News 17.10.2013, 12:24 Uhr

Das Hirn als Chip-Bauplan

Das menschliche Hirn ist 10'000 Mal dichter gepackt und verbraucht 10'000 Mal weniger Energie als heutige Computersysteme. Kein Wunder, versuchen deshalb IBM-Forscher, Prinzipien wie Kühlung und Energieversorgung unseres Gehirns für künftige Chips nutzbar zu machen.
So sorgt nämlich ein einziges Netzwerk aus Blutgefässen und Kapillaren dafür, dass wir nicht nur den sprichwörtlich kühlen Kopf bewahren können, sondern dass auch die Hirnzellen mit ausreichend Energie versorgt werden. Diese Doppelfunktion des Blutkreislaufes, die zudem extrem leistungsfähig ist, versuchen Wissenschaftler am IBM-Forschungszentrum in Rüschlikon bei Zürich derzeit nachzubauen. Ihnen schwebt vor, Chips künftig nicht nur mit Flüssigkeit zu kühlen, sondern auch gleich mit Energie zu versorgen.
Bei der Kühlung haben die IBM-Forscher bereits Fortschritte vorzuweisen. So wurde unlängst mit dem Aquasar an der ETH Zürich ein wassergekühlter Supercomputer in Betrieb genommen. Dies sei aber erst die erste Stufe in der Entwicklung, erklärte IBM-Forscher Bruno Michel während eines Pressetags des Labors. Er präsentierte denn auch, wie künftig das kühlende Nass nicht nur auf die Chip-Ebene gebracht wird, sondern auch bei mehrlagigen 3D-Prozessoren für die richtige Betriebstemperatur sorgen soll. Vorbild ist dabei der menschliche Blutkreislauf mit seiner verästelten Struktur von Arterien und Kapillarien. Analog hierzu wird ein erstes Testsystem entwickelt, bei dem über haarfeine Kühlkanäle die Flüssigkeit zwischen den einzelnen Schichten des 3D-Chips durchgeleitet wird. Das auf die Bezeichnung «Interlayer Cooling» hörende System erreicht dabei eine Kühlleistung von 3 Kilowatt pro Kubikzentimeter.
Die Flüssigkeit ist auch die Batterie
Doch mit der Kühlung mit Flüssigkeit alleine gibt man sich am Rüschliker Forschungslabor nicht zufrieden. Man will auch gleich die Energiezufuhr über das Kühlmittel gewährleisten. Statt über Drähte soll die Energie über elektrochemische Prozesse zum Chip gebracht werden. Pate steht dabei die Redox-Flow-Technik, die schon heute im grossen Stil etwa zur Speicherung von Energie aus Windparks verwendet wird. «Unser Ziel ist es, diese Verfahren auf die Chip-Ebene zu miniaturisieren», erklärt IBM-Forscher Patrick Ruch, der eine entsprechende Versuchsanordnung präsentierte.
Das Prinzip bleibt das Gleiche: Eine mit sogenannten Redox-Chemikalien versetzte Flüssigkeit fungiert als Elektrolyt zwischen zwei Elektroden, wobei die eine zentral die Flüssigkeit elektrisch lädt, während die andere in den Schichten des 3D-Chip-Stapels untergebracht ist.
Wie Ruch erklärt, experimentiert man derzeit noch mit verschiedenen elektromechanischen Flüssigkeiten sowie unterschiedlichen Fliessgeschwindigkeiten und Temperaturen. «Wir können beispielsweise mit der Kombination der Elektrolyten verschiedene Spannungen erzeugen, die zwischen einem halben und drei Volt liegen», führt Ruch aus. Zu schaffen macht den Wissenschaftlern noch die Energiedichte der Flüssigkeiten, diese sei noch zu klein, meint Ruch. Trotzdem ist er zuversichtlich, dass sich die Technik dereinst auf der für Chips benötigten Mikrometerskala umsetzen lassen wird.



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