Smartphone-Tipps 27.11.2024, 08:26 Uhr

Handys mit Grips

Künstliche Intelligenz (kurz KI) hält auch auf Smartphones immer mehr Einzug. Was das genau bedeutet und welche Vor- und Nachteile dies hat, lesen Sie hier.
(Quelle: Shutterstock/Stokkete)
Die Smartphone-Branche ist verzweifelt auf der Suche nach dem «Next big thing», dem nächsten grossen Ding. Denn im Bereich Hardware hat das Handy seinen Zenit mehr oder weniger erreicht. Nun soll Software das Smartphone auf das nächste Innovationslevel hieven. Seitdem KI-Tools wie ChatGPT & Co. für weltweites Aufsehen gesorgt haben, steht die künstliche Intelligenz auch bei Handy-Herstellern im Fokus.
Es ist wenig überraschend, dass in diesem Jahr kaum ein neues Smartphone vorgestellt wurde, bei dem nicht das Thema künstliche Intelligenz als zentrales Feature genannt wurde. Damit Sie im KI-Rennen nicht den Anschluss verlieren, haben wir für Sie einen Guide mit den wichtigsten Informationen rund um KI und Handys zusammengestellt.

Wie lange gibt es KI?

Künstliche Intelligenz wird gerne als Sammelbegriff für jegliche Arten von KI verwendet. Tatsächlich gibt es aber verschiedene Arten von künstlicher Intelligenz.
Bild 1: Das erste KI-System der Welt erschien schon 1956
Quelle: PCtipp.ch
So überrascht es viele Menschen, wenn sie erfahren, dass die erste KI bereits 1956 das Licht der Technikwelt erblickte. Das sogenannte «Logic Theorist» gilt heutzutage als das erste KI-Programm der Welt. Dieses war darauf trainiert, mathematische Theoreme zu lösen, Bild 1.
Zu vergleichen mit heutiger KI ist «Logic Theorist» natürlich nicht. Lange hat man versucht, künstlicher Intelligenz – genau wie bei Schulkindern – Wissen zu erklären. Erst in den späten 80er-Jahren kam man auf die Idee des maschinellen Lernens: Statt einer künstlichen Intelligenz zu erklären, was ein Hund ist, hat man ihr unzählige Hundefotos gezeigt, damit sie selbstständig verstehen konnte, was einen Hund ausmacht.
Genau auf diesem maschinellen Lernen basieren heutige künstliche Intelligenzen wie ChatGPT, Google Gemini oder Microsofts Copilot, die wir auch in unserem Smartphones verwenden. Selbst wenn diese Systeme durch ihr Verhalten manchmal sehr menschlich wirken: Am Ende simulieren Sie nur menschliches Verhalten und handeln nicht aus eigenem Antrieb.

Seit wann KI in Handys?

Bild 2: Schon 2019 setzte Huawei bei ihren Handys die KI ins Zentrum des Marketings
Quelle: PCtipp.ch
Die aktuelle Entwicklung vermittelt den Eindruck, dass es KI in Smartphones erst seit ein, zwei Jahren gibt. Allerdings kommt KI in modernen Smartphones schon länger zum Einsatz, Bild 2. Wenn Sie zum Beispiel eine Foto-App nutzen, die Ihre Aufnahme automatisch optimiert, steckt da auch eine KI dahinter.
Im Vergleich zu den aktuellen KI-Systemen wie ChatGPT sind solche Programme aber schon fast primitiv. Künstliche Intelligenzen wie ChatGPT, Midjourney oder Dall-E sind sogenannte generative KIs, Bild 3. Sie sind also fähig, anhand der Trainingsdaten, die sie verarbeitet haben, selbst komplexe Spracheingaben zu verstehen und so Texte, Bilder oder Videos zu erstellen. Sie generieren (mehr oder weniger) neue Inhalte.
Bild 3: ChatGPT ist das wohl bekannteste Beispiel für eine generative KI
Quelle: PCtipp.ch

Die wichtigsten Handy-KIs

Künstliche Intelligenz ist der Hoffnungsträger der Smartphone-Branche. Sie soll die seit Jahren andauernde Innovationsflaute beenden und Nutzer wieder für den regelmässigen Kauf neuer Smartphones begeistern.
Auch wenn es aktuell in hohem Tempo vorangeht, steckt das KI-Smartphone noch immer in den Kinderschuhen. Trotzdem sprechen Experten davon, dass Handys dank künstlicher Intelligenz wohl schon bald ganz anders daherkommen werden. Entsprechend viele Ressourcen werden von Smartphone-Herstellern investiert.
Gefühlt wöchentlich stellt ein Handy-Unternehmen seine eigene KI vor. Die Videodemonstrationen sehen dabei immer sehr imposant aus. Die Realität zeigt aber, dass die Smartphone-KIs zwar durchaus spannende Ansätze haben, aber noch immer fehleranfällig sind.
Vorerst haben sich im KI-Rennen bei den Smartphones drei künstliche Intelligenzen eine gute Ausgangslage erarbeitet: Samsungs «Galaxy AI», Bild 4, Googles «Gemini» und Apples «Apple Intelligence». Folgend lesen Sie die wichtigsten Infos zu den drei KIs, die auch schon bald auf Ihrem Smartphone auftauchen könnten.
Bild 4: Seit Februar gibt es auf ersten Samsung-Handys die Galaxy AI
Quelle: PCtipp.ch

Galaxy AI

Samsung hat seine eigene generative KI namens Galaxy AI im Februar 2024 mit der neuen S24-Serie vorgestellt. Teil der neuen KI war auch Googles «Circle to Search», das die Suche revolutionieren sollte.
Inzwischen hat Samsung seine KI ständig verbessert und unter anderem im Juni ein grösseres Update präsentiert. Dazu gehörte auch die Funktion Live-Translate. Dieses ermöglicht es, Sprache in Echtzeit und die Übersetzung ebenfalls als KI-generierte Sprache auszugeben.
Ebenfalls hat Samsung diverse KI-gestützten Foto-Optimierungsprogramme vorgestellt. So können Sie ganze Hintergründe austauschen, störende Gegenstände entfernen oder aus Zeichnungen in Sekundenschnelle Bilder generieren, Bild 5.
Bild 5: Die Galaxy AI wandelt Zeichnungen in Kunstwerke um
Quelle: PCtipp.ch
Anfangs war die Galaxy AI nur für die S24-Serie verfügbar. Mittlerweile gibt es Samsung KI auf weiteren S-Modellen, sowie den drei neuesten Generationen der Falt-Handys. Im August hat Samsung ausserdem angekündigt, seine KI auch auf erste Mittelklassemodelle zu bringen – wenn auch nur eingeschränkt. Zu Beginn wird es die KI für das Galaxy A35 und das A55 geben.

Was kostet Galaxy AI?

Die Nutzung von Galaxy AI ist vorerst kostenlos. Einige Funktionen setzen aber einen ebenfalls kostenlosen Samsung-Account voraus. Das Unternehmen hat allerdings bereits angedeutet, dass die Galaxy AI wohl nur bis Ende 2025 komplett gratis sein wird. Danach dürfte Samsung wohl zumindest einige der Tools in ein Abo-Modell verpacken.

Wie kann ich die Galaxy AI nutzen?

Wenn Sie sich ein neues Samsung-Handy kaufen, dass die Galaxy AI unterstützt, werden Sie beim Einrichtungsprozess gefragt, ob Sie die KI nutzen möchten. Anschliessend können Sie diese so konfigurieren, wie Sie möchten. Lesen Sie sich dazu einfach alle Hinweise gründlich durch.
Haben Sie Ihr KI-fähiges Samsung-Smartphone bereits eingerichtet, gehen Sie folgendermassen vor: 
Bild 6: Die Galaxy AI kann in den Optionen aktiviert werden
Quelle: PCtipp.ch
● Stellen Sie sicher, dass Sie das neueste Update installiert haben.
● Öffnen Sie die Einstellungen und Tippen Sie auf Erweiterte Funktionen, Bild 6.
● Tippen Sie anschliessend auf den Eintrag Erweiterte Intelligenz.
● Jetzt werden sämtliche Bereiche aufgelistet, die KI-Funktionen haben. Aktivieren Sie die gewünschten Funktionen im jeweiligen Untermenü.
● Tipps und Tricks zu den KI-Funktionen erhalten Sie, wenn Sie in den Einstellungen auf Tipps und Benutzerhandbuch tippen.
Auf folgenden Samsung-Smartphones ist die Galaxy AI verfügbar (Stand August 2024):
● S-Serie: jeweils alle Modelle der S22-Reihe, S23-Reihe und S24-Reihe
● Z-Serie: Flip 4, Flip 5, Flip 6, Fold 4, Fold 5, Fold 6
● A-Serie: A35, A55 (angekündigt; das Roll-out der neuen Funktionen ist für diesen Herbst vorgesehen)

Google Gemini

Obwohl Google einer der führenden Tech-Konzerne ist, wurde der Riese mehr oder weniger vom Erfolg der Firma OpenAI und deren ChatGPT überrascht. Daraufhin hat Google relativ rasch den Konkurrenten Bard auf den Markt geworfen, Bild 7. Dieser konnte allerdings nicht wirklich überzeugen und hat für einiges an Häme gesorgt.
Bild 7: Googles erster ChatGPT-Konkurrent hiess noch Bard
Quelle: PCtipp.ch
Anfang 2024 kam dann die Umbenennung zu Gemini – wohl auch, um den mit Spott behafteten Namen Bard loszuwerden, Bild 8. Seither hält Gemini schrittweise in sämtlichen Google-Produkten Einzug. Da dazu auch Android gehört, wird Gemini dort ebenfalls nach und nach ausgerollt. Hier ersetzt es den bisherigen Google Assistant, der über die nächsten Monate komplett verschwinden dürfte.
Bild 8: Gemini ist die aktuelle KI-Lösung von Google
Quelle: PCtipp.ch
Genau wie viele andere KIs kann man Gemini dazu nutzen, Inhalte wie Texte oder Bilder zu erstellen. Genauso lässt sich die KI aber auch für Arbeiten wie das Zusammenfassen von Texten oder das Bearbeiten/Manipulieren von Bildern nutzen. Gemini teilt sich viele Features mit Samsungs Galaxy AI, zum Beispiel «Circle to Search» oder «Live Translate».

Was kostet Google Gemini?

Auf dem Smartphone ist Gemini in der Basisversion kostenlos. Damit können Sie zum Beispiel Texte schreiben, Informationen abfragen oder gewisse In-App-Funktionen von Google-Apps nutzen.
Den vollen Funktionsumfang gibt es allerdings nur mit dem kostenpflichtigen Gemini Advanced. Dieses kostet aktuell – Stand August 2024 – 17 Franken pro Monat. Wer ein Google-One-Abo mit mindestens 2 TB Speicher hat, bekommt Gemini Advanced im Moment kostenlos dazu.
Weiterhin sind manche Gemini-Features zuerst nur auf Googles Pixel-Smartphones verfügbar, bevor sie später auch anderen Usern zugänglich gemacht werden.

Wie kann ich Google Gemini nutzen?

Bild 9: Googles Gemini laden Sie direkt aus dem Play Store
Quelle: PCtipp.ch
Auf den neuen Pixel-Smartphones ist Google Gemini integriert. Nutzen Sie ein anderes Android-Smartphone (ausser Samsung), kann es gut sein, dass Sie eine Benachrichtigung erhalten, dass Ihr Google Assistant durch Gemini ersetzt wird. Folgen Sie in diesem Fall einfach den Anweisungen.
Haben Sie Gemini noch nicht, können Sie seit Kurzem auch die mobile Gemini-App herunterladen, Bild 9. Voraussetzung sind mindestens Android 10 und 2 GB Arbeitsspeicher.
Auf einem iPhone finden Sie die App nicht im App Store. Stattdessen müssen Sie sich die Google-App installieren. Dort entdecken Sie einen Reiter namens Gemini, in dem Sie die KI nutzen können.

Apple Intelligence

Vor über zehn Jahren hatte Apple die Technikwelt mit seiner Sprachassistentin Siri in Staunen versetzt. Das aktuelle KI-Rennen hat das Unternehmen aber mehr oder weniger verschlafen. Nun ist Apple endlich eingestiegen und hat sich dafür mit dem ChatGPT-Entwickler OpenAI zusammengetan.
Das Ergebnis nennt sich Apple Intelligence, wurde im Juni vorgestellt und ist ab iOS18 verfügbar, Bild 10. Dank der systemweiten Integration von ChatGPT kann Siri für komplexe Aufgaben auf die Kapazität des bekannten Chatbots zurückgreifen.
Bild 10: Apple Intelligence ist für ausgewählte Geräte ab iOS 18 verfügbar
Quelle: PCtipp.ch

Was kostet Apple Intelligence?

Apple führt seine künstliche Intelligenz kostenlos für alle User ein, die ein kompatibles Smartphone haben.

Wie kann ich Apple Intelligence nutzen?

Aktuell ist Apple Intelligence nur für das iPhone 15 Pro und das iPhone 15 Pro Max verfügbar. Die KI kommt auf das Gerät, wenn Sie auf iOS 18 upgraden – zumindest in der Theorie. Denn in der Europäischen Union wird Apple Intelligence aktuell noch nicht ausgerollt, obwohl iOS 18 schon erhältlich ist. Grund dafür ist das härtere Vorgehen der EU gegen Technologieriesen, die in ihren Augen als Monopolisten gelten. Welche Auswirkungen das auf die Schweiz hat, ist noch nicht ganz klar. Zumindest bisher scheint Apple auch Features, die in der EU nicht verfügbar sind, in der Schweiz aufzuschalten.

Ich bevorzuge ChatGPT

Vielleicht bleiben Sie aber lieber bei ChatGPT oder möchten die künstliche Intelligenz endlich einmal auf dem Handy ausprobieren. Dafür gibt es seit diesem Jahr endlich eine mobile Anwendung von ChatGPT. Sie ist für iOS und Android verfügbar, Bild 11.
Bild 11: Die Benutzeroberfläche der ChatGPT-App
Quelle: PCtipp.ch
Die App ist natürlich nicht in das System ihres Smartphones integriert wie etwa Galaxy AI oder Google Gemini. Deshalb ist es nicht ohne weiteres möglich, Bilder zu bearbeiten oder Texte zu übersetzen, wie das bei den hauseigenen KIs der Smartphone-Hersteller der Fall ist. Doch einen guten Start, um generative KIs auszuprobieren, bietet die ChatGPT-App auf jeden Fall.

Welche KI?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Anfangs schien Samsung die Nase vorn gehabt zu haben, musste dafür aber grösstenteils auf Googles Know-how zurückgreifen.
Mittlerweile hat Google das Feld von hinten aufgerollt und mit Gemini eine starke Konkurrenz im Portfolio. Unklar ist, wie gut Apple Intelligence sein wird. Da Apple aber riesige Ressourcen und mit OpenAI einen Pionier für generative KI an seiner Seite hat, dürfte eine mögliche Lücke zur Konkurrenz schnell kleiner werden.

Wohin führt die Reise?

Richtig eingesetzt, kann eine generative KI ein nützlicher Begleiter sein. Sie kann Arbeitsprozesse beschleunigen. Auch im Hobbybereich sorgt vor allem die Möglichkeit, Videos und Bilder einfacher zu bearbeiten, für Spass. Man muss jedoch zugeben, dass viele Funktionen eindrücklich wirken, aber im Alltag kaum zum Einsatz kommen werden. Ausserdem merkt man noch immer, dass die generative KI auf Smartphones nicht so ausgereift ist, wie uns die Hersteller glauben machen wollen. Ein echtes KI-Smartphone gibt es noch nicht.
Dennoch könnte generative KI dazu führen, dass aus dem smarten Handy in einigen Jahren ein wirklich intelligentes Gerät wird.



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