News
04.04.2014, 08:08 Uhr
Fahrerlos parkieren und den Akku laden
Elektromobile, die automatisch parkieren und sich gleich selber wieder aufladen, daran tüfteln Wissenschaftler eines EU-Förderprojekts, das von der ETH Zürich koordiniert wird.
Elektromobile bieten in den kommenden Jahren die Chance auf eine nachhaltige Mobilität. Noch stellen sie im Fernverkehr aber keine sinnvolle Alternative zu konventionell angetriebenen Fahrzeugen dar. Zu begrenzt ist ihre Reichweite und zu lange dauern die Ladezeiten. Wissenschaftler suchen deshalb nach neuartigen Ansätzen, um die Elektromobilität alltagstauglich zu machen und sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu kombinieren.
Ein solches Konzept erarbeiten derzeit die Entwickler und Forscher der ETH Zürich, der Universitäten von Braunschweig, Oxford und Parma zusammen mit den Industrieunternehmen Bosch und Volkswagen in dem EU-Förderprojekt V-Charge. V-Charge steht für «Valet Parking and Charging» – es handelt sich dabei um einen Parkier- und Ladeservice für Elektromobile.
Ergänzende Mobilität für Zugfahrer
Das Projekt geht von der Vision aus, dass Reisende weite Strecken vorwiegend über einen gut ausgebauten Zugfernverkehr zurücklegen und die verbleibenden Kilometer von den Bahnhöfen bis nach Hause bequem per Elektrofahrzeug überwinden. In sogenannten V-Charge-Park&Ride-Anlagen sollen Elektromobile selbstständig und fahrerlos Parkplätze und Ladestationen anfahren können. So fährt ein Reisender beispielsweis mit einem Elektrofahrzeug zum Bahnhof und schickt es dort per Smartphone-App zum Laden. Bei seiner Rückkehr dirigiert er es mit der gleichen App voll aufgeladen wieder zum Abholpunkt.
Nächste Seite: Fahrzeuge weichen Passanten aus
Fahrzeuge weichen Passanten aus
Das im Juni 2011 begonnene Projekt hat nun ein wichtiges Etappenziel erreicht: Während einer Demonstration im Bosch-Parkhaus am Stuttgarter Flughafen haben die Wissenschaftler heute den aktuellen Stand der fahrerlosen Fahr- und Parkierfunktion präsentiert. Sie führten erfolgreich vor, wie das Fahrzeug über eine Smartphone-App zum Parkieren aufgefordert werden kann. Der Bordcomputer des Fahrzeugs verbindet sich daraufhin mit dem Parkhausserver und stellt die Position eines freien Parkplatzes fest. Dann navigiert er das Auto selbstständig zum gewünschten Parkplatz. Kreuzt ein anderes Fahrzeug den Weg, bleibt das V-Charge-Fahrzeug kurz stehen oder weicht aus.
Fahrzeuge in Parkhäusern per GPS zu orten, ist allerdings nicht möglich, da die freie Sicht auf Satelliten versperrt ist. Das Navigationskonzept der Wissenschaftler basiert deshalb auf Kameras.
Dieses Konzept bündelt das Know-how der Industriepartner und der beteiligten Hochschulen in den Bereichen Robotik und Umfeldwahrnehmung. Paul Furgale vom Autonomous System Lab der ETH Zürich ist wissenschaftlicher Koordinator des Projekts. Seine Forschungsgruppe versucht, zusammen mit Wissenschaftlern der Computer Vision and Geometry Group, die Fahrzeuge über Kameras zentimetergenau zu lokalisieren.
Die Forschenden erstellen hochpräzises Kartenmaterial der Parkanlage, das spezifisch auf die Kamerasensoren zugeschnitten ist. So ist das Fahrzeug jederzeit in der Lage, seine aktuelle Position über einen Abgleich der aktuellen Kamerabilder mit dem aufgezeichneten Kartenmaterial zu ermitteln.
Nächste Seite: Zahlreiche Sensoren
Zahlreiche Sensoren
Hindernisse detektiert das Fahrzeug über eine Stereokamera und identifiziert sie entweder als statisch oder als bewegliche Verkehrsteilnehmer. Daraufhin berechnet das Fahrzeug mehrmals pro Sekunde ein neues optimales Fahrmanöver, das die Hindernisse sicher umgeht.
Über verschiedene Kameras und Sensoren nimmt das Fahrzeug seine Umgebung wahr (Bild: zVg V-Charge)
Know-how bündeln für kostengünstige Lösung
«Alle diese Funktionen sollen auf kostengünstige Weise realisiert werden, damit diese markttauglich sind und in naher Zukunft serienmässig zum Einsatz kommen können», erklärt Paul Furgale. Die Wissenschaftler arbeiten deshalb unter anderem mit Ultraschallsensoren und Stereokameras, die in heutigen Fahrzeugen bereits verfügbar sind und beispielsweise für die Parkier- oder Notbremsassistenten genutzt werden. Auf teure, nicht serientaugliche Sensorik verzichten die Entwickler bewusst.
Nächste Seite: Baldiges Projektende
Baldiges Projektende
Bis zum geplanten Ende des Projekts im Jahr 2015 feilen die Wissenschaftler mit Hochdruck weiter an verschiedensten Aspekten des Systems. So wollen sie unter anderem die Präzision beim Einparken verbessern. Dies ist wichtig für den künftigen Einsatz in Elektrofahrzeugen: Damit sich diese selbstständig laden können, müssen sie Ladestationen hochpräzise anfahren. Ein weiterer Fokus liegt auf der Lokalisierung und Navigation. Diese soll auch bei stark wechselnden Lichtverhältnissen sowie bei regem Verkehr im Zusammenspiel mit anderen, manuell gesteuerten Fahrzeugen sowie Fussgängern zuverlässig sein.
V-Charge ist ein gemeinsames Forschungsprojekt der ETH Zürich, der Universitäten von Braunschweig, Oxford und Parma sowie von Bosch und der Volkswagen AG. Es wird von der ETH Zürich koordiniert. Das Projekt wird durch das 7. Forschungsrahmenprogramm der EU (Projektnummer 269916) finanziert. Das Projektbudget beträgt insgesamt 5,63 Millionen Euro. Die Laufzeit des Projekts ist von 1. Juni 2011 bis zum 30. September 2015.
Kommentare
Es sind keine Kommentare vorhanden.