Bundesgerichtsentscheid 19.10.2023, 10:25 Uhr

Sunrise kann weiterhin auf mündliche Kündigung bestehen

Sunrise kann wie bisher von Kunden verlangen, per Telefon oder Chat zu kündigen. Denn das Bundesgericht ist auf eine Kunden-Beschwerde nicht eingetreten. Das hält PCtipp davon.
(Quelle: Sunrise)
Sunrise möchte, dass Kundinnen und Kunden ihr Handy-Abo oder den Internetanschluss per Chat oder Telefon kündigen. Anwälte raten jeweils, einen Vertrag stets schriftlich zu kündigen. Denn eine mündliche Kündigung ist zwar in vielen Vertragsfällen gültig – im Streitfall aber schwierig zu beweisen. Doch genau den schriftlichen Weg (Brief, Fax oder E-Mail) verbietet Sunrise seinen Kundinnen und Kunden und besteht auf den telefonischen Weg oder jenen per Chat.
Und jetzt ist klar: Sunrise darf das auch weiterhin so machen. Das Bundesgericht ist auf die Beschwerde eines verärgerten Kunden nicht eingetreten, wie srf.ch berichtet. Noch ist nicht ganz klar, warum, denn die schriftliche Begründung des höchsten Gerichtes der Schweiz steht noch aus. Die gerichtlichen Vorinstanzen hatten argumentiert, Sunrise missbrauche durch die mündliche Kündigungsvorschrift seine Machtposition zu wenig stark, als dass ein Verstoss gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb bestünde. Wer sich die SRF-Espresso-Sendung dazu anhören möchte, finden Sie über diesen Link.
Zum Vergleich: Beispielsweise bei der Swisscom kann man auch per Brief kündigen. Auf der Webseite findet man allerdings auch nur Online-Kündigungsoption (Chat) oder man vereinbart einen Rückruf. Salt hat – nach Protesten des Konsumentenschutzes – Ende 2021 die Möglichkeit, auf schriftlichem Weg zu kündigen, wieder eingeführt.

Konsumentenschutz nicht glücklich

Der Schweizer Konsumentenschutz ist natürlich nicht glücklich über dieses Urteil. Man erlebe es täglich in der Beratung, dass Kundinnen und Kunden sich über die telefonische Kündigung ärgerten, beispielsweise weil sie ewig in der Warteschlaufe hängen würden. «Wenn die Kunden für eine Kündigung anrufen, werden sie nochmals angegangen, doch bei Sunrise zu bleiben», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz, zu SRF. Stalder kritisiert auch die Politik: Das Parlament müsse endlich der hängigen Motion zustimmen, die eine solche Beschränkung der Kündigungsformen verbieten will, heisst es im SRF-Artikel weiter.

K-Tipp überlegt sich Gang vor Gericht

Auch der Ktipp schaltet sich ein und überlegt sich sogar, vor Gericht zu ziehen. «Dieses Mal kämpfen wir gegen die Kündigungs-Schikane von Sunrise GmbH. (...) Sunrise ist Spitzenreiter bezüglich Klagen der K-Tipp-Leser», heisst es in einem LinkedIn-Post des Magazins.
Update 20.10.23: Das könnte durchaus Chancen haben, denn Bundesgerichtsurteile sind nur im jeweiligen Verfahren verbindlich. Wie Rechtsanwalt Martin Steiger PCtipp auf Anfrage erklärt, ist das Bundesgericht laut SRF-Bericht auf die Beschwerde nicht eingetreten, das bedeutet, die Beschwerde wurde nicht abgewiesen; es ist in der Sache also keine Entscheidung erfolgt. «Wir werden der Begründung entnehmen können, wieso ein Nichteintreten erfolgt ist. In jedem Fall sehe ich bei diesem Stand durchaus die Möglichkeit für weitere Klagen und schliesslich Beschwerden am Bundesgericht», so Steiger weiter.

PCtipp meint

Sunrise ist wirklich Experte darin, Kundinnen und Kunden vor der Kündigung abzuhalten. So digital ich auch unterwegs bin, bei Verträgen ziehe ich den klassischen Weg per Post vor. Wenn ich mich informiert und entschieden habe, dass ich kündigen will, möchte ich nicht ewig in einer Telefonwarteschlaufe hängen (innerhalb der Schweiz immerhin kostenlos). Und wenn dann endlich ein Mensch am anderen Ende ist, habe ich keine Lust, noch bequatscht zu werden, dass das XY-Angebot doch noch besser sei und man versucht, mich zum Bleiben zu überreden. Und wer sich schon mit Chatbots herumgeschlagen hat, weiss: Sie sind zwar ganz «herzig», aber immer noch ziemlich dumm. Zumindest in meinem Fall haben Chatbots mein Anliegen noch nie lösen können. Das Verhalten von Sunrise liegt hier meiner Meinung nach irgendwo zwischen Bevormundung und Schikane.



Kommentare
Avatar
Klaus Zellweger
19.10.2023
Das Urteil klingt dramatischer, als es ist. Was gerne vergessen geht: In dieser unschönen Lage befinden sich nur jene, die eine Dienstleistung gar nicht mehr in Anspruch nehmen möchten – also den eigenen Mobilfunkvertrag endgültig und ersatzlos streichen wollen. Ich vermute, das kommt eher selten vor. Wenn ich hingegen den Vertrag künden will, um den Provider zu wechseln, übernimmt der neue Provider mit Freuden diese Formalitäten. Aktuelles Beispiel: Wir sind von Sunrise zu Digitec gewechselt (vier Nummern). Das wurde alles vom neuen Provider geregelt, der durch die Anmeldung eine Vollmacht erhalten hat. Niemand von uns hatte auch nur eine Sekunde lang Kontakt zu Sunrise – und schon gar keinen telefonischen. Der ganze Wechsel inkl. Nummernportierung dauerte durch die Online-Anmeldung nur wenige Minuten und ging reibungslos über die Bühne.

Avatar
tipptopp
19.10.2023
Klaus' Beispiel bezieht sich m.E. ausschliesslich auf Mobilephone Verträge. Will ich aber z.Bsp. Internet, Fixanschluss oder TV kündigen übernimmt kein neuer Provider den Wechsel. Da muss man ganz allein selber durch.

Avatar
gschwinds
19.10.2023
Das Urteil klingt dramatischer, als es ist. also den eigenen Mobilfunkvertrag endgültig und ersatzlos streichen wollen. Ich vermute, das kommt eher selten vor. Nur blöd das Sunrise auch noch diverse andere Dienstleistungen bietet bei denen es bei einem Anbieter Wechsel leider nicht so einfach läuft wie mit einem Mobiltelefon und der eigenen persönlichen Mobil-Nummer.

Avatar
Rogerovi
19.10.2023
tja, das Beispiel von Klaus Zellweger ist unglücklich, digitec-galaxus, bietet seine Dienstleistungen auf welchem Netz? Ah ja - genau, Sunrise...

Avatar
starfish
19.10.2023
genau wegen solcher Tricksereien werde ich nie einen solchen Vertrag abschliessen. Ich bleibe bei Prepaid. Und wenns denn irgendwann ein Vertrag sein soll, dann sicher nicht bei Sunrise. Aber dazu muss sich das Preis/Leistungsverhältnis noch deutlich verbessern.

Avatar
Klaus Zellweger
19.10.2023
Klaus' Beispiel bezieht sich m.E. ausschliesslich auf Mobilephone Verträge. Will ich aber z.Bsp. Internet, Fixanschluss oder TV kündigen übernimmt kein neuer Provider den Wechsel. Da muss man ganz allein selber durch. Das habe ich zwar noch nie gemacht, aber das kann ich mir nicht vorstellen. Du gibst dem neuen Provider die Vollmacht, um die Sache durchzuziehen, und das war’s dann.

Avatar
Klaus Zellweger
19.10.2023
tja, das Beispiel von Klaus Zellweger ist unglücklich, digitec-galaxus, bietet seine Dienstleistungen auf welchem Netz? Ah ja - genau, Sunrise... Das ist mir sehr wohl bewusst. Wir sind sogar zu Digitec-Galaxus, weil sie auf dem Sunrise-Netz sind. Wir haben da gute Erfahrungen gemacht. Aber das spielt keine Rolle, es geht hier um einen Vertrag, der gekündigt wird – und um einen weiteren Vertrag, der neu abgeschlossen wird. Vor vielen Jahren habe ich jeweils meine Nummer gekündigt und bei einem anderen Provider angefangen, weil die Mobiltelefone tatsächlich verschenkt wurden. Doch heute gibt kaum jemand seine Nummer auf – und die Geräte sind schon lange nicht mehr gratis. Ich habe deshalb in den letzten 15 Jahren nie einen Vertrag gekündigt. Das hat immer der neue Provider übernommen - egal, wer es war.

Avatar
JagdishF
19.10.2023
Meine Erfahrungen bei der Kündigung haben mich in meiner Entscheidung Sunrise zu verlassen nur bestärkt. Obwohl ich von Anfang an klarmachte, dass ich "nur" kündigen wollte, wurde ich über den Grund der Kündigung befragt und dann wurden mir günstigere Angebote angeboten. Nachdem ich diese alle abgelehnt hatte, wurde ich weiter verbunden - und dann ging es wieder von vorne los. Am Ende hätte ich für das Abo von Fr. 67.- nur noch die Hälfte bezahlen müssen. Das wäre für mich natürlich schön gewesen - aber was ist mit allen anderen Abonnenten, die jahrelang klaglos den vollen Preis bezahlen? Da frag ich mich dann schon was so ein Abo denn wirklich für einen Wert hat - oder wie verzweifelt diese Firma ist, wenn ein Kunde zur Konkurrenz wechseln möchte!

Avatar
Salodurum
19.10.2023
Ich wollte gerade kürzlich das Internet-/Telefonabo für meine Mutter kündigen. Das ist noch ein sehr altes Abo. Das Telefonabo ist noch eine Kupferleitung und hat kürzlich Probleme gemacht. Leider habe ich es in zwei Anläufen nicht geschafft, jemanden ans Telefon zu bekommen. Alle Kundenberater von Sunrise, zu denen mich der Chatbot weiterleiten wollte, waren besetzt. Einmal habe ich eine Nachricht hinterlassen und einmal die Rückrufoption gewählt. Beide Male hat der Chatbot einen Rückruf versprochen, aber nichts ist passiert! Als Berufstätiger muss ich sowas jeweils nach der Arbeit machen und habe nicht den ganzen Tag über Zeit, nachzuhaken oder in Warteschlaufen zu hängen. Und am Abend ist Sunrise auch nicht ewig erreichbar. Das gute neue Angebot, bei dem meine Mutter mehr für weniger Geld bekommen hätte, ist mittlerweile abgelaufen. Also hoffen, es kommt bald wieder so ein Angebot. Bis dahin: danke, liebe Sunrise für Eure Kundenfreundlichkeit! Alleine die ist in diesem Fall schon ein Kündigungsgrund! @Klaus Zellweger: es ist leider so, die Kündigung durch den neuen Anbieter funktioniert nur bei Mobilanbieterwechsel. Bei allen anderen Verträgen nimmt dir das niemand ab!

Avatar
Klaus Zellweger
19.10.2023
Gut, scheinbar ist das wirklich so: Der Wechsel durch einen Provider funktioniert nur bei Mobil-Abos. Jedenfalls habe ich nichts anderes gefunden. Merci für die Hinweise.