News 27.08.2002, 01:00 Uhr

File-Sharing: Was ist in der Schweiz erlaubt?

Zahlreiche Computeranwender nutzen regelmässig Online-Tauschbörsen wie Kazaa, Morpheus oder Gnutella. Vielen ist dabei jedoch gar nicht klar, wo die Grenzen zwischen Legalität und Illegalität liegen. PCtip hat sich beim Juristen David Rosenthal erkundigt.
Berichte über den Kampf der Musik- und Filmindustrie gegen File-Sharing-Börsen gehören schon fast zu den Tagesnachrichten. Das Vorgehen der Plattenbosse nimmt dabei immer härtere Formen an. Erst diesen Monat haben 13 Vertreter der US-Musikindustrie Klage gegen vier grosse amerikanische Provider eingereicht. Über deren Server war das Musikportal listen4ever.com zugänglich [1], das zahlreiche urheberrechtlich geschützte Songs zum Download anbot. Die Plattenlabels begründeten ihre Klage gegen die US-Provider damit, dass sie nicht direkt gegen den Betreiber vorgehen könnten, da dieser in der chinesischen Stadt Tianjin ansässig sei. Der Entscheid des Richters wäre sicher sehr interessant gewesen, die Klage wurde aber mittlerweile hinfällig, da die betreffende Homepage seit kurzem nicht mehr erreichbar ist.
Auch ein Vorstoss der RIAA (Recording Industry Association of America) erregte diesen Monat Aufsehen. Diese hat damit begonnen, gegen einzelne Benutzer von Musiktauschbörsen zu klagen [2] [3]. Sie verlangte erst kürzlich von einem US-Provider Anwenderdaten herauszugeben, da einer seiner Kunden zahlreiche Musikdateien über ein File-Sharing-System illegal zum Download anbiete. Geht das Gericht auf den Antrag ein, könnte dies eine Lawine von Klagen gegen die Benutzer von Musiktauschbörsen auslösen.
Beide Fälle stammen aus den USA. Ob dieselbe Vorgehensweise auch in der Schweiz möglich und erfolgreich wäre, ist eine Frage, die sich einem unweigerlich stellt. Deshalb hat sich der PCtip bei David Rosenthal, einem auf Informations- und Telekommunikationsrecht spezialisierten Jurist, erkundigt, was in der Schweiz erlaubt ist und wo sich Benutzer in eine juristische Grauzone begeben.
Laut David Rosenthal gibt es beim Umgang mit Musik aus dem Internet grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden: der Bezug und der Vertrieb. Bei Ersterem spielt die Quelle eine sehr wichtige Rolle. Wenn Sie beispielsweise Musik von einem lizenzierten Internetradio oder Händler beziehen, besteht kein Grund zur Besorgnis. Die Betreiber haben die Vertriebsrechte erworben. Laden Sie jedoch Musikstücke von einer nicht autorisierten Tauschbörse herunter, begeben Sie sich in eine juristische Gefahrenzone. Mit Bestimmtheit lässt sich heute sagen: Ist ein Song noch gar nicht veröffentlicht, so ist das Herunterladen klar verboten. Bei veröffentlichten Songs ist die Sachlage komplizierter. Da es noch keine klärenden Gerichtsentscheide gibt, ist es umstritten, ob das Herunterladen zum Privatgebrauch nach Schweizer Recht auch wirklich gesetzeswidrig ist.
Hinzu kommt noch, dass es sehr schwierig ist, dem Benutzer einer illegalen Tauschbörse nachzuweisen, aus welcher Quelle die Songs auf seiner Festplatte stammen - selbst wenn die Vermutung nahe liegt, dass sie über die Tauschbörse beschafft wurden. Technologische Fortschritte werden in Zukunft wohl auch in diesem Bereich mehr Klarheit schaffen. Verschiedene Entwickler arbeiten beispielsweise an digitalen Signaturen, mit denen genau nachgewiesen werden kann, von wo eine bestimmte Datei stammt [4]. Beim Herunterladen von Dateien aus dubiosen Quellen gehen Sie also immer ein gewisses Risiko ein, und sei es das Risiko, in die Mühlen der ausländischen Justiz zu geraten.
Während der Bezug noch für viel juristischen Gesprächsstoff sorgen wird, ist die Vervielfältigung für den Privatgebrauch gesetzlich klarer geregelt. Haben Sie ein Werk - beispielsweise eine CD - legal erstanden, dürfen Sie für den privaten Gebrauch beliebig viele Kopien machen (Ausnahme: Computerprogramme). Selbst das Verteilen der Kopien an Familienangehörige oder andere nahe stehende Personen ist erlaubt. Verboten ist es hingegen, die Werke ohne besondere Bewilligung fremden Personen zugänglich zu machen - auch wenn Sie das Original rechtmässig erworben haben. Somit ist ebenfalls bei der Benutzung von File-Sharing-Systemen Vorsicht geboten. Haben Sie nämlich selbst Dateien zum Herunterladen freigegeben, begehen Sie bereits einen Gesetzesverstoss.



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