Kommentar
11.11.2005, 13:30 Uhr
Das Freitagsbit: Wer Schwäche zeigt
Die WWKolumne
Meine Mama hat mir beigebracht, schwächere Kinder nicht zu schlagen. Und schon gar keine Mädchen. Wer das tue, komme nie in den Himmel, pflegte sie zu sagen. "Wer die Schwächen anderer ausnützt, zeigt keinen Respekt vor der Schöpfung." Wenn sie Recht hat, sind die Plätze in der Hölle derzeit so overbooked wie das Berner Nationalstadion morgen gegen die Türkei [1].
Der Zürcher Stadtpräsident müsste wie der Blitz vom Erdboden verschluckt werden. Wer mit drei Stundenkilometern sein Budget saniert und vom Unterbinden des Rasertums spricht, sollte mit seinen Laserpistolen [2] besser für das Casting von "Star Wars: The Revenge of the Bikes" vorsprechen. Hacker, die gnadenlos jede Lücke in Windows ausnützen, gehörten zum ewigen Pinguinzählen im noch ewigen Eis verdonnert. Die Manager von Sony BMG, die ihren Kunden in den USA und nächstes Jahr eventuell auch hierzulande potenziell gefährliche Software unterjubeln [3], werden in der Höllensauna direkt neben ihren Raubkopiern sitzen. Oh süsse Qual!
Ich gebs ja zu, Mama, bitte weglesen: Ich komme wohl auch nicht in den Himmel. Ich nutze nämlich gnadenlos die Schwächen der Entertainment-Industrie aus. Und es ist zu leicht, sich über sie lustig zu machen. "Game over" heisst die Aktion der IFPI Schweiz [4], die nächste Woche vorgestellt werden soll. "Feedback" wäre der passendere Name gewesen - mal abgesehen von der Tatsache, dass die IFPI wohl kaum gegen das Solitär-Spielen am Arbeitsplatz kämpft.
Dass meine Mama Recht hat, habe ich übrigens in der ersten Klasse schmerzlich erfahren müssen. Bei der ersten Klassenschlägerei holte ich mir ein Veilchen. Geschlagen von einem Mädchen.
Mein Respekt vor der Schöpfung ist seither unermesslich gross.
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