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24.01.2013, 09:36 Uhr
Als Apple vom Zeitgeist überholt wurde
Apple präsentierte gestern die Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr. Dass diese nicht so gut wie auch schon ausfielen, überrascht niemanden. Aber wie hat es das Unternehmen nur geschafft, vom Vorzeigekonzern zur Enttäuschung der Börse zu werden?
Apple am 19. September 2012: Das iPhone 5 ist seit gut einer Woche erhältlich, und das Unternehmen wirkt derart gut aufgestellt, dass der Aktienkurs auf ein neues Rekordhoch von US-Dollar 702.10 klettert.
Apple am 23. Januar 2013: Apple veröffentlicht die aktuellen Quartalsergebnisse, die Aktie gibt nachbörslich um 10 Prozent nach und notiert bei US-Dollar 463.49.
Apple am 23. Januar 2013: Apple veröffentlicht die aktuellen Quartalsergebnisse, die Aktie gibt nachbörslich um 10 Prozent nach und notiert bei US-Dollar 463.49.
Dazwischen liegen nur vier Monate, in denen Apple vom wertvollsten Unternehmen aller Zeiten zum Sorgenkind der Spekulanten wurde. Denn 120 Tage sind eine extrem kurze Zeit, um knapp 35 Prozent seines Werts zu verlieren und rund 250 Milliarden US-Dollar Börsenwert einzubüssen. Oder um eine Relation mit der Wirklichkeit herzustellen: das Bruttoinlandprodukt von Portugal.
Aber warum? Es gab in der Zeit keine Skandale, das nächste iPad-Modell wurde zeitgerecht lanciert und während der Weihnachtszeit wurden Apple-Produkte prominent in den Schaufenstern beworben. Wie immer in den letzten Jahren. Die Gründe für den Absturz von Apple sind darum nicht nur in diesem Zeitfenster zu suchen, sondern liegen deutlich länger zurück. Zeit für etwas Spekulation.
Aber warum? Es gab in der Zeit keine Skandale, das nächste iPad-Modell wurde zeitgerecht lanciert und während der Weihnachtszeit wurden Apple-Produkte prominent in den Schaufenstern beworben. Wie immer in den letzten Jahren. Die Gründe für den Absturz von Apple sind darum nicht nur in diesem Zeitfenster zu suchen, sondern liegen deutlich länger zurück. Zeit für etwas Spekulation.
Auf einer Stufe mit den Beatles
Der Erfolg von Apple basierte schon immer darauf, den Nerv der Zeit zu treffen. Das hat das Unternehmen mit iPod, Mac, iPhone und iPad so gut geschafft, dass es wie kein anderes für das neue Millennium steht. Apple ist so populär, dass junge Menschen gerne als Apple-Generation bezeichnet werden, ein Label, das zuletzt die Beatles verpasst bekamen.
Die Cupertiner waren der Konkurrenz derart weit voraus, dass sie es sich leisten konnten, irrsinnige Margen auf ihre Produkte zu verlangen und sie im «High-End-Sektor» zu platzieren, auch wenn sie technisch nicht mehr draufhatten als die um bis zu zwei Drittel günstigere Konkurrenz. Wurden Hierarchien auf den Pausenplätzen in den 90ern noch nach Kleidungsmarken gebildet, galt bald nur noch als cool, wer das neuste iPhone hatte. Und wehe dem, der es wagte, mit einem neuen Ericsson oder BlackBerry anzugeben, sein sozialer Status war zunichte. Die Begeisterung der Jungen steckte auch die Alten an, denn «cool» sein möchte schliesslich jeder. Und weil die Apple-Geräte einem das Gefühl gaben, alles zu können, was man braucht, wurden sie auch immer öfter in Unternehmen eingesetzt. Genau diese «Muss ich haben»-Mentalität könnte jetzt zum Bumerang werden.
Mittlerweile sollen Apple-Geräte bei Jungen als uncool gelten, sagt eine Studie. Sehr weit hergeholt ist der Gedanke nicht, denn welcher Sprössling möchte schon das gleiche Kommunikationsmedium wie der Papa? Unterstützt wird diese Aussage ausserdem von Spekulationen, dass Apple die Bestellung von iPhone-5-Komponenten zurückgefahren hat, und Apple macht auch einiges dafür, dass sie nicht mehr ganz so «in» sind wie noch vor ein, zwei Jahren.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Faulheit und Arroganz
Die Cupertiner waren der Konkurrenz derart weit voraus, dass sie es sich leisten konnten, irrsinnige Margen auf ihre Produkte zu verlangen und sie im «High-End-Sektor» zu platzieren, auch wenn sie technisch nicht mehr draufhatten als die um bis zu zwei Drittel günstigere Konkurrenz. Wurden Hierarchien auf den Pausenplätzen in den 90ern noch nach Kleidungsmarken gebildet, galt bald nur noch als cool, wer das neuste iPhone hatte. Und wehe dem, der es wagte, mit einem neuen Ericsson oder BlackBerry anzugeben, sein sozialer Status war zunichte. Die Begeisterung der Jungen steckte auch die Alten an, denn «cool» sein möchte schliesslich jeder. Und weil die Apple-Geräte einem das Gefühl gaben, alles zu können, was man braucht, wurden sie auch immer öfter in Unternehmen eingesetzt. Genau diese «Muss ich haben»-Mentalität könnte jetzt zum Bumerang werden.
Mittlerweile sollen Apple-Geräte bei Jungen als uncool gelten, sagt eine Studie. Sehr weit hergeholt ist der Gedanke nicht, denn welcher Sprössling möchte schon das gleiche Kommunikationsmedium wie der Papa? Unterstützt wird diese Aussage ausserdem von Spekulationen, dass Apple die Bestellung von iPhone-5-Komponenten zurückgefahren hat, und Apple macht auch einiges dafür, dass sie nicht mehr ganz so «in» sind wie noch vor ein, zwei Jahren.
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Der Erfolg von Apple basierte schon immer darauf, ...
Faulheit und Arroganz
Wie geschrieben liegt Apples Erfolg darin, die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen. Der iPod löste den Walkman ab, der Mac war die Alternative zum PC, das iPhone die nächste Telefongeneration und das Tablet ein Spielzeug und Arbeitsgerät zugleich. Doch das wurde im April 2010 gelaunched (Schweiz: 28. Mai 2010), das ist bald drei Jahre her. Seither kam nichts Neues, die jeweiligen Produkte wurden nur weiterentwickelt. Und dies nicht einmal mit dem grösstmöglichen Aufwand, dem iPhone 5 fehlt beispielsweise nach wie vor NFC-Kompatibilität.
Drei Jahre sind in der Tech-Welt eine lange Zeit und so erstaunt es nicht, dass mittlerweile aus dem Schatten Apples ein Konkurrent hervortrat, von dem noch vor wenigen Jahren wohl nur die grössten Experten als potenzielle Gefahr für Apple geredet haben: Google.
Etwa zur Zeit, als das erste iPad startete, lancierte Google mit dem Nexus One das erste eigene Smartphone. Das war der Durchbruch für das ebenfalls selbst entwickelte Betriebssystem Android, das zuvor keine Chance gegen iOS hatte. Mittlerweile stellt sich die Sachlage umgekehrt dar, Android ist dem Konkurrenten meilenweit enteilt und kommt auf gut 75 Prozent Marktanteil, iOS auf knapp 15 Prozent. Nebst dem Preis ist ein Hauptgrund dafür wohl auch, dass Apple nach wie vor nicht begriffen hat, dass proprietäre Systeme nicht das sind, was die Menschen wollen. Warum sollte sich jemand vorschreiben lassen, welche Anwendungen er installieren und welche Systeme er nutzen kann, wenn er die freie Wahl hat? Diese Arroganz hatte früher wegen des Apple-Hypes keine Auswirkungen, doch mittlerweile ist der Markt derart umkämpft, dass dieses Verhalten immer weniger Menschen gefällt. Hinzu kommt noch die Taktik der Nichtkommunikation, die früher die Gerüchteküchen wie wahnsinnig anfeuerte und so zu einer einmaligen Propaganda verhalf. Aber irgendwann ist es zu viel oder wird zur Gewohnheit, der Reiz geht verloren. Anstatt als Konsument dann lange auf ein Modell zu warten, von dem man nichts weiss, ausser dass es nicht viel besser ist als der Vorgänger, wird das Geld lieber für ein anderes Gadget ausgegeben.
Drei Jahre sind in der Tech-Welt eine lange Zeit und so erstaunt es nicht, dass mittlerweile aus dem Schatten Apples ein Konkurrent hervortrat, von dem noch vor wenigen Jahren wohl nur die grössten Experten als potenzielle Gefahr für Apple geredet haben: Google.
Etwa zur Zeit, als das erste iPad startete, lancierte Google mit dem Nexus One das erste eigene Smartphone. Das war der Durchbruch für das ebenfalls selbst entwickelte Betriebssystem Android, das zuvor keine Chance gegen iOS hatte. Mittlerweile stellt sich die Sachlage umgekehrt dar, Android ist dem Konkurrenten meilenweit enteilt und kommt auf gut 75 Prozent Marktanteil, iOS auf knapp 15 Prozent. Nebst dem Preis ist ein Hauptgrund dafür wohl auch, dass Apple nach wie vor nicht begriffen hat, dass proprietäre Systeme nicht das sind, was die Menschen wollen. Warum sollte sich jemand vorschreiben lassen, welche Anwendungen er installieren und welche Systeme er nutzen kann, wenn er die freie Wahl hat? Diese Arroganz hatte früher wegen des Apple-Hypes keine Auswirkungen, doch mittlerweile ist der Markt derart umkämpft, dass dieses Verhalten immer weniger Menschen gefällt. Hinzu kommt noch die Taktik der Nichtkommunikation, die früher die Gerüchteküchen wie wahnsinnig anfeuerte und so zu einer einmaligen Propaganda verhalf. Aber irgendwann ist es zu viel oder wird zur Gewohnheit, der Reiz geht verloren. Anstatt als Konsument dann lange auf ein Modell zu warten, von dem man nichts weiss, ausser dass es nicht viel besser ist als der Vorgänger, wird das Geld lieber für ein anderes Gadget ausgegeben.
«Weisst du noch, damals …»
Natürlich versuchen die Cupertiner, diesem Trend entgegenzuwirken und die Entscheidungsfreudigkeit der Tech-Konsumenten wieder zu ihren Gunsten auszunutzen. Als neue Strategie hat Apple darum ins Auge gefasst, den asiatischen Markt stärker zu erobern als bisher, weil das neue Wirtschaftswunder in China oder Indien zu Hause ist und die Menschen deswegen weniger Sorgen und mehr Zeit für Spass habe. Doch dort herrscht Skepsis, die Produkte werden oft als für zu teuer befunden, zuletzt war der iPhone-5-Verkaufsstart in Tokio von vielen negativen Nebengeräuschen begleitet.
Muss Apple deswegen von seinem Preismodell wegkommen? Zumindest wird bereits spekuliert, dass die nächste iPhone-Generation auch ein Billiggerät beinhalten soll.
Welche Strategie Tim Cook und seine Helfer auch wählen, um Apple wieder frischer zu machen: Etwas muss geschehen. Und das schnell. Ansonsten wird man vom iPhone in einigen Jahren nur noch in Geschichten über die verlorene Jugend hören, die von einer Zeit erzählen, als Apple das wertvollste Unternehmen der Welt war.
Muss Apple deswegen von seinem Preismodell wegkommen? Zumindest wird bereits spekuliert, dass die nächste iPhone-Generation auch ein Billiggerät beinhalten soll.
Welche Strategie Tim Cook und seine Helfer auch wählen, um Apple wieder frischer zu machen: Etwas muss geschehen. Und das schnell. Ansonsten wird man vom iPhone in einigen Jahren nur noch in Geschichten über die verlorene Jugend hören, die von einer Zeit erzählen, als Apple das wertvollste Unternehmen der Welt war.
Autor(in)
Fabian
Vogt
24.01.2013
25.01.2013
25.01.2013
28.01.2013