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21.08.2013, 11:56 Uhr
VSCO Film: Wundermittel für Raw-Fotos
VSCO Film bewegt nur ein paar Hebel in Lightroom. Doch Ihre Fotos werden nie mehr dieselben sein.
Annahme: Sie gehören zu den engagierten Amateuren oder sogar zu den Profis. Deshalb kommt für Sie nur das Raw-Format infrage. Doch Sie mussten leidvoll erfahren, dass es eine Kunst ist, eine flaue Raw-Datei in ein stimmungsvolles Bild zu verwandeln. Besonders frustrierend: Sie wissen insgeheim, dass Sie bei der Raw-Entwicklung längst nicht so gut sind, wie Sie es gerne wären. Oder dass die Nachbearbeitung Ihrer kommerziellen Aufträge zu viel Zeit verschlingt.
Und jetzt die gute Nachricht: Das muss nicht sein. VSCO Film kann Sie bei der Nachbearbeitung in Lightroom einen gewaltigen Satz nach vorne bringen.
Hebel und Schalter
Bei VSCO Film (sprich: Wisko-Film) handelt es sich nicht um eine eigenständige Software, sondern «nur» um Presets für Adobe Lightroom, Adobe Camera Raw und Apple Aperture. (Letzteres allerdings mit Einschränkungen, doch dazu später mehr.) Das heisst, auf die Bilder werden keine Filter angewendet; stattdessen korrigiert VSCO Film die Farbverteilung und die Kontraste mit den Reglern, die in der jeweiligen Software zur Verfügung stehen.
In diesem Beispiel sehen Sie oben das unbearbeitete Raw-Foto, das anschliessend einer 1-Klick-Behandlung durch VSCO Film unterzogen wurde:
Bunt war das Foto schon vorher, doch jetzt leuchten die Farben, dass es eine wahre Pracht ist. Es geht aber auch dezenter, wie diese Vorher/Nachher-Beispiele zeigen:
Jedes Preset orientiert sich an der Farbgebung der analogen Filme, die unterdessen auf vier verschiedene Sammlungen verteilt sind. Je nach Paket sehen Sie Filme wie den Kodak Ektachrome, den Fuji Velvia oder den Ilford HP5, um nur einige zu nennen. Ein Preset simuliert jedoch nicht nur die Farbgebung und das Kontrastverhalten, sondern auch das Korn. Dazu wird die entsprechende Funktion in Lightroom/Camera Raw hinzugezogen, was wiederum heisst, dass sich dieser Effekt jederzeit anpassen oder ganz zurücknehmen lässt.
Alle Filmsimulationen werden in verschiedenen Geschmacksrichtungen serviert. Der Eintrag «Kodak Portra 160» kommt dem analogen Vorbild am nächsten. Dazu gibt es jedoch mehrere Varianten (Portra 160++ usw.), die den Effekt zusätzlich verstärken oder abschwächen. Es braucht seine Zeit, um sich in die Simulationen einzuarbeiten und seine Vorlieben zu entdecken, doch dieser kurzweilige Lernprozess ist unabdingbar.
Die Liebe zum Detail
Mit jeder Sammlung werden ausserdem «Werkzeuge» installiert, um Bilder weiter zu optimieren – und zwar auf eine sehr subtile Weise. Der «orange skin fix» nimmt den Hauttönen ihre unnatürliche Färbung und sorgt für einen stimmiges Gesamtbild. «Creamy Hightlight» wiederum verpasst schneeweissen Stellen einen Hauch von Rosa – gerade genug, um das Bild weichzuspülen. Andere Werkzeuge verbessern den Kontrast, dunkeln den Himmel ab oder schmeicheln den Gesichtern. Nach kurzer Zeit weiss man diese Hilfen genauso zu schätzen, wie die Filmsimulationen selbst.
Damit VSCO Film seine volle Wirkung entfalten kann, müssen die Grundlagen stimmen. Das heisst, die Belichtung und der Weissabgleich müssen zuerst korrigiert werden, sonst wirken die Resultate enttäuschend. Und obwohl die Presets auch mit JPEG-Bildern funktionieren, erzielt man mit Raw-Dateien die besten Ergebnisse; sie bieten in den Lichtern und Schatten viel grössere Reserven – also gerade dort, wo VSCO Film die meiste Arbeit leistet.
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Ausführungen und Sonderfall Aperture
Die verschiedenen Ausführungen
VSCO Film wird in verschiedenen Ausführungen angeboten, die alle separat bezahlt werden müssen. Die Pakete 1 bis 4 werden wahlweise für Adobe Lightroom oder für das Camera-Raw-Modul von Photoshop angeboten. Diese Unterscheidung wirkt ein wenig knauserig, da die Grundlagen von Camera Raw und Lightroom genau dieselben sind.
Die schwierigste Frage dreht sich jedoch um die Wahl des richtigen Pakets. Wer nicht gleich das ganze Regal leerkaufen will, muss sich deshalb überlegen, welchen Stil er bevorzugt. Dabei helfen die Beispiele auf der VSCO-Website, doch eine grobe Einteilung sieht etwa so aus:
Paket 1 & 2: Wer auf gedämpfte Farben und einen ausgeprägten Analog-Look steht, ist mit den Paketen 1 und 2 gleichermassen gut bedient, denn beide haben sich den alten Negativ-Filmen verschrieben.
Paket 3 simuliert Sofortbild-Filme, doch die Resultate sind ein wenig … speziell. Etwa so wie die tausendjährigen Eier, die bei uns in einigen China-Restaurants angeboten werden – begleitet vom eindringlichen Hinweis «Nur für Kenner!»
Paket 4 besteht aus Diafilmen, die Fotos mit bunten Farben und kräftigen Kontrasten aufbretzeln – perfekt für Ferienfotos, Feste und andere fröhliche Momente. Wenn Sie sich für ein einziges Paket entscheiden müssen, können Sie mit dieser Sammlung kaum falsch liegen.
Hier einige Müsterchen:
Aperture mit Kompromissen
Aperture-Anwender müssen mit Abstrichen leben. VSCO Film kann nur im Rahmen der Möglichkeiten wirken, die ihm von der Software zur Verfügung gestellt werden. Das leicht betagte Aperture kennt jedoch weder Objektivprofile noch eine Korn-Simulation, und auch die Regler für die Farben und Kontraste hinken jenen von Lightroom hinterher.
Deshalb überzeugen die Filmsimulationen der Pakete 1 und 2 nicht ganz so sehr, wie jene in Lightroom. Die Pakete 3 und 4 wurden von VSCO noch gar nicht umgesetzt. Und zu guter Letzt muss das Korn simuliert werden, indem es am Schluss als TIFF-Datei auf das Foto angewendet wird. Diese Aktion beschränkt sich zwar auf einen Klick, aber der Rechenaufwand nimmt massiv zu, was vor allem die älteren Macs auf eine harte Probe stellt.
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Nachteile, Preise und Fazit
Der Kampf um die Übersicht
Der einzige Nachteil, der sich bei VSCO Film ausmachen lässt, ist der Verlust der Übersicht im Presets-Bereich von Lightroom. Die Liste der Simulationen ist lang, und dazu kommen noch die Tools, die ebenfalls als Presets gespeichert sind. Bei mehr als einem Paket wird es schwierig, die Übersicht zu wahren – nicht zuletzt deshalb, weil es bei den Tools zu Überschneidungen kommt. Entweder man lebt damit, oder man kniet sich in die Materie hinein und stellt sich neue Sammlungen zusammen, die nur mit den persönlichen Lieblings-Presets bestückt sind.
Preise
Die Preise erscheinen zuerst ein wenig gesalzen. Das erste Paket für Camera Raw oder Lightroom kostet umgerechnet etwa 110 Franken. Ab dem zweiten Paket erhält man als treuer Stammkunde einen Rabatt von 25 Prozent, sodass alle weiteren Pakete noch etwa 83 Franken kosten. Sämtliche Preise für die anderen Ausführungen finden Sie im Store von VSCO.
Allerdings erhält man für sein Geld so einiges. Ein Profi amortisiert jedes Paket mit dem erstbesten Auftrag, denn die Zeitersparnis ist enorm. Das gilt erst recht für Hochzeitsfotografen, die ihren Brautpaaren verträumte, romantische Bilder liefern möchten, die seit jeher so gefragt sind. Ausserdem handelt es sich hier um Presets, die sich nahtlos in den Lightroom-Workflow integrieren, während man bei ähnlichen Paketen auf Photoshop oder eine andere Software ausweichen muss. (Typische Beispiele sind der DxO Filmpack oder die Photoshop-Filter Exposure von Alien Skin.)
Engagierte Amateure können in Raw fotografieren und erreichen nach kurzer Zeit eine Bildwirkung, wie sie vorher kaum zu realisieren war. Und sogar wer in die Vollen greift, bezahlt für alle vier Ausgaben ca. 360 Franken. Das ist weniger, als ein neuer Blitz oder ein günstiges Objektiv kostet. Doch wie immer ist das eine Frage der Prioritäten.
Fazit: VSCO Film kann die Art und Weise verändern, wie Sie fotografieren. Für Profis bringt diese Sammlung eine enorme Zeiteinsparung, während die Amateure den Look meistern, den sie sich schon immer gewünscht haben.
Testergebnis
Bildwirkung, Werkzeuge, als Presets in den Workflow integriert
Übersicht in der Presets-Liste geht leicht verloren
Details: Für Lightroom, Camera Raw und Aperture
Preis: Erstes Paket ca. 110 Franken, jedes weitere ca. 83 Franken
Infos:vsco.co
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