten APS-C-Modellen von Sony in der Kamera verbaut ist. Daher fällt das nicht allzu sehr ins Gewicht. Zudem ist das Objektiv vergleichsweise gross und schwer, gerade im Verhältnis zu den eher kompakteren Kameramodellen. Das lässt sich jedoch technisch nicht verhindern und ist bei allen Herstellern so. Zuletzt bleibt der Preis von rund 1200 Franken. Das ist fast eine zweite a6600. Andererseits erhält man dafür eine Linse, die ausserhalb des Telebereichs und extremen Makros mit absolut allem zurechtkommt und dabei ausgezeichnete Qualität liefert. Für Fans vielseitiger Objektive, die nur selten von der Kamera kommen, ist das ideal.

Video

Der Videomodus der a6600 präsentiert eine schöne Analogie zur a6600 insgesamt: gut, aber wenig Fortschritt im Vergleich zur sich schnell verbessernden Konkurrenz. UHD-Aufnahmen der Sony a6600 überzeugen. Das trotz starkem Rolling-Shutter-Effekt, mit dem sich DLSM-Videografen mittlerweile schon fast abgefunden haben. Die Sony nutzt dabei einen grossen Teil des Sensors und vergrössert nur gerade um den Faktor 1,23. Bei den FHD-Aufnahmen scheint Sony ein wenig stehengeblieben zu sein und liefert etwa die gleiche Kost wie bisher.
Etwas mühsam ist auch der Autofokus, der im Videomodus standardmässig auf Touch-Fokus eingestellt ist. Tracking wäre hier praktischer gewesen, besonders da es ausgezeichnet funktioniert. Das wird noch etwas weiter verstärkt, da die Einstellungen der Kamera beim Wechseln zwischen Foto- und Videomodus gleich bleiben. Verwendet man also Touch-Fokus für Fotos und Tracking für Videos, muss man die entsprechende Funktion jeweils hin und her wechseln. Für passionierte Videobearbeiter sei gesagt, dass die a6600 über Log-Modi verfügt, allerdings nur in 8 Bit, was den Spass ein wenig trüben könnte.

Fazit

Die Sony a6600 ist an sich eine sehr gute Kamera. In zwei Bereichen, Akkulaufzeit und AF-Tracking, dominiert sie die Preisklasse, ist dafür aber überall sonst etwas mittelmässig. Vor ein paar Jahren hätte das Sony problemlos zu einem Spitzenergebnis gereicht. Die Konkurrenz hat aber alles andere als geschlafen und läuft der a6600 in vielerlei Hinsicht den Rang ab. Für bestehende Sony-Nutzer lohnt sich das Upgrade, sofern die alte Kamera schon ein paar Generationen alt ist. Ein Upgrade vom direkten Vorgänger ist nicht wirklich nötig.

Testergebnis

Akkulaufzeit, Autofokus, Bildqualität
Video, Bedienung

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