Klein und emsig
22.10.2024, 13:00 Uhr
Ausprobiert: iPad mini 7
Der Charmebolzen unter den Tablets erhält nach drei langen Jahren endlich ein Upgrade. Doch es hätte ruhig ein wenig mehr sein können.
(Quelle: Apple Inc.)
Das iPad mini geniesst seit jeher besondere Sympathien. Einerseits ist es ein vollwertiges iPad mit all seinen Apps und Möglichkeiten. Zum anderen verführen seine bescheidenen Abmessungen dazu, es schnell in die Manteltasche zu stecken, um es immer dabei zu haben – mehr als bei jedem anderen iPad.
Denn mit Abmessungen von 19,5×13,5 Zentimetern und einem Gewicht von 297 Gramm (ohne Hülle) erinnert das iPad mini fast an einen eBook-Reader. Und tatsächlich: ein Kindle Colorsoft wiegt zwar mit 219 Gramm nicht viel weniger, bietet aber nur einen Bruchteil der Möglichkeiten. Auch das iPad mini lässt sich bequem in einer Hand halten, wobei sich nach einiger Zeit die harten Kanten des Gehäuses bemerkbar machen. Dafür besticht es durch ein hervorragendes LC-Display mit 2266×1488 Pixeln, was einer Pixeldichte von 326 ppi entspricht.
Aus der Nähe betrachtet reicht das iPad mini erfreulich nahe an einen eBool-Reader heran
Quelle: PCtipp
Wie alle Macs, iPhones und iPads unterstützt es ausserdem die True-Tone-Technologie, bei der die Farbtemperatur der Umgebung gemessen und die Anzeige entsprechend angepasst wird. Das führt besonders bei schwachem Licht oder in der Dämmerung zu einer sehr angenehmen, augenschonenden Darstellung: Eigenschaften, die man beim Lesen gar nicht überbewerten kann.
Leider muss das iPad mini mit einem 60-Hz-Display auskommen. Während diese ruckelige Wiederholrate bereits bei Smartphones nicht mehr zeitgemäss ist, wirkt sie bei einem Tablet endgültig aus der Zeit gefallen. Bei statischen Inhalten fällt das logischerweise nicht auf – doch beim Wischen und Blättern durch die Webseiten sticht der Unterschied förmlich ins Auge.
An die Arbeit!
Für das iPad mini kommen unzählige Anwendungen infrage – doch das ernsthafte Arbeiten ist keine davon. Denn bei all seinen Vorzügen macht das kleine Display das Arbeiten schwierig, wenn eine Tastatur benötigt wird: Das iPad mini ist schlicht zu klein für eine sinnvolle Kombination aus Hülle und Tastatur. Zwar lässt sich eine beliebige Tastatur über Bluetooth oder USB-C anschliessen, doch die würde die kompakten Abmessungen ad absurdum führen. Wer also unterwegs viel schreiben will, sollte sich für eines der grösseren iPads entscheiden. Zur Veranschaulichung: Das Display des iPad mini zeigt weniger als die Hälfte der Fläche, die auf dem iPad Pro 12.9 Zoll zur Verfügung steht.
Pencil Pro. Ein Gewinn ist hingegen die neue Unterstützung des Pencil Pro, dem neusten Stift im Apple-Sortiment. Er erkennt die Rotation, reagiert auf Druck am Gehäuse und bietet ein haptisches Feedback, was ihn besonders für Zeichenanwendungen interessant macht. Aber auch für Notizen oder Anmerkungen in PDFs wird er zur praktischen Erweiterung – erst recht, weil durch die Verwendung von Apple Intelligence auch «handschriftlich gerechnet» werden kann, im Bild unten in gelber Schrift.
Touch ID statt Face ID. Da der Pencil Pro magnetisch an der Längsseite haftet und dabei gleichzeitig geladen wird, mussten die Lautstärke-Tasten weichen und befinden sich nun links an der oberen Stirnseite. Oben rechts befindet sich auch die Standby-Taste mit integriertem Fingerscanner; für die Face ID hat es also nicht gereicht. Doch das ist in erster Linie ein Problem für Umsteiger. Ich habe mich regelmässig dabei ertappt, wie ich auf dem Display wie gewohnt nach oben strich und darauf wartete, dass sich der Inhalt offenbart – aber das funktioniert ohne Face ID nicht. Doch der Scanner funktioniert sehr schnell und zuverlässig, sodass sein Antippen schon nach kurzer Zeit zum Reflex wird.
Externe Displays. Die Aussichten trüben sich, wenn das iPad mini ein Notebook ersetzen soll und dabei über den USB-C-Port mit einem externen Display verbunden wird. Das iPad Pro erweitert dazu die Arbeitsfläche und zeigt den Inhalt formatfüllend auf einem Display mit einer Auflösung von bis zu 6K bei 60 Hz. Das iPad mini macht hingegen bei 4K mit 60 Hz Schluss. Das Apple Studio Display mit 5K lässt sich vom Fleck weg verbinden, aber nur mit der reduzierten Auflösung betreiben. Die grösste Einschränkung findet man an anderer Stelle: Das iPad mini erweitert nicht den Arbeitsbereich auf dem grossen Display, sondern zeigt exakt denselben Inhalt, sodass die Darstellung der Inhalt auf dem grossen Display etwas unbeholfen wirkt.
Leistung
Im iPad mini 7 wirkt der A17 Pro-Chip, der bereits im iPhone 15 Pro zum Einsatz kommt. Allerdings stehen der CPU nur fünf statt sechs Grafikkerne zur Verfügung. Das legt die Vermutung nahe, dass der letzte Kern bei der Produktion nicht den Erwartungen entsprach und deaktiviert wurde. Dieses «binning» ist in der Chipbranche nicht ungewöhnlich. Böse Zungen würden zwar behaupten, dass im neuen iPad mini ausgemusterte Chips arbeiten, die für das iPhone 15 Pro nicht in Frage kamen. In der Praxis ist der Unterschied jedoch nicht wahrnehmbar, sodass diese Tatsache nur der Vollständigkeit halber erwähnt wird.
Auch schnelle, aufwendige Spiele werden vom A17 Pro-Chip problemlos gemeistert
Quelle: Apple Inc.
Viel mehr zählt, dass das iPad mini mit 8 GB RAM ausgestattet ist. Damit reiht es sich in die neusten Geräte von Apple ein, die für Apple Intelligence qualifiziert sind – also für Apples eigene Interpretation dessen, wie künstliche Intelligenz funktionieren sollte. Das wird in der Schweiz zwar erst im Verlauf des nächsten Jahres ein Thema, doch die Vorboten zeigen sich bereits heute: etwa in Form des neuen Radierers in der Fotos-App, der bei uns mit iPadOS 18.1 eingeführt wird – und nebenbei natürlich auch auf dem iPhone mit iOS 18.1.
Kaufberatung und Fazit
Das iPad mini wird auch in der Version 7 seine Fans finden, daran besteht kein Zweifel. Die geringen Abmessungen treffen auf den vollen Funktionsumfang, sodass es vermutlich das einzige iPad ist, das gerne und bedenkenlos eingepackt wird. Der optionale Apple Pencil rundet das Angebot ab und vermittelt wie bei keinem anderen iPad das Gefühl, einen intelligenten Notizblock in den Händen zu halten.
Farbe. Das iPad mini ist in den Farben «Space Grau», «Blau«, «Violett» und «Polarstern» zu haben. Eigentlich kann ein Gerät für mich gar nicht bunt genug sein, doch in diesem Fall würde ich zu «Space Grau» greifen. Das Testgerät wurde in der sehr hellen Farbe «Polarstern» zur Verfügung gestellt. Die sieht zwar todschick aus, doch die hellen Kanten auf der Vorderseite machen sich stärker bemerkbar, als sie es sollten.
Je heller die Farbe, desto mehr drängt sich der Rahmen ins Blickfeld
Quelle: Apple Inc.
GPS und LTE. Wie schon immer befinden sich das LTE-Modul für den mobilen Empfang und das GPS-Modul für die punktgenaue Ortung auf demselben Chip. Wenn also die Ortungsdienste von zentraler Bedeutung sind – und sei es nur für die Geotags in Fotos –, führt kein Weg an der Ausführung «Wi-Fi + Cellular» vorbei, die in jeder Konfiguration 150 Franken mehr kostet. Für den mobilen Internet-Zugang gibt es neu keinen SIM-Slot mehr; stattdessen unterstützt das iPad mini eine eSIM, die den Datenkauf im In- und Ausland massiv vereinfacht.
Speicher. Das iPad mini kommt wahlweise mit 128 GB, 256 GB oder 512 GB Speicher. Erfahrungsgemäss sind die hauptsächlichen Treiber für ein Speicherupgrade Fotos und Videos. Um den aktuellen Speicherverbrauch zu prüfen, öffnen Sie die Einstellungen des alten iPads oder des iPhones. Wechseln Sie in den Bereich Allgemein. Dort sehen Sie unter Kapazität und Verfügbar, wie viel Speicher gerade benötigt wird. Falls es eng wird, sollten Sie mindestens zur nächsthöheren Speicherkapazität wechseln.
Fazit
Der Reiz des kleinen Tablets ist ungebrochen, doch etwas mehr Ausstattung hätte ihm nicht geschadet. Auf der einen Seite ist der Mitgliedsbeitrag ab 499 Franken sehr attraktiv. Andererseits wird das iPad mini nicht wegen seines Preises gekauft, sondern wegen seinen Abmessungen.
Und so erinnert seine Überarbeitung an eine Pflichtübung, bei der gerade einmal das nötigste verbessert wurde. Denn das «neue» iPad mini soll sich in erster Linie mit Apple Intelligence verstehen, was ein neues SoC und 8 GB RAM bedingt. Den USB-C-Anschluss gibts von Gesetzes wegen obendrauf, während sich der Rest der Verbesserungen in einem sehr engen Rahmen hält. Vor allem wäre ein Display mit 120 Hz Pflicht. Und so steht der jüngste Abkömmling neben all seinen Vorzügen für eine verpasste Chance, um selbst mit reduzierten Abmessungen technisch zu glänzen.
Testergebnis
Abmessungen, Leistung, Tempo, Software
Display nur mit 60 Hz, kein Stage Manager bei externen Displays
Details: Abmessungen 195×135 Millimeter, 297 Gramm, Display mit 500 Nits, P3-Farbraum, True Tone, 2266×1488 Pixel bei 326 ppi; A17 Pro mit 6-Kern CPU, 5-Kern GPU und 16-Kern Neural Engine; Kamera mit 12 Mpx, Videos bis 5K mit 60 fps; Wi-Fi 6E (802.11ax), LTE und GPS (optional), iPadOS 18
Preis: ab 499 Franken (128 GB Speicher)
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