Nicht nur ARM – auch Qualcomm und Intel buhlen um die Gunst der Smartphone-Hersteller und -Lizenznehmer. Alle wollen sie mit effizienteren mobilen Chips den Markt aufmischen. Wie viel Schub die geschrumpften Nachfolgeprozessoren zu welcher Effizienz bieten wollen und welche Handy-Hersteller überhaupt auf welche Prozessoren setzen, dazu im Folgenden ein Überblick.

Die britische Chipschmiede ARM hat mit dem Cortex A72 seine zweite 64-Bit-Generation für Smartphones eingeläutet. Überarbeitet wurde die Speicherschnittstelle, die den Arbeitsspeicher im «Quadchannel» adressieren kann. Der Chipbauer gibt an, dass der neue Chip im Vergleich zum Cortex A15 von 2010 dreieinhalbmal schneller rechnen und bei gleicher Geschwindigkeit dem Akku einen Viertel der Energie abzwacken wird.

Laut ARM soll der Cortex-A72 bei anspruchsvollen Aufgaben sogar bis zu 75 Prozent weniger Energie verwenden. Möglich wird das durch die geschrumpfte Architektur, die nun auf 16 statt auf 28 Nanometern basiert. Auf dem gleichen SoC (Systems-on-a-Chip) teilt sich mit dem Mali-T880 ein leistungsstarker 3D-Grafikbeschleuniger die 128-Bit-Schnittstelle zum Speicher. Dieser soll 1,8-mal leistungsfähiger als sein Vorgänger sein.

Erste Mobilgeräte mit dem Cortex-A72 sollen aber erst im nächsten Jahr erscheinen. Zu den üblichen Lizenzabnehmern zählen Rockchip und MediaTek. Weitere Anbieter von mobilen Prozessoren dürften noch folgen. Einer der Abnehmer ist auch Apple. Das iPhone 7 könnte somit wesentlich dünner und mit dem Cortex-A72 ausgerüstet sein. Samsung zeigt sich laut Bloomberg nach wie vor nicht am Konkurrenten Qualcomm interessiert und wird wieder auf die hauseigenen Exynos-Chips mit ARM-Architektur setzen. Angeblich wegen Hitzeprobleme mit dem Snapdragon 810. Es wird auf jeden Fall spannend, welcher Exynos-Prozessor im Galaxy S6 verbaut ist. Das werden wir spätestens am 2. März am Samsung-Event in Barcelona erfahren.

Qualcomm, als Lizennehmer von ARM, ist nach Samsung und Intel der drittgrösste Chiphersteller der Welt und führend im Tablet- und Smartphone-Geschäft. Das kommende SoC «Snapdragon 810» ist für High-End-Smartphones gedacht und basiert auf acht Cortex-64-Bit-Kernen.

Auch bei Qualcomm sind ganz offensichtlich 4K und schnellere Speicheranbindung angesagt. Der LPDDR4-Arbeitsspeicher dürfte die Effizienz zusätzlich steigern. Statt weiterhin auf eine eigene Architektur zu setzen, setzt Qualcomm auf je vier Cortex-A57 und und Cortex-A53-Kerne von ARM. Die Grafikeinheit hingegen stammt von Qualcomm selber. Hier nimmt sich der Chipbauer beim Wort: Diese soll gegenüber dem Vorgänger eine um 30 bis 100 Prozent höhere Geschwindigkeit beisteuern. Der Stromverbrauch insgesamt soll um einen Fünftel niedriger sein. Die SoCs kommen mit WLAN 802.11ac-Standard, Blueotooth 4.1 und LTE Advanced (mit bis zu 300 Mbit/s).

Bis jetzt weiss man, dass unter anderem LG, Xiaomi, Motorola, Sony und Microsoft sich auf den neuen Prozessor aus dem Hause Qualcomm verlassen werden. Erste Smartphones oder Tablets werden voraussichtlich ebenfalls im März am MWC in Barcelolna zu sehen sein. Zu einem der ersten Geräte mit dem neuen Chip dürfte das brandneue LG G Flex 2 zählen. Auch beim HTC One (M9) soll der neue Rechenknecht zum Einsatz kommen.

Intel hält am Mobilechip «Sofia» fest, der kostengünstiger zu produzieren sein soll als der Atom-Prozessor. Zu den bekanntesten Abnehmern gehören bislang Lenovo und Asustek. Im Tablet-Segment mag Intel seine hochgesteckten Ziele vorerst erreicht haben. Mit mehr als 90 Prozent dominiert aber noch immer ARM den Chipmarkt in diesem Bereich. Als neue Wunderwaffe im Tablet- und Handy-Segment dürfte der ganz neue 14-nm-Chip «Cherry Trail» eine Rolle spielen. Ein solcher kommt schon im 450 Franken günstigen Tablet «Dell Venue 7 8000» zum Einsatz: dem ersten Tablet mit Intels «3D-Sense-Kamera».

Fazit: Den definitiven Akkuverbrauch bestimmen weitere Komponenten im Smartphone, insbesondere der Bildschirm und die Kamera. Schlussendlich hängt der Energieverbrauch vom Nutzungsgrad des Anwenders ab. Hingegen schiessen in letzter Zeit immer mehr Forschungskonzepte zu effizienterer Akkutechnologie wie Pilze aus dem Boden. Rein prognostisch gesehen, ist somit die Wahrscheinlichkeit durchaus gegeben, dass High-End-Handys der nächsten Generation nicht mehr so oft an die Ladebuchse müssen.