News 16.03.2012, 05:00 Uhr

Sonys magischer Touchscreen im Detail

Mit dem Xperia Sola hat Sony ein Smartphone vorgestellt, das über einen neuartige Touchscreen verfügt: Dieser funktioniert auch, wenn man mit dem Finger über dem Display schwebt. Wir erklären, wie das funktioniert und was man von der neuen Technologie erwarten darf.
Überraschend hat Sony diese Woche mit dem Xperia Sola ein neues Android-Smartphone angekündigt, das über eine bisher einzigartige Möglichkeit der Bedienung verfügen wird. «Floating Touch» nennt Sony die Technologie, die Fingerbewegungen auch erkennt, wenn man das Display nicht berührt, sondern wenn der Finger einige Millimeter darüber schwebt. Doch wie ist das technisch möglich? Und wie soll das in der Praxis überhaupt funktionieren? Wird man in Zukunft nur noch wild gestikulierend sein Smartphone bedienen? Wir haben nachgefragt und Antworten auf diese Fragen gesucht.
Zwei Arten von kapazitiven Touchscreens
Floating Touch ist eine gemeinsame Entwicklung von Sony und der Firma Cypress Technologies. Es ist laut Sony das erste Mal, dass eine solche Technologie auf einem Smartphone eingesetzt wird. Wie alle anderen aktuellen Smartphones verwendet auch das Xperia Sola einen kapazitiven Touchscreen. Dieser reagiert bereits auf kleinste Berührungen und ermöglicht Multitouch. Es gibt jedoch zwei Arten von kapazitiven Touchscreens: Die sogenannt gegenseitig-kapazitiven und die eigen-kapazitiven.
Beide Arten basieren auf einer Matrix aus Elektroden, die den Bildschirm abdeckt. Diese Elektroden haben eine bestimmte Spannung. Nähert sich jetzt ein Finger dem Bildschirm, ändert sich die Ladung der Elektroden. Diese Änderung wird gemessen. Indem die Messwerte aller Elektroden verglichen werden, kann die genaue Position des Fingers ermittelt werden.
Auf der nächsten Seite: Multitouch vs. Reichweite
Das Xperia Sola mit Floating Touch im Video (Quelle: Sony/YouTube):

Multitouch vs. Reichweite

Multitouch vs. Reichweite
Soweit die Gemeinsamkeiten. Jetzt zu den Unterschieden: Bei den gegenseitig-kapazitiven Touchscreens verfügt im Prinzip jeder Schnittpunkt in der Elektroden-Matrix über einen eigenen Sensor. Jede Berührung kann daher exakt ermittelt werden. Der Vorteil: Auch wenn man den Bildschirm an mehreren Stellen gleichzeitig berührt, kann der Touchscreen noch die exakten Positionen erkennen. Dadurch ist mit einem gegenseitig-kapazitiven Touchscreen auch Multitouch möglich. Und aus diesem Grund ist diese Variante auch bei allen aktuellen Smartphones verbreitet.
Gegenseitig-kapazitive Touchscreens haben aber auch einen Nachteil: Weil jeder Schnittpunkt in der Matrix über einen eigenen Sensor verfügt, ist die Reichweite des einzelnen Sensors sehr beschränkt. Er erkennt daher nur unmittelbare Berührungen des Displays.
Und hier kommen die sogenannt eigen-kapazitiven Touchscreens ins Spiel. Bei ihnen verfügt nicht jeder Schnittpunkt, sondern lediglich jede X- und jede Y-Achse in der Elektrodenmatrix über einen eigenen Sensor. Da die Sensoren dadurch wesentlich grösser sind und über eine grössere Signalstärke verfügen, sind sie in der Lage, einen Finger auch dann zu erkennen, wenn er einige Millimeter über dem Display schwebt.
Die grünen Punkte stellen Berührungen dar. Der eigenkapazitive Touchscreen weiss nicht, welchen Berührungen er die aktivierten Achsen zuordnen muss, weshalb alle möglichen Koordinaten-Kombinationen aktiviert werden. Diesen Effekt nennt man «Ghosting Positions» (Bild: Sony)
Der Nachteil der Technologie liegt auf der Hand: Da die Position des Fingers immer aus X- und Y-Achse errechnet werden muss, kann ein eigen-kapazitiver Touchscreen nur eine Position auf einmal exakt ermitteln. Werden mehrere Eingaben gleichzeitig gemacht, weiss die Technik nicht, welche Achsen sie welchen Berührungen zuschreiben muss. Damit ist Multitouch mit dieser Technologie nicht möglich.
Das Beste aus beidem: Floating Touch
Wir haben also gegenseitig-kapazitive Touchscreens, die Multitouch ermöglichen, aber eine unmittelbare Berührung erfordern, und eigen-kapazitive Touchscreens, die kein Multitouch ermöglichen, dafür aber einen Finger bereits in einigen Millimetern Entfernung erkennen können.
Was Sony jetzt gemacht hat, ist ebenso einfach wie genial: Die Japaner haben beide Technologien miteinander kombiniert. Die daraus resultierende Technologie nennen sie «Floating Touch». Berührt man also ein Floating-Touch-Display, funktioniert es wie ein ganz normaler, kapazitiver Touchscreen, der Multitouch unterstützt. Schwebt aber der Finger in einigen Millimetern Entfernung über dem Bildschirm, wird der eigen-kapazitive Touchscreen aktiviert. Aus einer Entfernung zum Bildschirm von bis zu 20 mm wird dann ein Finger erkannt. Multitouch ist damit zwar nicht möglich, aber für Aktionen wie Scrollen oder den Cursor bewegen ist dies ja auch nicht erforderlich.
Auf der nächsten Seite. Schwebende Bedienung nur in Einzelfällen
Das Xperia Sola mit Floating Touch im Video (Quelle: Sony/YouTube):

Schwebende Bedienung nur in Einzelfällen

Schwebende Bedienung nur in Einzelfällen
Wer jetzt aber erwartet, das Sony Xperia Sola mehrheitlich «in der Luft» bedienen zu können, wird erstmal enttäuscht. Denn: Die Floating-Touch-Technologie muss von Anwendungen explizit unterstützt werden, ansonsten funktioniert sie nicht. Damit man dennoch etwas von der schönen neuen Technologie hat, hat Sony den vorinstallierten Android-Webbrowser so angepasst, dass er Floating Touch unterstützt. Der schwebende Finger nimmt darin eine Funktion ein, die man auf Geräten mit Touchscreens bisher nicht gekannt hat: Hover.
Wenn man auf einem normalen PC im Web surft und mit der Maus über ein Bild fährt, erhält man zuweilen eine aufpoppende Bildbeschreibung oder aktiviert damit sogar eine bestimmten Teil der Webseite. Diese Aktion nennt man Hover. Dank Floating Touch wird genau dies auch auf dem Smartphone möglich. Das funktioniert auf allen Webseiten, die auch auf einem Desktop-PC über entsprechende Hover-Events verfügen. Da Hover-Events ein Bestandteil von HTML sind, fällt auch die Implementierung von entsprechenden Funktionen leicht.
Floating Touch erst am Anfang
Sony Xperia Sola
Mit der Hover-Funktion im Browser und einigen auf den schwebenden Finger reagierenden Bildschirmhintergründen hält sich der Mehrnutzen von Floating Touch jedoch zu Beginn noch in engen Grenzen. Doch Sony hat damit noch viel mehr vor. Sobald das Android-4-Update für das Xperia Sola erscheint (irgendwann im zweiten Quartal), können Entwickler von einer neuen API (Programmierschnittstelle) von Google Gebrauch machen, die Hover-Events für Apps ermöglicht. Entwickler können dann also speziell auf Floating Touch zugeschnittene Features in ihre Apps einbauen.
Wir sind zumindest schon einmal sehr gespannt, wie sich das neue Bedienelement anfühlt und auf das Nutzererlebnis auswirkt. Das Sony Xperia Sola wird im Laufe des zweiten Quartals auf den Markt kommen. Das Android-Smartphone mit Floating Touch verfügt über ein 3,7-Zoll-Display, der empfohlene Verkaufspreis liegt bei 379 Franken. Mehr Details zum Sony-Smartphone lesen Sie hier.
Das Xperia Sola mit Floating Touch im Video (Quelle: Sony/YouTube):



Kommentare
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gads
16.03.2012
Zielgruppe Stell dir z.B. mal vor: Man(n oder Frau ^^) ist am kochen, list auf dem Smartphone im Kochbuch nach und bekommt ein Anruf, weil das Smartphone in der Küche liegt (z.B. Smarttag) ist es auf Lautsprecher gestellt, dann kannst du mit einem "wisch" der immerhin 2cm über dem Smartphone ist abnehmen und mit dem 2. "wisch" zurück zum Kochbuch. Oder du liegst am Strand, würdest gerne ein Buch lesen, hast aber die Finger voller Sonnencrem und Sand. Kein Problem, zweimal in der Luft tippen und mit jeder "wisch" Bewegung ohne zu Berühren umblättern. Schon hast du 2 Drehbücher für eine Werbung dafür. ;)

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Kovu
16.03.2012
Oder du liegst am Strand, würdest gerne ein Buch lesen, hast aber die Finger voller Sonnencrem und Sand. Kein Problem, zweimal in der Luft tippen und mit jeder "wisch" Bewegung ohne zu Berühren umblättern. Ja klar, und etweder ist nun mein Smartphone voller Sonnencrème, weil ich es mit der anderen Hand anfassen muss um überhaupt was zu erkennen, oder es liegt gleich im Sand neben mir und ist voller Sand (naja, wenigstens verreibt man dann den Sand nicht auf dem Display) :P Ich erkenne die Nützlichkeit dieser Funktion auch nicht wirklich. Ist einfach wieder ein Gimmick um den Konsumenten das alte Telefon, welches sicher noch perfekt funktioniert, wegwerfen und ein neues kaufen zu lassen... es gibt ja bald nichts mehr was sie innert nützlicher Frist entwickeln könnten um noch mehr Wachstum zu erzeugen...

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Lunerio
16.03.2012
Das ums Telefon kann man nachher putzen. Aber wenn man mit Sonnencreme aufs Display geht, ist nichts sichtbar... Und dann müsste man das Telefon sofort putzen oder erst später im wieder im Gebrauch nehmen. ^^

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swissmac
17.03.2012
Problem Wie es scheint, haben da wieder mal ein paar Apfel Jünger grosse Probleme damit, dass schon wieder eine andere Firma, als Apple eine grosse Innovation herausgebracht hat. Das mit dem "Mouse over" habe ich doch schon ein paar mal vermisst und man könnte sich auch noch anderen Nutzen dabei vorstellen. Ich find's der Hammer. Hätte Apple das erfunden, wäre es in allen Zeitungen für 2 Wochen auf der Frontseite und käme im Fernsehen. Schade, dass es bisher nur 3,7" ist. Das ist für mich für bequemes surfen noch zu wenig, aber es kommen sicher bald grössere Displays. Bravo Sony - weiter so!

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Kovu
17.03.2012
Apple? Nein Danke. Samsung Wave mit Bada :P